Judith Dada: Wie AfD und Rassemblement National die europäische Techszene bedrohen

Bei den Europawahlen haben die Rechtspopulisten hohe Zugewinne verbucht, an diesem Wochenende könnte der Rassemblement National sogar die Wahl in Frankreich gewinnen. Ihre Werte stehen denen des europäischen Start-up-Ökosystems diametral entgegen.

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Judith Dada: Wie AfD und Rassemblement National die europäische Techszene bedrohen

Was passiert ist:

Frankreich steht vor Neuwahlen: An diesem und dem kommenden Wochenende wählt unser Nachbarland in zwei Wahlgängen eine neue Regierung. Die rechtsgerichtete Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen (55), die bei der Europawahl vor wenigen Wochen stärkste Kraft im Land wurde, hat gute Chancen, die Abstimmung zu gewinnen. Damit würde sich der Trend hin zu extrem rechten Parteien fortsetzen, der in ganz Europa zu erkennen ist. Auch in Deutschland wurde die AfD bei der Europawahl die zweitstärkste Kraft. In Italien ist Giorgia Meloni (47) die erste Regierungschefin mit neofaschistischen Wurzeln. Und in den Niederlanden ist die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders (60) als stärkste Kraft an der Regierung beteiligt.

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Wie groß die Bedeutung für das europäische Start-up-Ökosystem ist:

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die Start-up-Welt und das politische Europa nicht allzu viel gemein haben, doch dieser Blick täuscht. Über die vergangenen Jahre haben europäische Start-ups nicht nur ihre politische Stimme gefunden und sich für ein stärkeres Ökosystem eingesetzt, sondern Länder wie Frankreich haben vorgemacht, wie groß der staatliche Einfluss sein kann. Unter Präsident Emmanuel Macron (46) hat sich die Regierung sehr aktiv für die Belange des Innovationsökosystems eingesetzt.

Mit La French Tech, einer Regierungsinitiative, um das Start-up-Ökosystem zu unterstützen, hat sich seit 2013 ein enger Draht zwischen der Start-up-Welt und dem Élysée-Palast aufgebaut. Gründer und Gründerinnen trafen mit Macron auf einen Präsidenten, der authentisch für die Förderung nationaler und europäischer Technologie trommelt. Er rief Frankreich als neue Start-up-Nation aus, lockte mit der Choose-France-Initiative und entsprechenden Anreizen ausländisches Kapital (zuletzt 4 Milliarden Euro von Microsoft), vereinfachte die Ausstellung von Techvisa für ausländische Talente und launchte Initiativen, um den französischen Börsenstandort zu stärken.

Auch in Deutschland erzielte das Start-up-Ökosystem über einen starken Branchenverband messbare Erfolge. So wurden nach viel Drängen der Start-up-Industrie und zahlreichen Gesprächen zwischen Expertinnen und Politikern 2023 Neuerungen bei Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (ESOPs) verabschiedet. Angelehnt an die französische Tibi-Initiative startete der Bund die WIN-Initiative: Die hat sich zum Ziel gesetzt, private Geldgeber und Großinvestoren für Wachstumsinvestitionen in Deutschland zu mobilisieren.

Neben konkreten Gesetzen und Initiativen ist auch das Spitzenpersonal wichtig für das Start-up-Ökosystem. Bundeskanzler Olaf Scholz (66) zum Beispiel nimmt man seinen Einsatz für den Technologiestandort Deutschland nicht in gleichem Maße ab wie Macron, der die französische Technologietransformation ambitionierter und zügiger vorantreibt.

Noch ist unklar, wie die Neuwahlen in Frankreich oder die Landtagswahlen in diesem Herbst in Deutschland beziehungsweise die Bundestagswahlen im kommenden Jahr ausgehen werden. Doch ein politischer Rechtsruck ist schon heute Realität.

