Naher Osten: Israel kehrt nach den iranischen Angriffen zum Alltag zurück

naher osten: israel kehrt nach den iranischen angriffen zum alltag zurück

240414 — TEL AVIV, April 14, 2024 — This photo taken on April 14, 2024 shows flares from explosion data-portal-copyright=

Der Iran hat seine Drohung wahr gemacht, scheint aber an einer weiteren Eskalation nicht interessiert zu sein. Sollte Israel nicht zum Gegenschlag ausholen, wäre die Gefahr eines Flächenbrands gestoppt – bis zum nächsten Mal.

Wenige Stunden nach den iranischen Angriffen herrschte in Israel am Sonntag schon wieder weitgehend Alltag. In Jerusalem öffneten die Läden ganz normal, die Bürgerinnen und Bürger gingen einkaufen, Arbeiter hämmerten und bohrten. Nur die Schulkinder blieben zu Hause – sie haben die nächsten zwei Wochen Pessach-Ferien. Wer konnte, arbeitete allerdings im Homeoffice. Von großer Nervosität war jedoch nichts zu spüren. Der Flughafen Ben Gurion nahm am Sonntagmorgen wieder den Betrieb auf, die Nachbarländer Jordanien und Libanon öffneten ihren Luftraum ebenfalls wieder.

Die Israelis sind krisen- und kriegserfahren – und sie haben eine gute Raketenabwehr. Trotzdem war in der Nacht zuvor vieles anders als in der Vergangenheit. Um Viertel vor zwei am Montag fingen Hunde an wie wild zu bellen. Kurz darauf folgten Explosionen, und dann heulte die Raketen-Warn-App auf: „Alarmstufe Rot. Alarmstufe Rot.“

Das heißt: sofort den nächsten Schutzraum oder den im Fall von Raketenbeschuss sichersten Ort in der Wohnung aufsuchen. Manche übernachteten zur Sicherheit in ihren Schutzräumen. Bilder in den sozialen Medien zeigen die Leuchtspuren der Raketenabwehr über der Al-Aksa-Moschee, deren „Befreiung“ die Iraner immer thematisieren.

Nach Angaben der israelischen Streitkräfte (IDF) schoss der Iran 185 Drohnen, 36 Marschflugkörper und 110 ballistische Raketen auf Israel ab. „Die iranische Bedrohung traf auf die technologische Luftüberlegenheit der IDF sowie eine starke Kampfkoalition“, sagte Armeesprecher Daniel Hagari. Gemeinsam habe man 99 Prozent der Drohnen, Marschflugkörper und Raketen abgefangen. „Das ist ein sehr signifikanter strategischer Erfolg.“

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte in einer Stellungnahme in den sozialen Medien: „Wir haben sie abgefangen. Wir haben sie gestoppt. Gemeinsam werden wir siegen.“

Israelischer Luftwaffenstützpunkt getroffen

Die Iraner reklamierten den Sieg dagegen für sich. „Iranischen Raketen und Drohnen ist es gelungen, das angeblich starke israelische Abwehrsystem zu überwinden und in den israelischen Luftraum einzudringen“, sagte General Hossein Salami, Kommandant der mächtigen Revolutionswächter. „Unsere Operation war erfolgreicher als erwartet.“ Die Feinde sollten daraus lernen, hieß es weiter.

Gleichzeitig erklärte er den Angriff fürs Erste für beendet. „Im Fall einer israelischen Aggression wird unsere Reaktion stärker ausfallen.“ Ähnlich äußerte sich der Kommandant der Streitkräfte, General Mohammed Bagheri. Die Vergeltung sei erfolgreich gewesen und damit vorbei.

Eine der Raketen hat den israelischen Luftwaffenstützpunkt Nevatim in der Negevwüste getroffen, von wo aus Israel Angriffe auf den Gazastreifen fliegt. Laut der Armee richtete der Einschlag nur geringen Schaden an. Von den herumfliegenden Trümmerteilen wurden jedoch zwei Beduinenkinder getroffen und verletzt.

