Unzufriedene Aktionäre: "Das Haus Bayer brennt lichterloh"

Seit Anfang Juni 2023 ist Bill Anderson Vorstandschef von Bayer. Der Aktienkurs ist weiter gefallen.

Investoren verlieren die Geduld mit dem Leverkusener Agrar- und Pharmakonzern. Der neue Vorstandschef Bill Anderson hat den Verfall des Aktienkurses nicht stoppen können.

“Das Haus Bayer brennt lichterloh”

Es ist gar nicht so schwer für Konzerne, sich den Zorn ihrer Investoren einzuhandeln. Dem Agrar- und Pharmakonzern Bayer gelingt das immer wieder und dauerhaft. Der Aktienkurs hat sich noch immer nicht von den Folgen der Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto und den Klagen von Menschen, die dem Pestizid ihre Krebserkrankung zuschreiben, erholt. Anfang 2016, wenige Monate bevor der damalige Vorstandschef Werner Baumann den mehr als 60 Milliarden Dollar teuren Kauf ankündigte, kostete die Aktie gut 100 Euro. Im Sommer 2018 wurde die Übernahme vollzogen. Es gab Phasen der Erholung. Aber der Trend des Kurses weist abwärts. Am Donnerstag kostete das Papier knapp 27 Euro.

“Virtuelles Wegducken schafft kein Vertrauen”, kritisiert ein Fondsmanager

Den Rückgang konnte auch der neue Vorstandschef Bill Anderson nicht aufhalten. Die Hauptversammlung am Donnerstag war seine erste als Vorstandsvorsitzender. Er spricht einige Minuten Deutsch, dann wechselt er in seine Muttersprache Englisch. Die Veranstaltung findet nur virtuell statt. Das missfällt Investoren. “Sie gehen auf Distanz zu den Aktionären, statt ihnen vor Ort direkt Rede und Antwort zu stehen”, sagt Janne Werning, Fondsmanager von Union Investment: “Virtuelles Wegducken schafft kein Vertrauen.”

Viele Mitglieder des Vorstands sind neu, allen voran Bill Anderson, seit Anfang Juni 2023 führt er den Konzern. Ein guter Start sehe allerdings anders aus, kritisiert Fondsmanager Ingo Speich von Deka Investment, einer Tochter der Deka Bank: “Wir blicken abermals auf ein verlorenes Jahr.” In seinem ersten Jahre habe Anderson am Kapitalmarkt kein Vertrauen aufbauen können. Unter seiner Führung habe sich der Niedergang des Aktienkurses noch beschleunigt. Je länger Speich redet, umso heftiger fällt seine Kritik an Vorstandschef Anderson aus: “Das Haus Bayer brennt lichterloh, und Sie als Hausherr fangen zuerst einmal an aufzuräumen, anstatt die Brände zu löschen.” Als einen Brandherd sieht Speich die Rechtsrisiken, sie seien ein toxisches Gebräu, das vor sich hin koche.

Damit meint Speich nicht nur die weiteren Klagen zu Glpyhosat, “ein Fass ohne Boden”, sondern auch zusätzliche Belastungen zu PCB, einer weiteren Monsanto-Altlast. Das Kürzel PCB steht für polychlorierte Biphenyle. Sie stehen im Verdacht, Krebs zu erregen und das Erbgut zu schädigen. In vielen Ländern sind sie seit Jahren verboten. PCB wurde als Weichmacher für Lacke, Klebstoffe, Dichtungsmassen, Kunststoffe und vieles mehr verwendet. Speich verweist auf Berechnungen von Analysen, wonach zu den bereits gezahlten 11,3 Milliarden Euro mehr als weitere 20 Milliarden Euro kommen können, je zur Hälfte für Glyphosat und PCB. “Insbesondere bei PCB besteht ein sehr hohes Risiko”, so Speich.

Die Rechtsstreitigkeiten zu Glyphosat und PCB in den USA belasten “unser Geschäft zweifellos sehr stark”, sagte Finanzvorstand Wolfgang Nickl. In den meisten Fällen seien die Produkte, die die Ursache der Schäden sein sollen, nicht von Monsanto hergestellt oder entsorgt worden, sondern von anderen Unternehmen. Monsanto habe mit ehemaligen Abnehmern weitreichende Haftungsfreistellungen vereinbart. Darin hätte diese Nickl zufolge zugestimmt, Monsanto von den Kosten möglicher Rechtsstreitigkeiten freizustellen, um im Gegenzug in den Siebzigerjahren noch PCB zu erhalten. “Wir sind fest entschlossen, diese Verträge durchzusetzen, um die Kosten der Rechtsstreitigkeiten erstattet zu bekommen”, so Nickl. Eine Klage sei bereits eingereicht.

Die Abstimmung über die Tagesordnung hatte bei Veröffentlichung dieses Textes noch nicht begonnen.

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