Teure "Core Technology Fee": Treibt Apple Freeware-Entwickler in den Ruin?

Teure “Core Technology Fee”: Treibt Apple Freeware-Entwickler in den Ruin?

Developer nutzen Apples frisch aufgesetzten Rechner, um herauszufinden, was sie unter den neuen Regeln zu zahlen hätten. Das Ergebnis macht viele sauer.

Seit Donnerstagabend steht fest, welche neuen Regeln Apple in der Europäischen Union für seinen App Store und sein iOS-Ökosystem umsetzen wird, um es an den Digital Markets Act (DMA) anzupassen. Die geplanten radikalen Änderungen in iOS 17.4, die bereits ab März für den EU-Raum gelten, sorgen bei Entwicklern für Stirnrunzeln. Dabei geht es besonders um eine neue Gebühr, die der Konzern erheben möchte: die sogenannte Core Technology Fee. Diese wird unter zwei Umständen fällig: Entweder, wenn Entwickler alternative App Stores statt den von Apple nutzen, oder wenn sie sich für ein neues Gebührensystem entscheiden, bei dem sich – zumindest auf den ersten Blick – einiges sparen lässt.

Rechner mit erschreckenden Zahlen

Die Core Technology Fee beträgt 50 Euro-Cent für jede App-Installation pro Jahr, sobald eine Schwelle von einer Million Installationen überschritten ist. Mit dem neuen Gebührensystem sinkt die Provision an Apple auf 20 beziehungsweise 12 Prozent (von 30 beziehungsweise 15 Prozent – je nachdem, ob der Entwickler eine Million US-Dollar Umsatz im Jahr überschreitet). Sie gilt auch für Freeware-Anwendungen, wenn man diese über alternative App Stores vertreibt oder für diese das neue Gebührensystem innerhalb von Apples App Store in Anspruch nimmt (wobei letzteres wenig sinnvoll wäre).

Apple hat dazu mittlerweile auch einen Online-Rechner auf seine Entwicklerseite gestellt. Das, was dieser ausspuckt, ist unter Umständen existenzgefährdend. So hat der bekannte Entwickler und Leak-Experte Steve Troughton-Smith bei einer kostenlosen App, die zwei Millionen Installationen im Jahr hat, 41.667 Euro beziehungsweise 45.290 Dollar errechnet – allein für die Core Technology Fee und im Monat. Heißt: Ein erfolgreicher Freeware-Anbieter würde im Jahr 500.000 Euro an Apple abführen müssen, sollte er nicht wie gehabt den App Store (mit alten Regeln) verwenden. Das dürfte niemand freiwillig tun – und populäre Gratisprogramme aus alternativen App Stores heraushalten.

Entwickler nehmen Stellung

Auf Mastodon (und X) ist unterdessen eine heiße Diskussion entbrannt, was von Apples neuen Regeln zu halten ist. So schreibt der Entwickler des Mastodon-Clients Ice Cubes, die neue Core Technology Fee sei ein “verrücktes Risiko”, falls er über eine Million Downloads erreiche. Er sei glücklich, dass er nichts an seiner App-Store-Verwendung ändern muss. Allerdings hält Thomas Ricouard die Gebühr grundsätzlich für “fair”, da Apple “die gesamte Technologie” liefere. Paul Haddad von Tapbots scherzte, es werde bald dazu kommen, dass Apps in bestimmten Ländern die Download-Slots ausgehen. Developer Alexander Blach (Textastic Code Editor) analysierte, dass die jährlichen Installs eher der Anzahl der Apple-Accounts entspreche, die eine App “aktiv” benutzen. “Jedes Update, dass der Nutzer installiert, lässt diesen Nutzer zählen.”

Simon B. Støvring, der Entwicklertools baut, warnte vor den Gefahren plötzlich populär werdender Freeware-Programme. “Da hofft Ihr besser, dass Medien nicht über Eure Gratis-Apps schreiben, Developer.” Andere Entwickler stellten sich die Frage, ob die Entscheidung für das neue Modell nur für einzelne Apps oder den gesamten Account gelten – offenbar ist letzteres geplant. Zur ebenfalls neuen Unterstützung von eigenen Browser-Engines in iOS, die mit 17.4 kommen soll, schrieb Front-End-Entwickler Keith Grant, Apple werde es US-Developern wohl nicht erlauben, unter Chrome und Firefox in iOS zu testen oder zu debuggen. (Womöglich geht das mit einer in der EU zugelassenen Apple-ID.) “Das wird bestimmt ein großer Spaß.” Basecamp-Macher David Heinemeier Hansson kommentierte, das Aufsetzen eines eigenen erfolgreichen App Store mit 100 Millionen Nutzern bedeute 50 Millionen Euro im Jahr an Core-Technology-Fee-Zahlungen. “Das ist überhaupt kein Gatekeeping, EU!”

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