Was nun auf dem Spiel stehen könnte:

In Teilen lässt sich bereits erkennen, was eine rechtsgerichtete Regierung für Start-ups bedeuten könnte: Sowohl für den RN als auch für die AfD ist eine restriktive Migrationspolitik das Hauptaugenmerk ihrer Parteiprogramme. Die Start-up-Industrie hingegen ist massiv auf ausländische Talente angewiesen und wäre ohne diese nicht ansatzweise so leistungsfähig. Beim erfolgreichen Onlinereiseportal GetYourGuide sind mittlerweile nur noch eine kleine Minderheit der Angestellten Deutsche. Der Großteil der Softwareentwickler stammt aus Ländern wie Indien, Brasilien, Israel oder den osteuropäischen Staaten. Erst kürzlich hat das Unternehmen den aus Indien stammenden CTO Gaurav Agarwal von Netflix abgeworben. Aufgrund des langwierigen Visaverfahrens konnte er jedoch nicht wie geplant im Juni in Berlin anfangen, sondern muss seit Wochen remote aus San Francisco arbeiten. Unternehmerinnen und Gründer trommeln vielfach für einfachere Einwanderungsprozesse. Die starken Einschränkungen, mit denen Start-ups in dieser Hinsicht rechnen müssen, könnten ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit maßgeblich schaden.

Auch ausländisches Investment will der RN zumindest teilweise beschränken. Die AfD hat hier noch keine klare Stellung bezogen, doch angesichts der Tatsache, dass aktuell bei rund 45 Prozent der Wachstumsfinanzierungsrunden US-amerikanische Unternehmen beteiligt sind, könnten Restriktionen jeglicher Art eine Finanzierungslücke mit sich bringen, die schwer zu schließen sein würde – auch wenn es (was durchaus begrüßenswert ist) immer stärkere Bemühungen gibt, mehr nationales Kapital für Wachstumsunternehmen zu gewinnen.

Lediglich der Fokus von RN und AfD auf nationale Souveränität – also auf die Stärkung nationaler Techchampions – scheint zumindest in Ansätzen den Geist der Start-up-Branche zu treffen. Doch viel mehr als deutsche oder französische sind europäische Champions notwendig, um die Abhängigkeit von anderen Teilen der Welt zu verringern. Das gilt vor allem für kritische Bereiche wie Infrastruktur, Verteidigung oder KI.

Damit europäische Unternehmen tatsächlich langfristig erfolgreich sein können, ist es wichtig, europäische Ressourcen zu bündeln und sich anschlussfähig aufzustellen, was internationale Talente und Investments angeht. Souveränität ohne internationale Wettbewerbsfähigkeit gleicht einem Oktoberfest-Abklatsch in New York City – ein netter Versuch, mehr aber auch nicht.

Was wir als Start-up-Branche jetzt tun können:

Macron war in vielerlei Hinsicht ein leuchtendes Beispiel für eine Start-up-Strategie; done right. Er verkörperte Ernsthaftigkeit, Umsetzungsdrang und Begeisterung für die Industrie und erreichte so in kurzer Zeit messbare Ergebnisse. Das Funding für französische Start-ups vervierfachte sich zwischen 2017 und 2022. Hier müssen wir das Rad in Deutschland nicht neu erfinden und können an vielen Stellen abkupfern, was unsere Nachbarn exzellent vormachen. Oder, noch viel besser, wir können gemeinsame Sache machen. Ohne konkreter zu werden, erwähnte Macron vor Wochen Pläne zu einem solchen französisch-deutschen Bündnis.

Doch auch wenn mancher KI-Gründer in Paris inzwischen fast genauso stark gehypt wird wie ein Popstar, zeigen die Europawahlergebnisse, dass viele der positiven Verheißungen von Tech und Innovation noch nicht in der breiteren Gesellschaft spürbar sind. Ein Bundestagsabgeordneter brachte es neulich in einem Gespräch mir gegenüber auf den Punkt: „Mein Heimatwahlkreis interessiert sich nicht für Raketen oder Fusionsenergie. Da geht es um andere Themen.“ Vielleicht agiert unsere Branche an manchen Stellen zu elitär und abgekapselt, um auch in der Breite zu begeistern und sich als Teil des Wandels zu verstehen.

Als Start-up-Ökosystem können wir also unsere Stimme noch gezielter nutzen, um die positiven Auswirkungen unserer vielfältigen Industrie aufzuzeigen – angefangen bei den geschaffenen Arbeitsplätzen über die Sicherung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit und damit einhergehend unseres Wohlstandes, bis hin zu einer realistischen Vermittlung davon, welche Rolle KI in Zukunft für unser Leben spielen wird. Nicht zu vergessen außerdem die Entwicklung konkreter Problemlösungen – etwa im Bereich der Energiewende oder der Gesundheit. In Paris, Berlin und München genauso wie in Marseille und Dresden.

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