Drohnen-Krieg in der Ukraine: "Patriot" soll schützen

Russland greift die Ukraine weiter mit Drohnen an, die sich auf gleiche Weise wehrt. Es gab schon mehrere Tote an diesem Wochenende. Nun will Deutschland ein weiteres Flugabwehrsystem an die Ukraine liefern.

Patriot-System der Bundeswehr in Warbelow (Archiv)

Seit mehr als zwei Jahren verteidigt sich die Ukraine gegen Russland. Am frühen Sonntagmorgen meldeten beide Seiten erneute Angriffe mit unbemannten Flugkörpern: Die Ukraine ist nach Angaben ihrer Luftwaffe von Russland mit zehn Drohnen attackiert worden. Ziel war die ostukrainische Millionenstadt Charkiw. In der Stadt, die seit Wochen immer wieder aus der Luft beschossen wird, waren Explosionen zu hören.

“Charkiw ist Gefahrenzone. Die Stadt wird von Shahed-Drohnen angegriffen”, teilte Bürgermeister Ihor Terechow mit. Angaben zu Verletzten gibt es bisher nicht. Die Drohnen seien alle von der Luftabwehr zerstört worden, so das ukrainische Militär. Zudem habe Russland vier Raketen auf die Ukraine abgefeuert. Was aus den Geschossen wurde, teilte die Luftwaffe nicht mit.

Russlands Luftabwehr hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau zehn von der Ukraine aus gestartete Drohnen über der südrussischen Region Krasnodar zerstört und fünf weitere über dem Schwarzen Meer. Das Ministerium machte keine Angaben dazu, ob es zu Schäden infolge des Angriffs kam.

Am Freitag war der russisch kontrollierte Ort Tokmak im Süden der Ukraine angegriffen worden. Nach Darstellung der dort von Russland eingesetzten Behörden wurde der Ort vom ukrainischen Militär beschossen. Es gab Todesopfer und Verletzte.

Russische Rettungskräfte beim Einsatz in Tokmak (am Samstag)

Inzwischen ist die Zahl der Toten nach Angaben der dortigen Behörden auf 16 gestiegen. 20 Menschen seien bei dem Angriff vom Freitag verletzt worden. Zwölf von ihnen befänden sich in kritischem Zustand. Ein weiterer Mann wurde nach russischen Angaben durch ukrainischen Beschuss der besetzten Stadt Oleschky in der südlichen Region Cherson getötet.

Tokmak liegt in der teilweise russisch besetzten südukrainischen Region Saporischschja. Diese ist eine von vier Regionen, die russische Truppen nach ihrem Einmarsch im Februar 2022 teilweise unter ihre Kontrolle gebracht haben und die seitdem von Moskau annektiert wurden.

Weiteres Patriot-System aus Deutschland

Die Ukraine kann in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg bald auf ein drittes Patriot-Flugabwehrsystem aus Deutschland setzen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte die Lieferung persönlich in einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu, wie ein Regierungssprecher in Berlin mitteilte. Beide seien sich dabei einig gewesen, “dass auch weitere Anstrengungen von Partnern” für die Stärkung der ukrainischen Luftverteidigung erforderlich seien.

Selenskyj bedankte sich und betonte dabei die Bedeutung der Unterstützung aus Berlin: “Die Führungsrolle Deutschlands ist wirklich spürbar, und dank dieser Führungsrolle werden wir in der Lage sein, Tausende Menschenleben zu retten und der Ukraine mehr Schutz vor dem russischen Terror zu bieten”, sagte Selenskyj am Samstag in seiner allabendlichen Videoansprache.

Selenskyj deutete an, dass er in dem Telefonat mit Scholz auch über weitere Waffenlieferungen gesprochen habe: “Wir arbeiten mit Deutschland auch an einem zusätzlichen Iris-T-System, das ebenfalls ein starkes Luftabwehrsystem ist, und an Raketen für unsere bestehenden Luftabwehrsysteme.”

Präsident Selenskyj (Mitte) bei einem Truppenbesuch in Kiew (am Samstag)

Zugleich rief Selenskyj andere Länder auf, dem Beispiel Deutschlands zu folgen. Außer von der deutschen Bundeswehr hat die Ukraine Patriot-Systeme auch aus den USA und den Niederlanden erhalten. Da das russische Militär mehrfach behauptet hat, die dazugehörigen Abschussrampen zerstört zu haben, ist nicht bekannt, wie viele Einheiten noch im Einsatz sind.

Selenskyj hatte zuletzt immer wieder Patriot-Abwehrsysteme für den Schutz des Luftraums gegen russische Raketen- und Drohnenangriffe gefordert. Um den Luftraum abzuriegeln, seien 25 Systeme mit jeweils sechs bis acht Batterien nötig, sagte Selenskyj Anfang April.

Ukrainisches Militär unter Druck

In den vergangenen Wochen hat das russische Militär den Druck auf die Ukraine erhöht und verstärkt die Energie-Infrastruktur mit Bomben- und Raketenangriffen attackiert. Entlang der gesamten Frontlinie im Osten und Süden der Ukraine geraten die ukrainischen Verteidiger immer mehr unter Druck. “Die Lage an der Front ist in einigen Gebieten schwierig”, räumte Präsident Selenskyj am Samstagabend ein, ohne Details zu nennen.

Durch einen Luftangriff zerstörtes ukrainisches Kraftwerk am Freitag (Standort unbekannt)

Ähnlich hatte sich vor ihm der ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj geäußert. “Die Lage an der Ostfront hat sich in den vergangenen Tagen deutlich zugespitzt”, ließ Syrskyj am Samstag verlauten. Dies hänge mit verstärkten Offensivbemühungen der russischen Truppen nach der Präsidentenwahl in Russland zusammen, meinte er.

Besonders heikel ist seiner Einschätzung nach die Lage um die im Gebiet Donezk gelegenen Städte Lyman, Bachmut und Pokrowsk. Gerade in Pokrowsk, westlich der erst zu Jahresbeginn von den Russen eroberten Stadt Awdijiwka, versuche das russische Militär unter Einsatz Dutzender Panzer die Verteidigungslinien zu durchbrechen.

Syrskyj forderte die Aufrüstung der ukrainischen Armee mit hoch entwickelten Waffen wie Hightech-Drohnen. Nur mit technologischen Neuerungen könne es gelingen, das numerische Übergewicht der russischen Angreifer auszugleichen. Wegen des Mangels an Munition und Waffen sind die Ukrainer zuletzt immer stärker in die Defensive geraten.

AR/se (dpa, rtr, afp)

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