Zweistaatenlösung: EU erhöht Druck auf Israel, Deutschland kritisiert Netanjahu

zweistaatenlösung: eu erhöht druck auf israel, deutschland kritisiert netanjahu

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock

Ähnlich äußerten sich auch etliche andere Ministerinnen und Minister und kritisierten insbesondere den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Dieser hatte am Wochenende erneut deutlich gemacht, dass er eine Zweistaatenlösung nach dem Ende des Gaza-Krieges ablehnt. „Ich werde keine Kompromisse eingehen, wenn es um die volle israelische Sicherheitskontrolle über das gesamte Gebiet westlich des Jordans geht – und das steht im Widerspruch zu einem palästinensischen Staat“, schrieb er auf X (früher Twitter).

Der französische Außenminister Stéphane Séjourné bezeichnete die Äußerungen Netanjahus in Brüssel als beunruhigend. Es brauche einen Staat für die Palästinenser und keine endlose Besatzung, forderte er. Der Ire Micheál Martin nannte Netanjahus Aussagen „inakzeptabel“. Der luxemburgische Außenminister Xavier Bettel sagte: „Wenn die Israelis glauben, dass die Zweistaatenlösung keine Lösung ist, dann sind sie ziemlich isoliert.“

Der jordanische Außenminister Aiman Safadi kritisierte, mit ihrem Nein widersetze sich die israelische Regierung der gesamten internationalen Gemeinschaft. Er war ebenso wie seine Kollegen aus Saudi-Arabien, Ägypten und dem Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten zu den Gesprächen in Brüssel eingeladen. Zudem gab es in gesonderten Runden auch einen Austausch mit dem israelischen Außenminister Israel Katz sowie dem Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki.

Ob der steigende Druck auf Israel Wirkung zeigen kann, gilt allerdings als fraglich. Nach Angaben des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell zeigte sich der israelische Außenminister in den Gesprächen beim Thema nicht kompromissbereit. Stattdessen stellte Katz den Angaben des Spaniers zufolge Pläne für eine künstliche Insel vor der Küste des Gazastreifens und eine Eisenbahnverbindung mit Indien vor. Die Insel-Pläne sehen nach früheren Angaben von Katz vor, dort unter anderem einen Hafen und möglicherweise sogar einen Flughafen zu errichten. Warenflüsse und Reisende könnte so effizient kontrolliert werden.

Borrell legte eine mögliche Strategie für eine Zweistaatenlösung im Nahostkonflikt vor. „Wir müssen aufhören, über den Friedensprozess zu sprechen und anfangen, konkreter über den Prozess der Zweistaatenlösung zu reden“, sagte der Spanier am Montag bei einem Treffen der EU-Außenminister mit Kollegen aus dem Nahen Osten. Er wisse, dass dies ein schwieriges Thema sei. Es gebe aber die moralische Verpflichtung, alles dafür zu tun, um nach einer Lösung zu suchen.

Zu Details seines Konzepts äußerte sich Borrell zunächst nicht. Es sollte am Montag aber als Grundlage für die Beratungen dienen. Zu den Gesprächen in Brüssel wurden der Generalsekretär der Liga der Arabischen Staaten, Ahmed Abul Gheit, sowie die Außenminister aus Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien erwartet. Zudem waren in gesonderten Runden auch ein Austausch mit dem israelischen Außenminister Israel Katz sowie dem Außenminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Riad Malki, vorgesehen.

Nach Angaben von Borrell ist es vor allem wichtig zu untersuchen, welche Ursachen derzeit die Umsetzung einer Zweistaatenlösung verhindern. „Die Hamas ist eine von ihnen – eine wichtige – aber es gibt noch andere“, sagte er mit Blick auf Widerstände in Israel. Zu dem aktuellen israelischen Militäreinsatz im Gazastreifen sagte er, Frieden und Stabilität können nicht nur mit militärischen Mitteln geschaffen werden.

Eine Mehrheit der Israelis lehnt inzwischen eine Zweistaatenlösung ab. Viele befürchten, dass es damit auch aus dem Westjordanland Raketen auf israelische Orte hageln könnte. Außerdem argumentieren manche, ein unabhängiger Staat ausgerechnet nach dem beispiellosen Massaker vom 7. Oktober komme einer Belohnung dafür gleich. Die islamistische Hamas ist ebenfalls gegen eine Zweistaatenlösung. Sie strebt die Zerstörung Israels an.

EU-Diplomaten befürchten, dass Netanjahu auf einen Sieg von Donald Trump bei der US-Präsidentenwahl im Herbst setzt. Der Republikaner hatte Netanjahu in seiner ersten Amtszeit stark unterstützt und unter anderem verkündet, dass die USA den israelischen Siedlungsbau im Westjordanland nicht mehr kategorisch als völkerrechtswidrig betrachten würden. Trumps Nachfolger Biden hat diesen Kurs wieder korrigiert. Der Demokrat fordert stattdessen von Israel Offenheit für eine Zweistaatenlösung.

Als wenig erfolgversprechend wird von mehreren Teilnehmern des Ministertreffens auch ein Vorstoß des EU-Außenbeauftragten Borrell für eine Friedenskonferenz-Initiative angesehen, die im ersten Schritt Spitzengespräche ohne die Palästinenser und Israelis umfassen könnte. „Es hat keinen Wert, dass wir wieder Friedenskonferenzen organisieren, wenn keiner da ist und oder alle und dann Israel das Gefühl hat, dass sie vor einem Gericht stehen“, sagte beispielsweise der luxemburgische Außenminister Bettel.

Ein zurückhaltenderes Vorgehen könnte nach Angaben von EU-Diplomaten vorsehen, erst einmal auf weitere Feuerpausen in dem aktuellen Gaza-Krieg zu drängen, mit dem Israel derzeit auf das schlimmste Massaker in seiner Geschichte reagiert. Bei diesem waren auf israelischer Seite 1200 Menschen getötet und mehr als 250 als Geiseln genommen worden. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Seither sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen mehr als 25.000 Menschen getötet worden. Rund 70 Prozent davon sind nach UN-Angaben Frauen und Minderjährige.

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