Saudi-Arabien übernimmt Vorsitz der Uno-Frauenrechtskommission – Menschenrechtler entsetzt

In Saudi-Arabien müssen Ehefrauen ihrem Mann gehorchen, so will es das Gesetz. Trotzdem erhält das Königreich nun den Vorsitz im wichtigsten Uno-Gremium zum Thema Gleichberechtigung.

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Saudi-Arabien übernimmt Vorsitz der Uno-Frauenrechtskommission – Menschenrechtler entsetzt

Schon als 2022 bekannt wurde, dass Saudi-Arabien ab April 2023 einen Sitz in der Uno-Frauenrechtskommission (CSW) bekommt, war die Entrüstung bei vielen Experten und Menschenrechtsorganisationen groß gewesen. Dieser Ärger dürfte mit der jüngsten Entscheidung noch einmal größer werden. Denn wie unter anderem der britische »Guardian« meldet, übernimmt Saudi-Arabien nun sogar den Vorsitz des wichtigsten Gremiums der Vereinten Nationen zur Gleichberechtigung der Geschlechter.

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Schon vor der Entscheidung, die sich in den vergangenen Tagen abgezeichnet hatte, hatte etwa Amnesty International deutliche Worte gefunden. »Die Kommission hat einen klaren Auftrag, Frauenrechte und Geschlechtergleichheit voranzubringen und es ist entscheidend, dass dies auch vom Vorsitz verkörpert wird. Saudi-Arabien hat eine unterirdische Bilanz, wenn es um den Schutz und die Förderung von Frauenrechten geht«, schrieb Sherine Tadros von Amnesty.

Vorsitzender wird Abdulaziz Alwasil, Saudi-Arabiens Uno-Abgesandter. Laut »Guardian« hatte keiner der Abgesandten aus 45 Ländern beim Jahrestreffen der CSW Widerspruch gegen seine Nominierung laut werden lassen. Gegenkandidaten gab es demnach ebenfalls nicht.

Eigentlich hatten die Philippinen den Vorsitz für zwei Jahre inne. Andere Mitglieder aus Asien hatten das Land aber bedrängt, nach einem Jahr den Sitz zu übergeben. Bangladesch war eigentlich als Nachfolger vorgesehen gewesen, stattdessen drängte sich Saudi-Arabien mit viel Lobbyarbeit an die Spitze.

Louis Charbonneau von Human Rights Watch wurde bei X (ehemals Twitter) deutlich: »Saudi-Arabiens Wahl an die Spitze der Uno-Frauenrechtskommission zeigt eine schockierende Missachtung von Frauenrechte überall.« Ein Land, das Frauen schon für den Kampf für Frauenrechte einsperre, habe keinerlei Anspruch auf einen solchen Posten, so Charbonneau weiter.

Er kritisierte auch die anderen Länder in der Kommission, die den Wechsel nicht verhindert hätten. »Wenn sich alle gerade gemacht hätten, wäre das nicht passiert. Aber alle haben geschwiegen.«

Mit Reformen, wie etwa der Erlaubnis zum Autofahren für Frauen, versucht Saudi-Arabien, sein Image nach außen aufzupolieren. Zugleich herrschen in dem ultrakonservativen Land jedoch weiter zutiefst patriarchische Strukturen.

Das Gesetz schreibt etwa vor, dass eine Frau die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen muss, um zu heiraten. Ist sie dann verheiratet, muss sie ihrem Mann in »angemessener Weise« gehorchen. Von ihrem »Gehorsam« hängt unter anderem ihre finanzielle Unterstützung ab. Als »ungehorsam« zählt eine Ehefrau etwa, wenn sie sich ohne »berechtigten Grund« weigert, mit ihrem Mann Sex zu haben, in der ehelichen Wohnung zu leben oder mit ihm zu reisen.

Menschenrechtlerinnen werfen dem saudischen Königshaus vor, es täusche den Reformwillen nur vor. Öffentliche Kritik, vor allem von Aktivistinnen, wird oft mit drakonischen Haftstrafen belegt.

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