Vorwürfe gegen Habeck und Lemke: Union beantragt Ausschuss-Sondersitzungen wegen AKW-Aus

Haben Vizekanzler Habeck und Umweltministerin Lemke interne Bedenken zum AKW-Aus ignoriert oder sich täuschen lassen? Die Unionsfraktion beantragt nach SPIEGEL-Informationen Ausschuss-Sondersitzungen.

vorwürfe gegen habeck und lemke: union beantragt ausschuss-sondersitzungen wegen akw-aus

Vorwürfe gegen Habeck und Lemke: Union beantragt Ausschuss-Sondersitzungen wegen AKW-Aus

Einem Bericht der Zeitschrift »Cicero« zufolge sollen wichtige Mitarbeiter von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) interne Bedenken gegen den Sinn eines fristgerechten Atomausstiegs unterdrückt haben. Das Wirtschaftsministerium weist die Darstellung zurück.

In der Unionsfraktion sieht man sich in der eigenen Einschätzung zu der damaligen politischen Entscheidung bestärkt – und verlangt nun Aufklärung. »Der alte Verdacht erhärtet sich: Beim Kernkraft-Aus wurden Parlament und Bevölkerung offensichtlich belogen«, sagte Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, dem SPIEGEL.

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war – und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Und weiter: »Habeck sollte unverzüglich sämtliche Akten zum Aus der AKW auf den Tisch legen. In einem ersten Schritt beantragen wir eine Sondersitzung, die noch vor dem morgigen Plenum stattfinden sollte.«

Nach dem Willen der Unionsfraktion sollen die Bundestagsausschüsse für Wirtschaft sowie für Klimaschutz und Energie zu Sondersitzungen zusammen kommen. Man behalte sich, so ist zu hören, auch die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss vor.

Am 15. April 2023 hatte Deutschland den Atomausstieg endgültig vollzogen und die letzten drei Meiler Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland abgeschaltet. Der Rückbau ist eingeleitet und kann bis zu 15 Jahre dauern. Die Kraftwerke hätten ursprünglich bereits zum Jahreswechsel davor vom Netz gehen sollen, der Betrieb war aber zur Sicherung der Stromversorgung verlängert worden.

Die Union hält das AKW-Aus für einen Fehler und hatte die Pläne schon seinerzeit kritisiert. Die Grünen hatten sich lange gegen einen solchen Schritt gewehrt, schließlich aber Habecks Idee einer vorübergehenden, sogenannten Einsatzreserve für die letzten deutschen Atomkraftwerke unterstützt. Am Ende sprach Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein Machtwort für den Weiterbetrieb.

Ergebnisoffen und transparent?

Dem »Cicero«-Bericht zufolge argumentierten Mitarbeiter von Habecks Ministerium im Entwurf eines Vermerks vom 3. März 2022, unter bestimmten Umständen könne eine begrenzte Laufzeitverlängerung der verbleibenden deutschen Atomkraftwerke bis in das folgende Frühjahr sinnvoll sein. Sie rieten dazu, diese Möglichkeit weiter zu prüfen.

In der Leitungsebene lag das Dokument laut Ministerium nur Staatssekretär Patrick Graichen vor – einem Parteifreund Habecks, der später nach Vorwürfen der Vetternwirtschaft das Amt räumen musste. Den Minister hätte es damit nicht erreicht.

Das Wirtschaftsministerium sagt dazu, das Papier sei eingeflossen in einen später veröffentlichten Prüfvermerk der Ministerien für Wirtschaft und Umwelt, in dem diese sich gegen eine Laufzeitverlängerung aussprachen – unter Verweis auf die »sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken«, wie es in einer Pressemitteilung hieß.

Aus dem Ministerium heißt es, man habe sich seit Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 immer wieder mit der Frage beschäftigt, ob und inwiefern eine Laufzeitverlängerung der drei damals noch laufenden deutschen Atomkraftwerke die Energiesicherheit erhöhen könne. »Diese Prüfung erfolgte stets ergebnisoffen und transparent.«

Und weiter: »Abwägungen und Entscheidungen fußten dabei auf den zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen sowie in Anbetracht der realen, sich erst im Laufe der Monate verändernden und zuspitzenden Lage.« Maßgabe aller Entscheidungen in der Energiekrise sei immer die Versorgungssicherheit gewesen.

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World