Dax aktuell: Dax-Impuls verpufft – Goldpreis gibt weiter nach
ARCHIV - 22.06.2023, Hessen, Frankfurt/Main: Aktienhändler verfolgen die Kursentwicklung auf ihren M data-portal-copyright=
Nvidia begeistert die Anleger erneut, doch zeitgleich dämpft die US-Notenbank Fed die Stimmung. Im Ergebnis tendiert der Dax weiter seitwärts.
Die Marke von 19.000 Punkten erweist sich für den deutschen Aktienmarkt als hohe Hürde. Der Dax liegt zwar in Reichweite, doch es fehlen aktuell die Impulse, um den deutschen Leitindex über die runde Marke zu hieven.
Nach den wichtigen Ereignissen in den USA am Vorabend notiert der Dax am Donnerstagvormittag unverändert bei etwa 18.700 Punkten. Die positiven Quartalszahlen des Chipriesen Nvidia heben die Börsenstimmung, die Inhalte des Protokolls der US-Notenbank Fed hingegen bewirken das Gegenteil.
Einmal mehr hat Nvidia im abgelaufenen Quartal die Erwartungen übertroffen. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 262 Prozent, der Nettogewinn von zwei auf knapp 15 Milliarden Dollar. Auch der Ausblick ist positiv, der Quartalserlös dürfte erneut über den Prognosen liegen.
Nachbörslich stieg der Tech-Index Nasdaq in den USA auf einen neuen Rekord. Nvidia-Titel gewannen etwa sechs Prozent, auch andere Chipwerte legten nachbörslich deutlich zu. „Chipaktien gelten als frühzyklische Aktien“, bemerkt Jochen Stanzl von CMC Markets. „Wenn es ihnen gut geht, dann folgt oft zeitlich nachgelagert ein Aufschwung in der gesamten Volkswirtschaft.“
Neue Sorgen gibt es hingegen von der Zinsseite. So rechnet die Fed damit, dass der Rückgang der Inflation bis zum Ziel von 2,0 Prozent länger dauert als erwartet. Die jüngsten Daten hätten „das Vertrauen in Fortschritte in Richtung zwei Prozent nicht gestärkt“, heißt es im Protokoll.
Das Protokoll signalisiert geldpolitische Vorsicht und dämpft die Hoffnung auf schnelle und deutliche Zinssenkungen in den USA. Genau das versucht Fed-Chef Jerome Powell den Märkten seit einigen Wochen beizubringen: Es braucht nachhaltig sinkende Inflationsraten, bevor die Zinsen sinken können.
Im Ergebnis setzt der Dax seine mehrtägige Seitwärtsbewegung fort. Seit dem Ende der Bilanzsaison der Dax-Konzerne Mitte Mai – diese hatte einen neuen Rekord bei 18.893 Zählern zur Folge – halten sich Käufer und Verkäufer zurück. Zumindest in der laufenden Handelswoche ist auch das Volumen unterdurchschnittlich. Am Mittwoch lag die Zahl der gehandelten Papiere bei nur 58 Millionen.
Auch die monatliche Umfrage unter Einkaufsmanagern hat keinen Effekt. Hierzulande sowie im gesamten Euro-Raum stieg der Einkaufsmanagerindex (PMI) jeweils auf den höchsten Stand seit zwölf Monaten und bestätigte den positiven Kurzfristtrend weiterer Frühindikatoren. Obwohl das Ergebnis die Erwartungen übertraf, stagnierten die Kurse.
Von Interesse sind auch neue Daten der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Entwicklung der Tariflöhne im Euro-Raum. Sie gelten als zentraler Einflussfaktor, wie oft und stark die Zinsen im weiteren Jahresverlauf sinken. Zu diesem Zweck aktualisiert die EZB ihren Lohnindikator mit Tarifabschlüssen aus dem ersten Quartal. Zuletzt lag das Plus auf Jahressicht bei 4,5 Prozent – das Wachstum der Löhne hat sich leicht abgeschwächt.
