Ein Fahrscheinautomaten im Bahnhof Potsdamer Platz. Wer das neue Berlin-Abo hat oder ein Deutschlandticket besitzt, kann sie sich sparen.
Ganz Berlin für 29 Euro im Monat: Ein solches Ticket für den öffentlichen Nahverkehr in dieser Stadt soll es bald wieder geben. Bereits am kommenden Donnerstag soll der Verkauf starten, bestätigte die Senatsverwaltung für Verkehr auf Anfrage.
Doch weder die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) noch der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) wollen sich auf diesen Termin festnageln lassen. Warum nicht?
Kommt es, oder kommt es nicht? Und wenn ja, wann? Das sind Fragen zum neuen Berlin-Abo, die sich auch kurz vor knapp immer noch nicht abschließend beantworten lassen. Pech für die Bus- und Bahn-Nutzer in Berlin, die darauf warten. Mit dem Versprechen, dass das 29-Euro-Ticket einen Nachfolger bekommt, war die SPD im vergangenen Jahr in die Wiederholungswahl gezogen. Zuletzt hieß es, dass das neue Abonnement zum Juli komme. Derzeit mutet die Lage aber eher unübersichtlich an.
„Ich gehe weiterhin davon aus, dass der 18. April der Starttermin für den Vorverkauf ist“, sagt jedenfalls Britta Elm, Sprecherin von Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU). „Eine andere Information habe ich nicht.“ Der kommende Donnerstag war in der Tat als Startzeitpunkt im Gespräch, nachdem klar geworden war, dass der zuletzt genannte Termin 8. April nicht klappen würde.
Andere Beteiligte äußerten sich dagegen zurückhaltend. „Den 18. April können wir so nicht bestätigen, es soll im Laufe des April losgehen“, teilt VBB-Sprecher Joachim Radünz der Berliner Zeitung mit. „Wir informieren rechtzeitig vorher.“ Auch bei der BVG bleibt man vage. Dem Vernehmen nach soll es im April so weit sein, hieß es bei dem Landesunternehmen. Im Übrigen würde die Information zentral über den Verkehrsverbund erfolgen. Dagegen heißt es bei der S-Bahn Berlin auf die Frage der Berliner Zeitung, ob der 18. April nun gekippt sei, nur kurz und knapp: „Nein.“
Immerhin: Aus den Antworten geht hervor, dass das neue Berlin-Abo tatsächlich kommen soll – wenigstens nach dem jetzigen Stand.
Dabei gibt es noch einige gravierende Ungewissheiten, insbesondere bei der Finanzierung. Wie berichtet, käme das Nachfolgeangebot zum vor knapp einem Jahr abgeschafften 29-Euro-Ticket das Land Berlin teuer zu stehen – mit 300 Millionen Euro pro Jahr. Zu addieren wäre der Berliner Landesanteil an den Kosten des Deutschlandtickets, das natürlich weiterläuft: 135 Millionen Euro pro Jahr. Zugleich fordert Finanzsenator Stefan Evers (CDU) von allen Senatsverwaltungen, dass sie ihre Ausgaben um 5,9 Prozent kürzen. Würde die Koalition an der Einführung des neuen Tickets festhalten, müsste Verkehrssenatorin Schreiner anderswo heftige Einschnitte vornehmen.
Wie berichtet, hat Manja Schreiners Verwaltung Ende März schon mal die Tarifgenehmigung erteilt. Doch es gilt ein wichtiger Vorbehalt: Wenn die Finanzierung des Berlin-Abos nicht sichergestellt werden kann, wird die Genehmigung widerrufen. Nicht nur für die Berliner, die auf das neue Angebot warten, bedeutet dies eine Hängepartie. BVG und S-Bahn haben schon viele Vorbereitungen geleistet, die nicht umsonst gewesen sein sollen. Schließlich steht ein enormes Arbeitspensum an.
Für sie bedeutet der Verkaufsstart vor allem, die heutigen Stammkunden über das neue Angebot informieren und ihnen Gelegenheit geben zu müssen, zum Berlin-Abo zu wechseln. Im Zentrum der Kampagne werden die fast 900.000 Berliner stehen, die momentan noch das Deutschlandticket für 49 Euro im Monat nutzen. Die Verkehrsunternehmen werden sie fragen, ob sie dem bundesweit gültigen Abo treu bleiben – oder zum neuen Berlin-Abo wechseln.
Wer das Angebot annimmt, braucht ein neues Ticket: Auch das wird viel Arbeit mit sich bringen. Zwar wollen der VBB und die Unternehmen versuchen, möglichst vielen Kunden ein Handyticket schmackhaft zu machen. Aber klar ist auch, dass ein großer Anteil auf eine Chipkarte bestehen wird. Als vor einem Jahr das Deutschlandticket eingeführt wurde, brauchten Hunderttausende BVG-Abonnenten neue Plastikkarten, was der SPD-Politiker Jan Lehmann als klimaschädlich kritisierte. Jetzt heißt es bei der BVG: „Wir arbeiten an einer Lösung, mit der unsere Bestandskund:innen bei einem Wechsel in das Berlin-Abo keine neue Chipkarte benötigen.“
Die Verkehrsunternehmen erwarten auch, dass Tausende Stammkunden anrufen, chatten oder ins Kundenzentrum kommen, weil sie noch Fragen haben. Der Beratungsbedarf wird als immens eingeschätzt. So hat sich in Berlin offenbar noch nicht überall herumgesprochen, dass das neue Ticket keine Monatskarte, sondern ein Jahresabonnement sein wird. Die Regel lautet, dass dieses Abo ein Jahr lang unkündbar sein wird. Als persönliches Ticket darf es nicht von anderen Menschen genutzt werden. Immerhin: Ein Hund darf gratis mitgenommen werden – ein Fahrrad dagegen nicht.
Hinter den Kulissen gibt es weitere Gespräche. Die CDU wiederum beobachtet genau, wie sich der Koalitionspartner SPD in den nächsten Wochen verhält. Bei den Sozialdemokraten hat es Bedenken gegeben, ob das neue 29-Euro-Ticket finanziell tragbar sei, inzwischen scheinen die Sorgen wieder abgeebbt zu sein. Einiges wird davon abhängen, wen der SPD-Landesparteitag am 25. Mai zur neuen Landesspitze wählt.
Es bleibt spannend – nicht nur für die Fahrgäste, auch für die Verkehrsunternehmen in Berlin. „Es wird nicht passieren, dass wir die Risiken übernehmen“, hieß es am Freitag.
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