Der Iran droht Israel schon seit der Islamischen Revolution und der Machtübernahme durch die Mullahs mit der Vernichtung. Seit Jahren liefern sich beide Länder einen Schattenkrieg, wobei die Iraner vor allem auf die von ihnen unterstützten Milizen in der Region setzen, allen voran die Hisbollah im Libanon, die Israel seit Beginn des Kriegs in Gaza im Oktober vergangenen Jahres mit Raketen und Drohnen beschießt.

Nun jedoch haben die Iraner Israel zum ersten Mal direkt angegriffen. Es war eine Vergeltung für die Tötung von sieben Offizieren der Revolutionswächter bei einem Angriff auf ein Nebengebäude der iranischen Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus, der auf das Konto Israels gehen soll.

Israel hat in den vergangenen Monaten mehrere Offiziere der Revolutionswächter getötet. Zudem wird es für Sabotageakte und eine Serie von Morden an Atomwissenschaftlern, unter ihnen der „Vater des Nuklearprogramms“ Mohsen Fakhrizadeh, im November 2020 verantwortlich gemacht.

Der Iran reagierte darauf mit dem Beschuss angeblicher Vertretungen des israelischen Geheimdienstes Mossad im kurdischen Nordirak und der Planung von Anschlägen auf Israel im Ausland. Diplomatische Vertretungen sind jedoch Hoheitsgebiet – deshalb sah Teheran die Tötungen in Damaskus als direkten Angriff auf sein Staatsgebiet und drohte mit harter Vergeltung.

Wichtiger Friedensvertrag mit Jordanien

Vieles spricht derzeit dafür, dass Teheran zwar Vergeltung üben, den Schaden aber in Grenzen halten wollte. Andernfalls hätte das Land sehr viel mehr Raketen und Drohnen abfeuern müssen. Die Iraner ließen durchsickern, wann sie angreifen wollten und was ungefähr zu erwarten war. Zudem erklärten sie, sie würden amerikanische Ziele nicht attackieren, solange die USA ihrerseits nicht den Iran angriffen. Daraufhin liefen die diplomatischen Drähte heiß.

Der amerikanische Sondergesandte Brett McGurk rief die Außenminister Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Katars und des Iraks an und bat diese zu vermitteln. Neben den arabischen Außenministern telefonierten auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sowie ihre australischen und britischen Amtskollegen mit Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian.

Obwohl die rechte israelische Regierung unter Netanjahu Jordanien gern mit Verachtung straft, zeigte sich in der jetzigen Krise, wie wichtig der Friedensvertrag mit dem Nachbarland ist. Jordanien öffnete nicht nur den Luftraum für Israels westliche Verbündete, unbestätigten Berichten zufolge hat es selbst einige Drohnen oder Raketen abgeschossen.

Militärisch konnte Israel einmal mehr auf den amerikanischen Präsidenten Joe Biden zählen. Trotz aller Kritik, die er in jüngster Zeit am Krieg in Gaza äußerte, versicherte er Netanjahu jetzt seine „eiserne Unterstützung“.

Der Chef des in Katar ansässigen Zentralkommandos, General Michael Kurilla, reiste nach Tel Aviv, wo er drei Tage blieb und die Vorbereitungen eng mit den Israelis koordinierte. Darüber hinaus beteiligten sich auch Großbritannien und Frankreich am Militäreinsatz, um die Bedrohung abzuwenden.

Israelische Kommentatoren betonten am Sonntag die erfolgreiche Abwehr und die Niederlage, die der Iran erlitten habe. Ohne die große Unterstützung durch die westlichen Verbündeten und Jordaniens sowie die diplomatischen Bemühungen hätte es anders ausgehen können. Sollte Israel nicht zum Gegenschlag ausholen, wäre die Gefahr eines Flächenbrands gestoppt – bis zur nächsten Eskalation.

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