Anders als in den USA gilt es als ausgemacht, dass die Zinsen im Euro-Raum im Juni sinken. Fraglich ist aber, welche Perspektive die EZB für den weiteren Jahresverlauf aufzeigt. Das hängt neben der Lohnentwicklung auch von der ersten Inflationsschätzung für den Mai ab. Die Veröffentlichung erfolgt am 31. Mai.
Gold fällt zurück – Anleiherenditen bestätigen Trendumkehr
Der Goldpreis entfernt sich von seinem am Montag erreichten Rekordstand von knapp 2450 Dollar und steuert auf den dritten Tagesverlust in Serie zu. Eine Unze des Edelmetalls verbilligt sich um rund 0,5 Prozent und kostet weniger als 2400 Dollar.
Analyst Tim Warterer von der australischen Handelsplattform KCM Trade sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Der Goldpreis hat einen Schlag erlitten, nachdem das Protokoll der Fed die Anleger daran erinnert hat, dass Zinssenkungen keineswegs unmittelbar bevorstehen.“
Die Ökonomen Uwe Hohmann und Eugen Keller vom Bankhaus Metzler kommentieren: „Derzeit sind in den USA nur noch 39 Basispunkte Zinssenkung per Jahresende eingepreist. Zur Erinnerung: Anfang des Jahres waren es schon einmal 125 Basispunkte mehr.“ Diese Entwicklung belastet Gold, das selbst keine Zinsen abwirft.
Die veränderten Zinserwartungen zeigen sich auch am Anleihemarkt. Während in der ersten Maihälfte Daten vom US-Arbeitsmarkt und der Inflationsentwicklung noch Zinssenkungsfantasien geschürt und für fallende Anleiherenditen gesorgt hatten, ist dieser Trend vorerst gestoppt.
Aktuell liegt die Rendite der maßgeblichen US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit wieder über der Marke von 4,4 Prozent. Von Ende April bis Mitte Mai war sie von 4,7 auf 4,3 Prozent gefallen. Bei sinkenden Zinsen können Staaten neue Anleihen mit niedrigeren Zinskupons ausstatten.
Das sorgt dafür, dass schon länger ausstehende Anleihen mit höheren Zinsscheinen attraktiver werden. Diese Anleihen werden gekauft und ihre Kurse steigen, im Gegenzug fallen die Renditen. Bei steigenden Zinsen kehrt sich der Effekt um.
Einzelwerte im Fokus
Gerresheimer: Der Spezialverpackungshersteller greift nach dem Wettbewerber Bormioli Pharma mit rund 1500 Mitarbeitern und einem Umsatz von 370 Millionen Euro. Dem Kaufpreis liege ein Unternehmenswert von rund 800 Millionen Euro zugrunde. Die Übernahme solle im vierten Quartal über die Bühne gehen. Die Aktie gewann zeitweise 13 Prozent auf 105,70 Euro und führte die Gewinnerliste im MDax an.
CTS Eventim: Starke Zahlen bescheren dem Ticketvermarkter und Konzertveranstalter ein neues Rekordhoch. Die Titel klettern um bis zu 8,8 Prozent auf 87,80 Euro und sind damit so teuer wie nie. „Selbst im ersten Quartal, in dem branchenweit tendenziell weniger Umsatz generiert wird, verzeichnete CTS ein erhebliches Wachstum“, konstatierten die Experten der US-Investmentbank Jefferies.
Julius Bär: Nach dem Signa-Debakel haben die Kunden dem Vermögensverwalter Julius Bär zum Jahresbeginn nur wenig neues Geld anvertraut. In den ersten vier Monaten sammelte das Institut eine Milliarde Franken bei reichen Privatkunden ein. Analysten hatten mit rund fünf Milliarden Franken Neugeld gerechnet. Die Aktie notiert dennoch 0,7 Prozent höher.