Weidel poltert gegen alle anderen
Essen . Alice Weidel streichelt die nach mehreren Skandalen wunde Seele ihrer Partei. Beim Bundesparteitag in Essen zeigt sich wieder einmal, dass Druck von außen die innere Geschlossenheit der AfD befördert.
Alice Weidel, Bundesvorsitzende der AfD
Mit einer Schimpfkanonade gegen die etablierten Parteien und den Verfassungsschutz hat die AfD-Vorsitzende Alice Weidel den Bundesparteitag der Rechtspopulisten in Essen eröffnet. Deutschland sei unter der Ampel-Regierung „zu einem Ponyhof verkommen“, sagte die Co-Vorsitzende am Samstag in ihrer Begrüßungsrede vor rund 600 Delegierten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall - eine Einschätzung, die das Oberverwaltungsgericht in Münster im Mai bestätigt hatte. Unter dem Applaus ihrer Parteifreunde schimpfte sie: „Der Verfassungsschutz ist selbst zum Verfassungsfeind geworden, und er gehört in dieser Form abgeschafft.“
Deutschland solle wieder „ein Wirtschaftswunderland mit einem deutlichen Geburtenüberschuss“ werden, sagte Weidel. Das neue Staatsbürgerschaftsgesetz mit verkürzten Fristen für die Einbürgerung werde die AfD im Falle einer Regierungsbeteiligung wieder kassieren. Das hat auch die Union angekündigt.
Weidel wählte in ihrer Rede eine Fußball-Metapher und sprach von einem „Trainer-Gespann“ in der Parteiführung. Vielleicht wollte sie damit Parteifreunden den Wind aus den Segeln nehmen, die vermuten, sie wolle den Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla zur Seite schieben und sich jetzt schon als Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl in Stellung bringen.
Linke Gruppen hatten angekündigt, den Delegierten die Zugänge zum Parteitags-Gelände versperren zu wollen. Tatsächlich hatten einige von ihnen wegen der massiven Proteste und Blockaden Schwierigkeiten, pünktlich zur Grugahalle zu gelangen. Die Polizei hatte betont, dass sie eine Blockade des Parteitags nicht dulden werde und einen ungestörten Verlauf der AfD-Veranstaltung ermöglichen will.
Die AfD will bei ihrem zweitägigen Parteitag am Samstag und Sonntag den Vorstand neu wählen. Sowohl Weidel als auch Chrupalla haben angekündigt, wieder antreten zu wollen. Bei der Europawahl am 9. Juni hatte die AfD 15,9 Prozent der Stimmen erhalten und war damit hinter ihren eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Geschadet haben dürften der AfD Berichte über das Potsdamer Treffen zur sogenannten Remigration, die neue Konkurrenz durch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sowie die Vorwürfe gegen ihren Spitzenkandidaten, Maximilian Krah, der unter anderem wegen mutmaßlicher Russland- und China-Verbindungen wochenlang für Schlagzeilen gesorgt hatte.
In ihrer Rede räumte die Parteichefin dann auch Probleme beim Europawahlkampf ein. „Es hat geruckelt, es hat gekracht“, sagte Weidel. Dennoch habe die AfD ein „hervorragendes Ergebnis“ erzielt. Weidel rechtfertigte die Entscheidung der Parteiführung, sich im Wahlkampf von skandalbelasteten Kandidaten distanziert zu haben - ohne die Namen der beiden betroffenen Kandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron ausdrücklich zu nennen. Diese Distanzierung hatte in Teilen der Basis für Unmut gesorgt.
Weidel warb vor den Delegierten dafür, einem Austritt der AfD aus der rechtsgerichteten europäischen Partei ID zuzustimmen - einen entsprechenden Antrag habe der Bundesvorstand einstimmig beschlossen. Nachdem die ID-Fraktion im Europaparlament die AfD-Abgeordneten ausgeschlossen habe, müsse die Partei nun „konsequenterweise“ aus der ID-Partei austreten, sagte Weidel. Die ID-Fraktion hatte den Ausschluss der AfD unter anderem mit radikalen Äußerungen von AfD-Spitzenkandidat Krah begründet
Die AfD sei aktuell „auf einem sehr guten Weg“, im Europaparlament eine neue Fraktion zu schmieden, sagte Weidel. Dafür habe die AfD drei Bedingungen: Sie fordere einen „respektvollen Umgang auf Augenhöhe“, sie wolle in Brüssel „vor allem“ die Interessen Deutschlands vertreten, und sie wolle klarstellen, dass die Ukraine nicht in die EU gehöre.
Ziel der AfD sei, dass nicht „unser Volksvermögen zum Fenster herausgeworfen wird für die von der Leyens und Melonis“, sagte Weidel mit Blick auf EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und Italiens postfaschistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni.
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