Wladimir Putins Wahl war eine Volksabstimmung über den Ukraine-Krieg

wladimir putins wahl war eine volksabstimmung über den ukraine-krieg

Wladimir Putin gewinnt die Wahl in Russland.

Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission der Russischen Föderation nahm nach Auswertung von 100 Prozent der Wahlprotokolle der amtierende russische Präsident Wladimir Putin mit 87,28 Prozent den ersten Platz ein. Der zweite Platz ging mit 4,31 Prozent an den Kandidaten der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF), Nikolai Charitonow.

Das Schlusslicht bildeten Wladislaw Dawankow mit 3,85 Prozent sowie der Obmann der Liberal-Demokratischen Partei Russlands Leonid Sluzki mit 3,2 Prozent. Die Wahlbeteiligung war mit 77,4 Prozent ebenfalls ein Rekordergebnis seit 1991.

Wladimir Putin erreichte das mit Abstand beste Ergebnis seiner gesamten Laufbahn und übertraf seine bislang erfolgreichste Wahl 2018 um satte 10 Prozent. Damit hat Putin nicht nur seinen Amtskollegen, den belarusischen Diktator Alexander Lukaschenko, mit Leichtigkeit geschlagen, sondern kam beinahe an die Rekordergebnisse des Alijew-Klans in Aserbaidschan sowie einiger zentralasiatischer Autokraten ran.

Die allrussische Bewegung zur Verteidigung der Wählerrechte „Golos“ stellte in ihrer Aussendung fest, dass niemals zuvor in der Geschichte der Russischen Föderation eine Präsidentschaftswahl so stark von verfassungsrechtlichen Vorgaben abgewichen sei. Die „Imitation“ auf allen Ebenen sei das Leitmotiv dieser Wahlen gewesen. Wie das renommierte russische unabhängige Medium Novaya gazeta Europe am 18. März berichtete, weisen rund 50 Prozent der Stimmen für Putin, ohne Berücksichtigung der Elektronischen Stimmabgabe (e-Voting), erhebliche Anomalien auf und könnten gefälscht worden sein.

Zur Anwendung gelangte dabei die Methoden des russischen Statistikers Sergej Schpiljkin. Demnach sollte ohne Wahlfälschungen die Beziehung zwischen Wahlbeteiligung und Putins Stimmenanteil der Normalverteilung (sogenannte Gauß-Verteilung) entsprechen. Die Schätzung über das Ausmaß der Wahlfälschung ergibt sich demnach aus der Differenz zwischen den „normalen“ und den tatsächlich gemeldeten Zahlen.

Doch ungeachtet aller offensichtlichen Absurditäten der Geschehnisse scheint Wladimir Putin vom eigenen Erfolg tatsächlich vollends überzeugt zu sein.

Welchen Folgen wird der „Erdrutschsieg“ Putins im Rahmen der jüngsten Scheinwahl nach sich ziehen?

Interessanterweise erinnert die angebliche Zustimmung für Putin von über 87 Prozent an die Zustimmung von 85 Prozent im Zuge der „Volksabstimmung“ anlässlich der Krim-Annexion von 2014, welche sich am 18. März zum 10. Male jährte. Damit sollte wohl auch die patriotische Aufbruchsstimmung und die allgegenwärtige Begeisterung des sogenannten „Russischen Frühlings“ beschworen werden. Diese Zielsetzung dürfte jedoch unerreichbar bleiben.

Dennoch war diese Wahl aus der Sicht des Kremls eine Volksabstimmung über den Krieg. Diese ist klar zugunsten Putins ausgegangen. Der russische Staatschef wird seinen „überzeugenden Wahlerfolg“ – ungeachtet aller soziologischen Umfragen – als eine eindeutige Zustimmung für die sogenannte „Spezialmilitäroperation“ sehen und den Kampf bis zum siegreichen Ende fortsetzen wollen. Darüber hinaus wird Putin nunmehr zur endgültigen Überzeugung gelangen, dass alle seinen Entscheidungen auf einer äußerst breiten Legitimationsbasis fußen. Damit dürfte die Repressionswalze ungebremst weiterlaufen.

Bemerkenswert war insbesondere das hohe Ausmaß der Wahlbeteiligung im Ausland. Zweifelsohne hat dazu die Aktion „Mittag gegen Putin“ entscheidend beigetragen. Und auch wenn die Auswertung der Wahlprotokolle aus dem Ausland wohl keinen Einfluss auf das Gesamtergebnis haben dürfte, sind die Auslandsergebnisse dennoch nicht bedeutungslos. Denn die internationalen Nachwahlbefragungen (beim Verlassen des Wahllokals wurden die Wähler durch Interviewer anonymisiert nach ihrer Stimmabgabe befragt) zeichnen ein im Vergleich zu Russland deutlich differenzierteres Bild des – außerhalb der Reichweite der administrativen Mobilisierung und der geringen Reichweite der russischen Propaganda entstandenen – Wahlergebnisses. Insofern könnten diese Resultate wichtige Argumente gegen die Anerkennung der „Wahlen“ durch den Westen liefern.

Christian Esch vom Spiegel fasst den allgemeinen Eindruck dieser sogenannten „Wahlen“ auf X (vormals: Twitter) treffend zusammen: „Dies ist die erste Wahl in Putins Russland, die nicht nur nach den Maßstäben des demokratischen Auslands eine Farce ist, sondern sogar nach Putins eigenen Maßstäben.“ Mit diesem Ergebnis hat Russland die von Wladimir Putin oftmals beschworene „Verteidigung der russischen Souveränität“ auch im Wahlbereich endgültig erreicht.

Haben Sie Feedback? Schreiben Sie uns! [email protected]

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World