Sorge um Ampelkoalition: SPD-Chefin Esken ermahnt FDP vor Parteitag zu staatspolitischer Verantwortung

Die schwächelnde FDP will am Wochenende auf einem Parteitag ihr Profil schärfen. Steuert sie auf ein Ende der Ampel-Koalition zu? Vom Koalitionspartner kommt ein dringender Appell.

sorge um ampelkoalition: spd-chefin esken ermahnt fdp vor parteitag zu staatspolitischer verantwortung

Co-Vorsitzende der SPD: Saskia Esken.

Die FDP bestimmt am Wochenende auf einem Parteitag in Berlin ihre weiteren Ziele in der Regierungskoalition mit SPD und Grünen. Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken hat zuvor die Gemeinsamkeiten des Koalitionsprojekts beschworen und die Freidemokraten davor gewarnt, Zweifel am Zusammenhalt zu nähren.

„Angesichts der gegenwärtigen internationalen Krisen widerspräche es staatspolitischer Verantwortung, die deutsche Position zu schwächen, indem man die Koalition infrage stellt“, sagte Esken dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Sie fügte hinzu: „Wir haben noch einiges gemeinsam vor. Und man darf bei allen Differenzen nicht vergessen: Vieles wird ohne jeden Streit beschlossen und umgesetzt.“

Wir haben diese Koalition mit viel Mut geschlossen – und auch aus staatspolitischer Verantwortung.

Saskia Esken, Co-Vorsitzende der SPD

Die SPD-Chefin verwies auf die Gründungsidee des Ampelbündnisses: „Wir haben diese Koalition mit viel Mut geschlossen – und auch aus staatspolitischer Verantwortung. Die Idee war, dass sehr unterschiedliche Partner das Land genau dadurch voranbringen können, dass sie ihre unterschiedlichen Ideen zusammenfügen.“

Die FDP schwächelt derzeit in Umfragen wie dem aktuellen Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel. In einem Leitantrag für den Parteitag wird die Forderung nach einer „Wirtschaftswende“ in Deutschland und Priorität für Wachstum bekräftigt. „Unser Land ist derzeit nicht wettbewerbsfähig“, heißt es darin. „Die Wirtschaft stagniert wie in keinem anderen Industrieland. Ausufernde Bürokratie, hohe Energiepreise, ein hohes Steuer- und Abgabenniveau sowie akuter Fachkräftemangel bremsen die deutsche Wirtschaft erheblich aus.“

Gleichzeitig belaste „ein übergroßer Sozialhaushalt die finanziellen Möglichkeiten von Staat und Gesellschaft“. Mit Vorschlägen zur Wirtschaftsbelebung durch Steuerentlastungen und Verschärfungen bei Sozialleistungen hatte die FDP bereits vor dem Delegiertentreffen vor allem die SPD gegen sich aufgebracht – und Spekulationen angeheizt, ob die Koalition wegen sehr unterschiedlichen Positionen von SPD, Grünen und FDP durchhält.

Am Samstag wird der FDP-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Christian Lindner seiner Partei einen Rechenschaftsbericht abgeben und die Tonart setzen. Nachmittags wird die FDP-Spitzenkandidatin zur Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sprechen. Bis Sonntag sollen zahlreiche Anträge verabschiedet werden.

Auf dem Parteitag will der Vizevorsitzende Johannes Vogel einen weiteren Schwelbrand der Koalition anheizen: mit der Forderung nach Überarbeitung des Rentenpakets, mit dem die Regierung eine Aktienrente einführen und das Rentenniveau stabil halten will. Der Koalitionsvertrag sehe vor, dass die sogenannte Haltelinie für das Rentenniveau „generationengerecht abgesichert sein muss“, erklärte er. „Ich beantrage daher auf dem Parteitag, dass wir Korrekturen einfordern.“

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Lindner hatten das sogenannte Rentenpaket II Anfang März vorgestellt. Vogel möchte den geplanten Aufbau eines Kapitalstocks auf dem Aktienmarkt in Richtung einer echten Aktienrente nach schwedischem Vorbild forcieren. Er stellte zudem die so­genannte Rente mit 63 infrage. Seinen Vorstoß hatte er bereits Ende März vorgebracht und bei der SPD Kritik geerntet.

Auf dem Portal „web.de“ rechtfertigte Vogel die teils heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Koalitionspartnern. Künftig müssten häufiger Parteien mit sehr unterschiedlichen Positionen koalieren, sagte er.

Unter solchen Bedingungen sei es unrealistisch, dass „allein hinter den Kulissen debattiert“ werde. „Wir haben es hier mit einer Veränderung unserer politischen Kultur zu tun.“ (lem, dpa)

News Related

OTHER NEWS

Ukraine-Update am Morgen - Verhandlungen mit Moskau wären „Kapitulationsmonolog" für Kiew

US-Präsident Joe Biden empfängt Wolodymyr Selenskyj im Weißen Haus. Evan Vucci/AP/dpa Die US-Regierung hält Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zum jetzigen Zeitpunkt für „sinnlos”. Bei einem Unwetter in Odessa ... Read more »

Deutschland im Wettbewerb: Subventionen schaden dem Standort

Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. November 2023 im Bundestag Als Amerikas Präsident Donald Trump im Jahr 2017 mit Handelsschranken und Subventionen den Wirtschaftskrieg gegen China begann, schrien die Europäer auf ... Read more »

«Godfather of British Blues»: John Mayall wird 90

John Mayall hat Musikgeschichte geschrieben. Man nennt ihn den «Godfather of British Blues». Seit den 1960er Jahren hat John Mayall den Blues geprägt wie nur wenige andere britische Musiker. In ... Read more »

Bund und Bahn: Einigung auf günstigeres Deutschlandticket für Studenten

Mit dem vergünstigten Deutschlandticket will Bundesverkehrsminister Wissing eine junge Kundengruppe dauerhaft an den ÖPNV binden. Bei der Fahrkarte für den Nah- und Regionalverkehr vereinbaren Bund und Länder eine Lösung für ... Read more »

Die Ukraine soll der Nato beitreten - nach dem Krieg

Die Ukraine soll nach dem Krieg Nato-Mitglied werden. Die Ukraine wird – Reformen vorausgesetzt – nach dem Krieg Mitglied der Nato werden. Das hat der Generalsekretär des Militärbündnisses, Jens Stoltenberg, ... Read more »

Präsidentin droht Anklage wegen Tod von Demonstranten

Lima. In Peru wurde eine staatsrechtlichen Beschwerde gegen Präsidentin Dina Boluarte eingeleitet. Sie wird für den Tod von mehreren regierungskritischen Demonstranten verantwortlich gemacht. Was der Politikerin jetzt droht. Perus Präsidentin ... Read more »

Novartis will nach Sandoz-Abspaltung stärker wachsen

ARCHIV: Das Logo des Schweizer Arzneimittelherstellers Novartis im Werk des Unternehmens in der Nordschweizer Stadt Stein, Schweiz, 23. Oktober 2017. REUTERS/Arnd Wiegmann Zürich (Reuters) – Der Schweizer Pharmakonzern Novartis will ... Read more »
Top List in the World