Personalpaket - Von der Leyen soll im Amt bleiben – EU-Gipfel überstimmt Meloni

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Sie wollten das Drama im letzten Moment abwenden. Und retten, was noch zu retten war. Mehrere europäische Regierungschefs, so erzählen es am späten Donnerstagabend Diplomaten in Brüssel, hätten diese Woche Giorgia Meloni angerufen. Doch sie sei nicht ans Telefon gegangen. Vor ihrem Parlament äußerte sich die italienische Ministerpräsidentin hingegen schon. Sie beschrieb die EU dort als eine Gemeinschaft in der Hand von Oligarchen – womit sie eben jene Regierungschefs gemeint haben dürfte. Vor allem sechs Männer, die Europas wichtigste Posten vergaben, ohne Meloni zu konsultieren.

Diese Gruppe bestand aus zwei Konservativen, zwei Liberalen und zwei Sozialdemokraten, einer davon Bundeskanzler Olaf Scholz. Der Zirkel hatte schon am Dienstag festgelegt: Ursula von der Leyen soll erneut Chefin der EU-Kommission werden, die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas Außenbeauftragte, der portugiesische Ex-Premier António Costa Ratsvorsitzender. Meloni war bei den Gesprächen nicht dabei. Das sorgte in Rom für Aufregung. Sogar der italienische Präsident Sergio Mattarella meldete sich zu Wort. „Italien“, sagte er, „kann man nicht einfach übergehen.“

Die Staats- und Regierungschefs der EU tun es bei ihrem Gipfel am Donnerstag in Brüssel dann doch. Sie besprechen die Personalien beim Abendessen, es gibt ein Drei-Gänge-Menü, Sommergemüse, Seezungenfilet, Nektarinen-Rosmarin-Kuchen. Kurz nach Mitternacht sagt Bundeskanzler Olaf Scholz schließlich in einem Saal des Europagebäudes: Man habe sich auf von der Leyen, Kallas und Costa geeinigt. „Das sind gute Personen“, so Scholz. „Mit ihnen können wir schnell vorangehen.“

Meloni hatte sich zuvor bei der Abstimmung über von der Leyen enthalten und gegen Kallas und Costa votiert.

Die Italienerin stimmte bei der Personalie von der Leyen wenigstens nicht mit Nein – was laut EU-Diplomaten ein Eklat gewesen wäre. Das Drama bleibt in dieser Brüsseler Nacht also aus, selbst wenn Meloni die Anrufe ihrer Amtskollegen vor dem Gipfel angeblich ignoriert hatte. Doch auch ihre Enthaltung verheißt für die künftige Zusammenarbeit wenig Gutes.

Italien ist nicht irgendein Land. Es ist die drittgrößte Volkswirtschaft der EU und Mitglied der G-7. Eine Nation also, die man kaum ignorieren kann. Und doch ist das, was nun in Brüssel geschah, nicht ohne Beispiel. Einst stimmte Großbritannien gegen die Ernennung des Luxemburgers Jean-Claude Juncker zum Chef der Kommission. Er wurde es am Ende doch. „Wir haben also einen Präzedenzfall“, sagt ein Verhandlungsteilnehmer. „Die EU wird’s überleben.“

Nun also von der Leyen, Costa, Kallas. Eine Konservative aus dem Westen, ein Linker aus dem Süden, eine Liberale, die Europas Norden und Osten vertritt. Zwei Frauen, ein Mann. Das Trio sorgt für die nötige Balance in der EU. Parteizugehörigkeit, Geografie, Geschlecht, alles ist berücksichtigt. Und sogar das Zwischenmenschliche. Von der Leyen schätzt Costa – anders als den aktuellen Ratspräsidenten Charles Michel. Das sei den Staats- und Regierungschef wichtig gewesen, heißt es. Damit die Kooperation der Brüsseler Institutionen künftig besser funktioniere.

Von der Leyen und Michel arbeiten in Brüssel auf gegenüberliegenden Straßenseiten, sie im Berlaymont, er im Europagebäude, dennoch liegen zwischen den beiden oft Welten. Sie streiten über fast alles. Wie schnell die Ukraine der EU beitreten sollte. Wie man sich zum Krieg im Nahen Osten positioniert. Wie sehr man die Wirtschaft mit Klimagesetzen belasten kann. Die Rivalität zwischen Kommission und Rat dürfte mit Costa enden.

