Koalition streitet um Staatsfinanzierung - FDP will beim Sozialen kürzen

koalition streitet um staatsfinanzierung - fdp will beim sozialen kürzen

In der Debatte um Konsequenzen aus dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts hat sich der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr für Sozialkürzungen ausgesprochen.

Im Streit der Koalitionsparteien um die Folgen des Verfassungsgerichts-Urteils zur Haushaltspolitik wird der Ton schärfer. FDP-Fraktionschef Christian Dürr sprach sich für Sozialkürzungen aus, um die Staatsfinanzen zu konsolidieren – und stieß dabei am Montag auf scharfen Widerspruch bei den Ampel-Partnern. Die SPD warf der FDP vor, den Bestand der Koalition zu gefährden. Auch die Grünen lehnen Sozialkürzungen ab.

FDP-Fraktionschef Dürr sieht die Koalition nach dem weit reichenden Urteil aus Karlsruhe in der Pflicht, das Loch in der Staatsfinanzierung zu schließen. “Dabei müssen wir auch darüber reden, wo der Sozialstaat seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten kann”, sagte Dürr den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Montag.” Steuererhöhungen seien mit der FDP nicht zu machen.

Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts fehlen nun 60 Milliarden Euro an Kreditermächtigungen, die für zahlreiche klimapolitische Kernvorhaben der Ampel-Koalition vorgesehen waren. Die Koalition muss deshalb andere Wege zur Finanzierung finden.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wies den Vorschlag der FDP umgehend zurück. “Wo will man denn 60 Milliarden Euro Sozialleistungen kürzen?”, fragte Habeck im Deutschlandfunk. Solche Vorschläge gingen am Ernst der Situation “dramatisch vorbei”. Die Bundesregierung suche weiter nach Möglichkeiten, das Geld auf anderen Wegen bereitzustellen.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sagte den Funke-Zeitungen: “Kürzungen im sozialen Bereich kommen aus unserer Sicht nicht in Frage, weil das gerade in Zeiten hoher Inflation den sozialen Zusammenhalt gefährden würde.”

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Sönke Rix warf der FDP vor, mit solchen Forderungen an der Ampel-Koalition zu rütteln. “Wenn die FDP jetzt Kürzungen bei den Sozialleistungen ins Spiel bringt, spielt sie nicht nur mit dem Zusammenhalt in der Koalition, sondern gefährdet auch massiv den demokratischen Zusammenhalt in unserem Land”, erklärte der Sozialdemokrat.

SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast sagte der “Augsburger Allgemeinen” (Dienstagsausgabe): “Wer eilig Sozialkürzungen fordert, vergisst worauf Deutschlands Stärke fußt: auf dem Ausgleich von wirtschaftlichem Erfolg, Klimaschutz und sozialem Zusammenhalt.”

Vertreterinnen und Vertreter der SPD und der Grünen forderten in Reaktion auf das Karlsruher Urteil bereits eine Lockerung der Schuldenbremse, um den Spielraum bei der Staatsfinanzierung zu vergrößern. Änderungen bei der Schuldenbremse stoßen allerdings auf Widerstand bei der FDP.

Die Schlussfolgerung aus dem Karlsruher Urteil könne “nicht sein, dass man die Schuldenbremse umgeht oder versucht, die Schuldenbremse zu umgehen”, sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai der ARD. “Wir müssen jetzt dieses Urteil zum Anlass nehmen, um die Schuldenbremse zu stärken.”

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hielt sich zunächst zurück mit einer eigenen Positionierung im Koalitionsstreit um die Staatsfinanzierung. Die Bundesregierung prüfe weiter die Folgen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF), und dies werde “auch noch einige Tage dauern”, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Die Auswirkungen des Urteils könnten “überhaupt nicht überschätzt werden”, betonte er.

Mit Blick auf mögliche Auswirkungen warnte Habeck vor steigenden Energiepreisen in Deutschland. Denn das Karlsruher Urteil habe aus seiner Sicht auch Auswirkungen auf den Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds (WSF), sagte er im Deutschlandfunk. “Sollten wir in eine Krise reingeraten, werden wir die Gas- und die Strompreisbremse nicht mehr ziehen können.” Auch könnten die steigenden Netzentgelte dann nicht mehr durch den Staat abgefedert werden, sagte Habeck weiter.

Die Linke forderte am Montag eine Vermögensabgabe für Reiche. Menschen mit einem privaten Nettovermögen von mehr als zwei Millionen Euro sollten mit einer einmaligen Abgabe belastet werden, erklärte Linken-Bundesgeschäftsführer Tobias Bank. “Das wären Peanuts für die Reichen, aber langfristig gesehen rund 310 Milliarden Euro, um in die Zukunft für alle zu investieren.”

pw/mt

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World