Reform der Bauordnung: Niedersachsen zeigt, wie Bauen einfacher gehen kann

reform der bauordnung: niedersachsen zeigt, wie bauen einfacher gehen kann

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Zum 1. Juli hat Niedersachsen eine Fülle hemmender Bauregeln gestrichen. Experten loben das Bundesland als „Vorreiter für einen Aufschwung im Wohnungsbau“. Was bringt die Bauordnung light?

Für gegängelte Bauherren und Akteure der Bauwirtschaft klingt es wie Science-Fiction: Eine beantragte Genehmigung gilt automatisch  als erteilt, wenn die zuständige Behörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Antrag entscheidet. Die Drei-Monats-Frist beginnt, sobald der Antrag vollständig und mängelfrei vorliegt. Wie viele Parkplätze bei einem Neubau geschaffen werden, dafür gibt es keine verbindliche Vorgabe mehr – Planer und Investoren können ihren tatsächlichen Bedarf zum Maßstab machen. Und: Wer einen Altbau renoviert und erweitert, muss Decken, Wände und andere Bauteile nicht mehr mit riesigem Aufwand und Kosten an aktuelle Neubau-Standards anpassen, sondern kann sich an den Standard des Baujahres orientieren – auch wenn das Gebäude 1905 oder 1960 errichtet wurde. Dadurch wird etwa eine Holztreppe bei einem Umbau wieder in Ordnung gebracht und muss nicht mehr zwingend durch eine Betontreppe ersetzt werden.

Klingt wie eine Vision, ist aber seit dem 1. Juli 2024 Realität – in Niedersachsen. Die rot-grüne Landesregierung in Hannover unter Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) wird zum Vorreiter bei der lange vergebens geforderten Entbürokratisierung des Bauens. Initiator und politischer Treiber war Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) – gegen hartnäckige Widerstände unter anderem der Kommunalverbände, die Einnahmeverluste der Städte und Gemeinden befürchten, weil die Bauherren keine Ausgleichszahlungen für nicht gebaute Parkplätze mehr zahlen müssen. Es gab intensiven Debatten – aber am 18. Juni hat der niedersächsische Landtag dem Gesetzespaket voller Tabubrüche zugestimmt. Nun, zwei Wochen später, tritt es in Kraft.

„Großer Schritt Richtung Freiheit“

Verbände und Unternehmen, von denen in der aktuellen Baukrise seit zwei Jahren nur Hiobsbotschaften zu hören sind, loben das Vorgehen Niedersachsens unisono. Dirk Salewski zum Beispiel, Präsident des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) und aktuell Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland (BID), sieht darin einen „großen Schritt in Richtung Freiheit“ und „ermutigende Anzeichen, dass in den Köpfen endlich etwas in Bewegung kommt und dass wir zurückfinden zu Vernunft, Maß und Mitte“. Erleichterung und Vereinfachung wie in Niedersachsen ermöglichten es, wieder kostengünstiger zu bauen: „Mehr Freiheit und Kreativität werden die Kräfte freisetzen, die wir benötigen, um der großen Herausforderung bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, zu begegnen.“

Konkret lobt Salewski: „Richtig gut ist, dass sich Aufstockungen an den originalen Anforderungen des Bestandsgebäudes orientieren und nicht an den heutigen, das senkt die Kosten.“ Auch der Verzicht auf einen bei vielen Umbauten zwingend erforderlichen zweiten Rettungsweg „schafft eine deutliche finanzielle Erleichterung“. Und: „Die gestrichene Stellplatzordnung reduziert die Gesamtkosten ebenfalls erheblich – das ist etwas, was wir seit langer Zeit fordern.“

Ebenso positiv sieht der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie die Bauregelung light. Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller findet: „Die beschlossenen Änderungen, die jetzt in Kraft treten, sind wegweisend, können zur Erleichterung im Wohnungsbau führen und die Kosten senken.“ Tatsächlich hat die hannoversche Landesregierung lange erhobene Forderungen der Unternehmen und Verbände umgesetzt – auch geringere Grenzabstände und die Anerkennung von Wohnungsbautypen anderer Bundesländer. Müller: „All diese Änderungen können dazu führen, dass schneller und mehr Wohnraum gebaut wird, weil unter anderem das industrielle Bauen, seriell und modular, länderübergreifend erleichtert wird. Damit schaffen wir aus eigener Kraft, die Baukosten und damit auch die Mietkosten um bis zu 20 Prozent zu senken.“

Entscheidungsspielräume statt apodiktischer Vorgaben – das hält auch der Bundesverband Deutscher Architekten (BDA) für den gebotenen Weg. Dilek Ruf, die in Hannover ein Architekturbüro betriebt und BDA-Vorsitzende in Niedersachsen ist, sieht in der Reform „ohne Übertreibung einen Paradigmenwechsel“ und meint: „Das wird eine Blaupause für ganz Deutschland“.

„Vorreiter für Aufschwung im Wohnungsbau“

Dass es so kommt, hoffen auch Wohnungswirtschafts-Experte Salewski und Bau-Lobbyist Müller. „Die anderen Landesbauminister sollten sich genau anschauen, wie sie diese beispielhaften Vereinfachungen übernehmen können“, sagt Salewski. Wichtig sei, dass auch die Kommunen den neuen Umgang mit Bauvorhaben „als Orientierung und Taktgeber“ sehen. Für Müller ist Niedersachsen „Vorreiter für einen Aufschwung im Wohnungsbau. Hier sollten alle andere 15 Bundesländer genau hinschauen.“

Eine Trendwende ist dringend nötig. Der Mai dieses Jahres war der 24. Monat in Folge, in dem die Zahl der Baugenehmigungen zurück ging. Die Wertschöpfung des Baugewerbes ist seit 2021 um real 15 Prozent gesunken. Das politisch gesetzte Ziel von 400000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr wird regelmäßig um rund 100.000 verfehlt. Die Zahl der insgesamt in Deutschland fehlenden Wohnungen nähert sich der Million, und die Mieten steigen angesichts des knappen Guts immer weiter. Wohnen an sich wird Luxus.

Niedersachsens kleiner Nachbar Bremen immerhin setzt den fulminanten Impuls aus Hannover als „Bau-Turbo“ um, ebenfalls zum 1. Juli. Die Bremer Bausenatorin Özlem Ünsal (SPD) sagt: „Die Devise lautet: Bürokratie-Abbau, Vereinfachung, Entschlackung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Das ist ein elementarer Schritt, um die soziale Frage unserer Zeit zu beantworten.“

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