Ukraine-Krieg: Drohnen und Bankensanktionen bringen Russlands Ölbranche in Bedrängnis

Während die Ukraine russische Raffinerien mit Drohnen attackiert, bringen die USA Überweisungen von Ölkäufern ins Stocken. In Russland wächst die Sorge vor Engpässen und Preissteigerungen.

Nach dem Angriff auf die Ukraine hatten Russland und seine Ölbranche sich leidlich arrangiert mit dem Verlust westlicher Abnehmer und den als Sanktionen erzwungenen Preisdeckeln. Denn einerseits decken sich Großabnehmer wie China und Indien mittlerweile bevorzugt mit billigem russischem Öl ein. Andererseits fanden Exporteure immer wieder Schlupflöcher, um die von westlichen Staaten verhängten Preisobergrenzen zu umgehen.

Doch nun sieht sich das von Ölexporten abhängige Land an weiteren empfindlichen Punkten getroffen: Während die Ukraine sich mit Drohnenangriffen auf russische Raffinerien einschießt, bringen die USA mit Druck auf internationale Banken die Überweisungen von Ölkäufern nach Russland ins Stocken.

Allein seit Mitte März attackierte die Ukraine mit Drohnen mindestens acht russische Ölraffinerien. Damit solle die Wirtschaft des Kriegsgegners geschwächt werden, erklärte der ukrainische Geheimdienst SBU. An den betroffenen Standorten war Insidern zufolge im vergangenen Jahr insgesamt mehr als ein Fünftel des in Russland raffinierten Öls verarbeitet worden.

Zwar wurden nach russischen Angaben einige Angriffe abgewehrt, und nach anderen Attacken sei der Betrieb nur kurzzeitig gestört gewesen. Doch nach Reuters-Berechnungen sind mittlerweile rund 14 Prozent der Raffineriekapazität wegen Drohnenangriffen lahmgelegt.

Nachdem die Ukraine allein in der Region Samara mehrere Anlagen in Brand gesetzt hatte, stellte die dort gelegene Kuibyschew-Raffinerie Branchenkreisen zufolge ihren Betrieb vollständig ein. Die Kuibyschew-Raffinerie steht zwar nur für 1,34 Prozent der russischen Ölverarbeitung. Doch die Ausfälle summieren sich. Eine Raffinerie im Gebiet Rjasan, die für 5,8 Prozent der landesweiten Verarbeitung steht, konnte Insidern zufolge zwei Wochen lang nur mit 30 Prozent ihrer Kapazität arbeiten. Der staatliche Betreiber Rosneft schwieg dazu.

Russland ist zu Benzin-Importen gezwungen

Russland, das gewöhnlich mehr Mineralölprodukte exportiert als importiert, hatte bereits am 1. März einen Ausfuhrstopp für Benzin verhängt. Zwar wird das Militär stets bevorzugt mit Kraftstoffen beliefert. Doch herrscht in Russland die Sorge, dass Wirtschaft und Privatleute von Engpässen sowie steigenden Diesel- und Benzinpreisen betroffen werden.

Inzwischen sieht sich Russland gezwungen, zusätzliches Benzin von seinem Nachbarn Belarus zu importieren. Diese Einfuhren sollten auf monatlich 100.000 bis 150.000 Tonnen gesteigert werden, sagte der Vorsitzende des Energieausschusses im Parlament, Pawel Sawalny. Nach Angaben aus Branchenkreisen war die Menge bereits in der ersten Märzhälfte auf fast 3000 Tonnen erhöht worden, nachdem es im Februar noch 590 Tonnen gewesen seien und es im Januar gar keine Lieferungen aus Belarus gegeben habe.

Unterdessen sorgen Sanktionsdrohungen der USA gegen Banken in China, der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) Insidern zufolge dafür, dass Rechnungsbeträge für Öllieferungen nur noch verzögert in Russland eintreffen.

Zwar billigen die USA wie auch andere westliche Länder russische Ölexporte grundsätzlich, um nicht mit einer Verknappung des Weltmarktangebots einen Preisanstieg auszulösen. Doch dringen sie auf Preisobergrenzen, um Russlands Einnahmen zu schmälern. Dies versuchen sie unter anderem mit Druck auf Schiffsversicherungen und nun auch zunehmend auf Banken durchzusetzen.

Kreml sucht „diskrete“ Lösungen

So droht das US-Finanzministerium seit dem 22. Dezember per Erlass Banken mit Sanktionen, wenn sie Zahlungen abwickelten, ohne eine Einhaltung der gegen Russland gerichteten Sanktionen sicherzustellen. „Die Probleme kehrten im Dezember zurück, als Banken und Unternehmen erkannten, dass die Gefahr durch US-Nebensanktionen real ist“, sagte ein Insider aus dem Ölhandel.

Weiteren Insidern zufolge versuchen sich Finanzinstitute mit umfangreichen Garantieerklärungen ihrer Auftraggeber abzusichern – oder ziehen sich angesichts des Bürokratieaufwands aus dem Geschäft zurück. Zu letzteren zählen Eingeweihten zufolge die First Abu Dhabi Bank und die Dubai Islamic Bank in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE).

Die Banken Mashreq aus den VAE, Ziraat und Vakifbank aus der Türkei sowie die Bank of China und die ebenfalls chinesische ICBC bearbeiten zwar noch Zahlungen für russische Waren, benötigen aber mittlerweile Wochen oder Monate dafür, wie weitere Branchenvertreter sagten. Keine der Banken äußerte sich dazu.

Russland allerdings räumte derartige Probleme ein. Die betreffenden Staaten stünden unter beispiellosem Druck der USA und der Europäischen Union, sagte der Sprecher des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Dmitri Peskow. „Das schafft natürlich bestimmte Probleme.“ Man arbeite an Lösungen. „Das geschieht aber auf diskrete Weise.“

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