Lieder für die Ewigkeit: Peter Maffay verabschiedet sich mit Star-Gästen von seinen Münchner Fans
Konzert auf dem Königsplatz
Lieder für die Ewigkeit: Peter Maffay verabschiedet sich mit Star-Gästen von seinen Münchner Fans
Peter Maffay bei seinem Abschiedskonzert auf dem Münchner Königsplatz
Nach fünfeinhalb Jahrzehnten Tourleben verabschiedet sich Peter Maffay von seinen Fans. In München spielen er, seine Band und seine Star-Gäste vor rund 20 000 Menschen auf dem Königsplatz. Unsere Kritik:
Es ist kurz vor elf am Freitagabend, als Peter Maffay sich mit einem Versprechen von seinem Publikum verabschiedet: „Ab heute für die Ewigkeit“, heißt es da im letzten Lied, „bleibt für immer unsere Zeit. Ich geh‘ noch nicht fort. Ich gebe Euch mein Wort.“ Sichtlich gerührt reckt er die Faust in den Himmel, blickt in knapp 20 000 glückliche, ach was, beseelte Gesichter und verlässt die Bühne des Münchner Königsplatzes. Es ist einer der schönsten, intensivsten Momente eines an schönen Momenten wahrlich nicht armen Abends. Aber der Reihe nach.
Peter Maffay donnert mit einer Harley auf die Bühne am Münchner Königsplatz
Maffay ist auf Abschiedstour. Nach fünfeinhalb Jahrzehnten (!), in denen er Konzerte gegeben, sämtliche Arenen und Stadien gefüllt hat, will er es – mit 74 – nun etwas ruhiger angehen lassen. Mehr Zeit für die Familie, weniger Tour-Stress haben. Man kann das natürlich verstehen. Andererseits ist der Wahl-Starnberger dermaßen tiptop in Schuss, dass er gut und gern noch die Kondition für ein paar weitere Jährchen hätte.
Mit einer stattlichen Harley-Davidson ist er auf die Bühne gekommen. Laute Motoren, Lederhose, Weste, amtliche Silberkette, Tattoos. „We love Rock’n’Roll“ steht als Motto auf der Leinwand – und die Auftaktlieder, „Schatten in die Haut tätowiert“ und „Carambolage“ belegen, dass das nicht nur für Maffay und seine großartige Band gilt, sondern auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer, die im Nu elektrisiert sind.
23 Songs stehen auf dem Programm. Ein Best-of aus den Siebziger-, Achtziger- und Neunzigerjahren bis heute. Bei „Du“ (1970) sind im Hintergrund die Cover aus unzähligen Ausgaben der „Bravo“ zu sehen. Maffay als Poster-Boy. Eine andere Welt war das damals, denkt man sich. Auf jeden Fall eine andere Zeit, in der Lieder wie „Es war Sommer“ entstanden sind. „Ich war 16 und sie 31“, singt Maffay und muss selbst ein bisschen schmunzeln über die Zeile, die inzwischen, nun ja, schon eine mittelgroße Bild-Text-Schere darstellt. Aber Maffay nimmt dieses immer noch irgendwie herrliche Lied als das, was es ist: ein Stück deutscher Musikgeschichte, auf das er mit liebevoller Gelassenheit zu blicken scheint. Das Publikum singt textsicher mit. „Ihr macht das toll.“
Emotional wird es, als Maffay an die Anfänge seiner Band erinnert. Er hat Jean-Jacques Kravetz eingeladen, dazu Steffi Stephan, der sonst mit Udo Lindenberg unterwegs ist, und Frank Diez, Gründungsmitglied der Peter-Maffay-Band, 30 Jahre lang (bis 2004) sein kongenialer Mitstreiter – und auch mit 73 und Gehstock noch eine Wucht an der Gitarre. „Das ist wunderschön, dass du hier bist“, sagt Maffay. Und jeder spürt, dass das von Herzen kommt. Sie spielen zusammen einen Klassiker aus dem Jahr 1982, Maffay erinnert an die Anti-Atomkraft-Proteste, an die „Demos gegen diesen Wahnsinn“. Er glaube an die Macht der Worte, an die Macht der Vernunft. „Wir haben damals auf unsere Weise protestiert.“ Dann kommt: „Eiszeit“ und sorgt für Gänsehaut.
Peter Maffay Konzert auf dem Münchner Königsplatz
Überhaupt die Band. Allesamt fantastische Musiker mit unglaublicher Präsenz. Jeden einzelnen stellt Maffay vor, jedem einzelnen überlässt er für einen Moment die Bühne. Von Peter Keller und JB Meyers an der Gitarre, Ken Taylor (Bass), Bertram Engel (Schlagzeug), Frank Mead und Tom Beek am Saxofon und Jan van Duikeren an der Trompete. Dazu die Background-Sänger Charlie Klauser, Leon Taylor, Linda Teodosiu und Yaris Makkay, Peter Maffays Sohn. Das dauert ein paar Minuten – aber Maffay ist es ein Anliegen. Er weiß, dass er nicht allein Karriere gemacht hat. Und dankt es seinen Wegbegleitern mit großer Herzlichkeit.
Johannes Oerding und Anastacia treten gemeinsam mit Peter Maffay in München auf
Ein Wegbegleiter aus der jüngeren Vergangenheit ist Johannes Oerding, der als Überraschungsgast auftritt, „Liebe wird verboten“ und „Blinde Passagiere“ performt und dem Gastgebers des Abends so eine kleine Verschnaufpause gönnt. „Wenn wir uns wiedersehen“ singen die beiden dann gemeinsam – ein Lied über den Tod. Im Hintergrund sind Fotos zu sehen von Oerding und seinem Vater, der Anfang des Jahres starb, und auch von Peter Maffay mit seinem Vater, der bis 2021 (!) an der Seite seines Sohnes war. Die beiden Künstler lassen sich in ihre Seele schauen, legen ihre Gefühle offen, teilen ihre Trauer mit den Menschen vor Ort.
Ab kurz nach halb zehn rockt dann auch noch Anastacia die Bühne, singt mit Maffay im Duett „So bist du“ auf Englisch und mit Linda Teodosiu (einst im Halbfinale von „Deutschland sucht den Superstar“) den AC/DC-Kracher „You shook me all Night long“. Man muss sich kurz zwicken, was an diesem einen Abend alles passiert ist.
„Ich weiß schon, warum wir irgendwann eine Band gegründet haben“, sagt Peter Maffay an einer Stelle, überwältigt von der Kulisse und der, ja, Liebe seines Publikums, das ihn für die letzten Lieder des Abends („Nessaja“, „Sieben Brücken“ und „Sonne in der Nacht“) noch mal richtig abgefeiert hat. Was soll man sagen: Es war fürwahr eine fantastische Idee. Und es ist gut, dass er – auch wenn es seine letzte Tournee ist – noch ein bisschen bleibt.