Ferrero: 60. Nutella-Geburtstag - Die Erfolgsgeschichte der bekanntesten Nuss-Nugat-Creme der Welt

Der, die oder das? Am Frühstückstisch feiert ein berühmter Brotaufstrich Geburtstag. Vor 60 Jahren kam die bekannteste Nuss-Nugat-Creme der Welt auf den Markt.

Ferrero: 60. Nutella-Geburtstag – Die Erfolgsgeschichte der bekanntesten Nuss-Nugat-Creme der Welt

Nichts wird in Italien so emotional diskutiert wie Essen. Davor sind auch Ikonen nicht sicher. Er werde ab sofort kein Nutella mehr essen, verkündete Matteo Salvini, damaliger Chef der rechtspopulistischen Lega vor einigen Jahren im italienischen Wahlkampf. Die Begründung: Die Nuss-Nougat-Creme sei ihm nicht mehr italienisch genug. »Ich habe entdeckt, dass Nutella türkische Nüsse verwendet und will lieber Betrieben helfen, die italienische Produkte benutzen«, sagte der 51-Jährige, eigentlich als großer Fan des Brotaufstrichs bekannt.

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war – und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Sein Statement löste im Heimatland des Nutellas heftige Reaktionen aus. Denn eines gilt seit Jahrzehnten für den Brotaufstrich, der am kommenden Samstag seinen 60ten Geburtstag feiert: Gefühle werden bei Nutella fingerdick aufgetragen.

Politischer Dickmacher

Nicht zuletzt die politisch brisante Frage, ob mit Butter oder ohne? Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), gewissermaßen vom Fach, hält beides zusammen für eine »eklige Angelegenheit«. Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock hingegen: »Wenn, dann natürlich mit Butter, richtig ungesund.«

Geheimes Originalrezept

Zu Nutella hat jeder eine Meinung. Die wunderbar fetthaltige und total überzuckerte Schokocreme ist bis heute eine der wichtigsten Umsatzbringer des Ferrero-Konzerns, der das Produkt über viele Jahre als Teil eines gesunden Frühstücks inszenierte. Erst im Jahr 2012 erhielt dieser Mythos einen Dämpfer: In den USA hatte eine Mutter den Mutterkonzern Ferrero wegen irreführender Werbung verklagt. Nutella sei nicht, wie behauptet, »Teil eines ausgewogenen Frühstücks«. Das Unternehmen erklärte sich bereit, drei Millionen Dollar Entschädigung an Konsumenten zu zahlen und seine Werbung zu ändern. Dem Erfolg des Brotaufstriches konnte das kaum etwas anhaben. Seit sechs Jahrzehnten verklebt die Nuss-Nougat-Creme Münder auf der ganzen Welt.

Wer hat’s erfunden?

Das erste Glas Nutella verließ am 20. April 1964 den damals noch verhältnismäßig kleinen Familienbetrieb namens Ferrero aus Alba im Piemont. Im Norden Italiens hatte man schon im 19. Jahrhundert damit angefangen, bei der Herstellung von Süßwaren anstelle von Kakaopulver gemahlene Haselnüsse zu verwenden. Das ergab braune Nougatcreme, beispielsweise in Form von Gianduiotti-Pralinen. Die Rohmasse gab es als Aufstrich auch im Laden zu kaufen. Der Sohn des Firmengründers, Michele Ferrero, kam dann auf die Idee, das Ganze in Gläser abzufüllen.

Die »Supercrema«

In den ersten Jahren hieß dies noch »Supercrema«. Der Durchbruch kam aber erst mit der erzwungenen Umbenennung in den 1960ern, weil in Italien seither nichts mehr mit dem Prädikat Super verkauft werden darf: Nut- steht für Nuss, -ella ist eine der klassischen italienischen Endungen. Die Deutschen gehören seit jeher zu den treuesten Kunden von Nutellla. Aus DDR-Zeiten hält sich bis heute aber auch die Konkurrenz von Nudossi am Leben.

Süßer Gigant

Ferrero wurde nicht zuletzt auch wegen des Erfolgs ihres Brotaufstrichs zu einem Giganten der Süßwarenindustrie – ein Markenimperium, spezialisiert auf Schoko-Nuss-Genüsse. Der italienische Konzern verbraucht mehr Haselnüsse als jede andere Firma der Welt. Knapp ein Viertel der weltweiten Ernte soll das Unternehmen kaufen – für Duplo und Hanuta, für Kreationen wie die Rocher-Schoko-Schneemänner. Die meisten Nüsse gehen in die mehr als 400 Millionen Gläser Nutella, die Jahr für Jahr produziert werden. Gut 700.000 Tonnen Nüsse werden in der Türkei pro Jahr geerntet, etwa ein Drittel sichert sich Ferrero.

Geheimrezept mit 72 Stück Würfelzucker

Nach Jahren mit viel Kritik gibt der Konzern heute an, nur noch Palmöl aus zertifiziert nachhaltiger Herstellung zu verwenden. Umweltschützer und Ernährungsberater sehen das Produkt trotzdem kritisch. Nicht zuletzt, weil ein 400-Gramm-Glas 72 Stück Würfelzucker enthält. Der Freude über das Jubiläum soll das aber keinen Abbruch tun. Denn wer fragt am Geburtstag schon nach Kalorien?