Kein europäischer Vertrag legt fest, wie die europäischen Top-Jobs vergeben werden. Es erinnert eher an die Wahl des Papstes: Eine Gruppe Mächtiger trifft die Entscheidung hinter verschlossenen Türen, basierend auf Traditionen und Handschlag-Deals, nicht auf niedergeschrieben Regeln. Ganz so undemokratisch, wie das klingt, ist es aber nicht. Schließlich muss im Fall der EU-Posten am Ende das Parlament zustimmen. Das könnte Mitte Juli geschehen.

Von der Leyen benötigt die Unterstützung von 361 der 720 Abgeordneten. Bisher arbeitete ihre christdemokratische EVP mit der sozialdemokratischen S&D und der liberalen Renew zusammen. Gemeinsam kommen die Fraktionen auf rund 400 Stimmen. Aber nicht alle Abgeordneten des Dreier-Bündnisses dürften von der Leyen wählen. Deshalb wird sie noch eine andere Gruppe umwerben müssen: entweder die Grünen oder die rechte EKR. Melonis Partei, die Fratelli d’Italia, ist dort beheimatet. Die EKR stieg nach der Europawahl zur drittstärksten Kraft auf. Einen der drei Top-Jobs bekommt sie nun trotzdem nicht.

Kallas und Costa mit Problemen

An der Spitze der Kommission wird sich also, sofern das Parlament von der Leyen wählt, nichts verändern. Mit Costa und Kallas kommen aber zwei Neue nach Brüssel. Beide haben ihre Vorzüge – und ihre Probleme.

Costa ist ein geschickter Verhandler und fleißig. Ein Mann, der sich tief in Dossiers einarbeitet und Details kennt. Aber es gibt auch Vorbehalte. Denn gegen Costa laufen Ermittlungen in Portugal. Der Verdacht: Korruption. Bei der Vergabe von Abbaulizenzen für Lithium und der Produktion von Wasserstoff ging womöglich nicht alles mit rechten Dingen zu. Costa trat aufgrund dieser Vorwürfe im vergangenen November von seinem Amt als Premier zurück.

Die estnischen Ministerpräsidentin Kallas machte mit ihrer Unterstützung der Ukraine auf sich aufmerksam. Zum Beispiel trieb sie im vergangenen Jahr den – bisher nicht verwirklichten – Plan voran, dem Land eine Million Granaten zu liefern. Doch manche EU-Chefs fürchten jetzt, Kallas könnte sich als Chef-Diplomatin zu sehr auf den Krieg in der Nachbarschaft fokussieren und andere Weltregionen vernachlässigen. Zum Beispiel die Staaten Nordafrikas, die Brüssel helfen sollen, Migration nach Europa zu begrenzen.

Es ging bei dieser langen Brüsseler Nacht auch noch um etwas anderes: die sogenannte strategische Agenda. Sie legt die politischen Prioritäten der EU für die kommenden fünf Jahre fest und musste – anders als das Personalpaket – einstimmig beschlossen werden. Also mit Meloni. Ein zentraler Punkt war Verteidigung. Es seien zusätzliche Investitionen in Höhe von rund 500 Milliarden Euro nötig, um Europa vor Bedrohungen aus Staaten wie China oder Russland zu schützen, sagte von der Leyen laut Gipfel-Teilnehmern.

Doch woher soll das Geld kommen? Von der Leyen, heißt es, habe zum Beispiel eine Erhöhung der nationalen Beiträge vorgeschlagen und – nicht mit diesen politisch heiklen Worten, aber dem Sinn nach – eine gemeinsame Schuldenaufnahme. Deutschland ist streng dagegen, Polen, Estland, Lettland und Litauen hingegen können sich gut vorstellen, EU-Kredite aufzunehmen.

Die vier Staaten forderten vor dem Gipfel Hilfe bei der Sicherung ihrer Grenze. Es gehe darum, die EU vor militärischen und hybriden Bedrohungen zu schützen, schrieben sie in einem Brief, der WELT vorliegt und der an von der Leyen und Michel adressiert ist. Mit hybrider Bedrohung meinen die Länder etwa das, was Belarus seit einiger Zeit versucht: Migranten aus dem Nahen Osten und Nordafrika in die EU zu schleusen.

Die strategische Agenda nahmen die Staats- und Regierungschefs Donnerstagnacht an. Die Frage der Finanzierung blieb offen. Sie dürfte in den kommenden Monaten noch für viele Diskussionen in Brüssel sorgen.

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