Pilotanlage: Das Paradox vom Öko-Kerosin

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Pilotanlage: Das Paradox vom Öko-Kerosin

pilotanlage: das paradox vom öko-kerosin

Über den Wolken ... geht es dem Klima weiterhin an den Kragen.

Eine Pilotanlage produziert erste Mengen an CO2-neutralem Flugzeugtreibstoff.

Der Flugverkehr muss wie die anderen Wirtschaftszweige bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden. Eine Umstellung auf E-Antrieb wie beim Auto ist auf absehbare Zeit unrealistisch; die Batterien für die großen benötigten Energiemengen wären zu groß. Die Strategie ist daher, herkömmliches fossiles Kerosin durch Öko-Kerosin zu ersetzen. Hier ist nun ein Meilenstein erreicht. Eine Pilotanlage im Emsland hat erste Mengen an CO2-neutralem Flugzeugtreibstoff aus Ökostrom, Wasser und CO2 aus der Luft für die kommerzielle Nutzung produziert – laut dem Hersteller eine Weltpremiere für diese „eFuels“.

Die Anlage im niedersächsischen Werlte ist von den Klimaschutzorganisation „Atmosfair“ finanziert und von ihrer Betreiberfirma „Solarbelt“ gebaut worden. Sie gewinnt per Elektrolyse Wasserstoff aus Wasser und nutzt CO2 aus der Luft; diese beiden Komponenten werden dann zu Kohlenwasserstoffen synthetisiert. Laut Atmosfair erzielt das synthetische Rohöl aus dieser Anlage eine CO2-Reduktion von 96 Prozent gegenüber Rohöl aus Erdöl. Die Weiterverarbeitung findet in einer Raffinerie statt. Atmosfair ist bekannt als Anbieter von CO2-Kompensation, vor allem für Flüge, und finanziert aus seinen Einnahmen Klimaschutzprojekte.

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Bisher sind die in der Pilotanlage produzierten Mengen noch gering, es gibt bisher erst fünf Tonnen des Öko-Kerosin. Ab 2026 soll die Pilotanlage rund 250 Tonnen im Jahr herstellen. Auch das ist, wie Atmosfair einräumt, wenig gegenüber dem aktuellen Kerosinbedarf der Branche. Allein die deutschen Fluggesellschaften verbrauchten 2023 zusammen über zehn Millionen Tonnen Kerosin. Es sei aber der „erste Meilenstein zum Regelbetrieb“ geschafft und bewiesen, „dass die industrielle Produktion von strom-basierten synthetischem Kerosin technisch möglich ist“. Das Verfahren müsse zwar noch weiterentwickelt werden, sei damit aber auf Dauer der wichtigste Weg, um einen relevanten Anteil des Flugverkehrs klimaverträglich zu machen.

Bisher setzen die Fluggesellschaften vor allem auf „Bio-Kerosin“, das dem normalen Treibstoff zugemischt wird, um klimafreundlicher zu fliegen. Dieser Sprit wird aus fetthaltigen Pflanzen wie Raps sowie aus Speiseresten hergestellt. Probleme sind hier aber das „Tank oder Teller“-Problem respektive die begrenzte Verfügbarkeit der Reststoffe. Bisher liegt der Anteil am Treibstoff-Bedarf weltweit wie auch bei deutschen Arlines nur bei 0,2 Prozent. Bei der größten deutschen Fluggesellschaft Lufthansa heißt es dazu: „Würde die Lufthansa Group allen derzeit weltweit verfügbaren nachhaltigen Flugzeug-Treibstoff einsetzen, so könnte sie damit nur wenige Wochen fliegen.“

Ein weiteres Problem sind die Kosten. Schon das „Bio-Kerosin“ kostet drei bis fünfmal soviel wie der fossile Treibstoff. Ökostrom-basiertes Kerosin ist demgegenüber noch viel teurer. „Investitionen in diese Technologie müssen aber heute für den Markthochlauf von morgen stattfinden“, sagt dazu Atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen. Um die Produktion deutlich hochzufahren, brauche man nun die Nachfrage der Fluggesellschaften. „Angesichts der aktuellen ersten Kleinstmengen könnten die Airlines leicht die gesamte Produktion aufkaufen und damit selbst Verantwortung für die Entwicklung der Technologie und Kostensenkung übernehmen.“ Die Carrier müssten sich im eigenen Interesse jetzt selbst engagieren und sollten nicht weiter auf die Politik verweisen. Aktuell will Atmosfair das CO2-neutrale Kerosin aus der Pilotanlage selbst vertreiben; Privatpersonen und Unternehmen können es für die eigenen Reisen buchen. Zusätzlich bieten ab Herbst auch zwei Münchener Reiseveranstalter, Hauser Exkursionen und Neue Wege, Reisen mit (geringer) Öko-Kerosin-Beimischung an.

Bundesregierung

Nach den bisherigen Plänen der Bundesregierung sollen von 2026 an in Deutschland 0,5 Prozent des Flugzeug-Treibstoffs aus dem neuen ökostrom-basierten Kerosin bestehen. Es gilt aber als wahrscheinlich, dass diese nationale Quote von der Europäischen Union noch gekippt wird. Das würde bedeuten, dass erst von 2030 an EU-weit eine Ein-Prozent-Beimischung vorgeschrieben ist.

Ein weiteres Problem beim Markthochlauf des neuen Sprits ist, dass die Ampel-Regierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Ende 2023 zur Finanzierung ihres Klima- und Transformationsfonds die öffentlichen Mittel zur Förderung von Öko-Kerosin deutlich zusammengestrichen hat. jw

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Lufthansa ihr Engagement für die Pilotanlage in Werlte gestoppt hat, wie ein Sprecher der Gesellschaft der FR bestätigte. Das Werk war 2021 im Beisein der damaligen Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) und einer Vertreterin der Lufthansa-Group eingeweiht worden. Die Airline wurde damals als künftiger erster Abnehmer des Öko-Kerosins bezeichnet. Man habe sich jedoch „insbesondere aufgrund von Preissteigerungen – unter anderem durch stark gestiegene Strompreise – zum jetzigen Zeitpunkt gegen eine Abnahme entschieden“, sagte ein Lufthansa-Sprecher der FR auf Anfrage. Mit Blick auf „eFuels“ arbeite man in verschiedenen Projekten weltweit mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie zusammen, etwa mit dem Schweizer Solartreibstoffhersteller Synhelion, dem Flugzeugproduzenten Airbus und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Atmosfair betonte aus Anlass des Produktionsstarts in Werlte allerdings auch, dass die Luftfahrtbranche nicht alleine auf alternative Treibstoffe setzen dürfe. Sie solle „aufhören zu suggerieren, dass klimafreundliches Fliegen in den heutigen Dimensionen machbar ist“. Auch das ökostrom-basierte Kerosin sei sehr energieintensiv, so müssten in der Pilotanlage über fünfmal so viel Energie aus Wind- und Solarenergie aufgewendet werden, wie am Ende im Kerosin enthalten ist.

Die Organisation stellt dazu diesen Vergleich an: Selbst bei künftiger Optimierung des Produktionsprozesses müsste die aktuell weltweit vorhandene Kapazität an erneuerbaren Energien verdoppelt werden, nur um den heutigen Weltluftverkehr mit Öko-Kerosin versorgen zu können. In den nächsten Jahrzehnten könne nur ein Bruchteil des heutigen Flugverkehrs damit betrieben werden. „Deshalb bleibt weniger fliegen die wichtigste Klimaschutzmaßnahme“, heißt es bei Atmosfair.

pilotanlage: das paradox vom öko-kerosin

Die Anlage von Atmosfair.

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