Studie der TU Berlin: Judenhass pur im Internet

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„Nie wieder ist jetzt“ gilt auch in der digitalen Welt. Unser Bild zeigt die Projektion des Schriftzugs auf dem Brandenburger Tor am 9. November des vergangenen Jahres, dem Jahrestag der Progromnacht.

Latenter Antisemitismus in den sozialen Medien ist einer Studie der Technischen Universität Berlin zufolge nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 in puren Hass und Gewaltverherrlichung umgeschlagen. In dem länderübergreifenden Forschungsprojekt habe ein internationales Team seit 2020 untersucht, wo und wie Antisemitismus in den Kommentarbereichen seriöser deutscher, britischer und französischer Medien offen oder verdeckt vorkommt.

Wie Studienleiter Matthias Becker vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin sagte, wurden 130.000 Nutzer-Kommentare auf Zeitungs-Websites sowie auf deren Seiten bei Facebook, Youtube, X, Instagram und Tiktok ausgewertet. Darunter waren Medien wie „The Guardian“, „Le Monde“ und „Die Zeit“.

Ein Großteil antisemitischer Einlassungen in diesem „politisch gemäßigten Online-Milieu“ laufe codiert: „80 bis 85 Prozent des Antisemitismus sind implizit, also in Form von Anspielungen, Wortspielen, rhetorischen Fragen.“ Dazu gehörten Wortspiele wie „Zionazis“ und „Satanyahu“ sowie Anspielungen wie „Globalisten mit Schläfenlocken“ oder „jemand sollte Soros eine ‚Dusche‘ geben“.

Der 7. Oktober habe eine völlig neue Form antisemitischer Kommunikation hervorgerufen, sagte Becker. Der Diskurs habe sich von Stereotypen und Analogien entfernt und sei in sogenannte Selbstpositionierungen umgeschlagen.

Der 7. Oktober habe dann vorübergehend international eine völlig neue Form antisemitischer Kommunikation hervorgerufen, sagte Becker. Zudem habe sich die Anzahl judenfeindlicher Kommentare und Reaktionen verdreifacht. Der Diskurs habe sich von Stereotypen und Analogien entfernt und sei in sogenannte Selbstpositionierungen umgeschlagen.

„Hamas-Terror offen gutgeheißen“

„Der Hamas-Terror vom 7. Oktober wurde von den Userinnen und Usern offen gutheißen, begrüßt und gerechtfertigt, und Gewalt hat den Ton angegeben“, sagte Becker. Dies reiche von Kommentaren wie „Das sollte jetzt jeden Tag passieren“ über „Die weiblichen Opfer verdienen das“ bis hin zu „Ich will, dass Juden umkommen, weil sie das Übel der Welt sind“.

In britischen Medien waren das nach Beckers Angaben teils mehr als 50 Prozent der Kommentare, in französischen Medien teils sogar 60 Prozent und in Deutschland bis zu 25 Prozent. Einen solchen Paradigmenwechsel habe er nicht erlebt, seitdem es das interaktive Web gibt, sagte er. Später sei der Diskurs zu den üblichen Mustern der Dämonisierung Israels, NS- und Apartheid-Analogien sowie dem Genozidvorwurf zurückgekehrt.

Das Forscherteam hat für den ganzen Untersuchungszeitraum erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern festgestellt. So sei in Großbritannien in den untersuchten Medien Antisemitismus von konservativ bis links am meisten verbreitet, gefolgt von Frankreich und Deutschland.

Für die Analyse der einzelnen User-Kommentare entwickelten die Forscher ein 160-Punkte-Kategoriensystem, um verwendete Codierungen und Schlüsselbegriffe in den Kommentaren aufzuspüren. Insgesamt erstellte das Team 27 Fallstudien nach verschiedenen Ereignissen. „Wir gehen davon aus, dass wir aber nur die Spitze des Eisbergs kennen“, sagte Becker.

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