(Bloomberg) — Jan-Patrick Barnert über Frühlingsgefühle. — Die Fünf Themen des Tages und das Hauptstadtgeflüster erscheinen nach Ostern wieder. Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern geruhsame Feiertage.
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Beeindruckend war die Rallye an den europäischen Aktienmärkten im ersten Quartal weniger wegen der absoluten Performance als vielmehr wegen der Breite des Anstiegs. Und obwohl die Luft sicherlich etwas dünner geworden ist und mehr oder weniger jeden Tag mit einer Korrektur gerechnet werden muss, spielt das saisonale Muster im April den Bullen weiter in die Karten.
Der Stoxx 600 Index hat seit mehr als einem halben Jahr keinen Tag mit einem Minus von 2% oder mehr verzeichnet, die beste Serie seit 2017 und die viertlängste seit seiner Einführung im Jahr 1998. Darüber hinaus ist der April in der Regel der stärkste Monat des Jahres für den Stoxx 600, wenn man die durchschnittlichen Gewinne der letzten drei Jahrzehnte zugrunde legt.
Der beste Monat für Aktien steht vor der Tür | Wertentwicklung des Stoxx Europe 600 im April liegt im Durchschnitt bei 2,3%
Zu Beginn wurde die Rally, ähnlich wie in den USA, von Megacaps wie SAP, ASML, Novo Nordisk und LVMH getragen, auf die bis Ende Februar fast 60% der Gewinne des Stoxx 600 entfielen. Dieser Anteil ist inzwischen auf 36% zurückgegangen, und zyklische Werte wie Automobil-, Finanz- und Industrietitel treiben die Kurse weiter an und verbreitern damit das Aufwärtsmomentum.
Auch der Dax hat sich seit Jahresbeginn mit einem Plus von 10% fein entwickelt. “Wer hätte dies bei den ganzen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen um Konjunktur und Energiekrise gedacht? Es gibt für Anleger und Investoren derzeit einfach keine Gründe, warum der deutsche Leitindex einbrechen sollte. Folglich heißt die tägliche Losung, so lange die deutschen Unternehmenstitel in der Bewertung nach Kurs-Gewinn-Verhältnis noch günstiger sind als die US-Werte, zugreifen”, schreibt Frank Sohlleder, Market Analyst für ActivTrades
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Boris Groendahl und Verena Sepp: Flaute ohne Ende, gute Wahl, nur die Ruhe, Berlin-Tempo, und Klima-Trotz.
Flaute ohne Ende
Am deutschen Immobilienmarkt ist noch kein Ende der Dürreperiode absehbar. Gestern erst hatte die Demire bestätigt, über die Stundung einer Anleihe zu verhandeln, heute ist es die Deutsche Konsum-Reit, die zwei in den nächsten Tagen bis Wochen fällige Anleihen zu restrukturieren versucht. Beide sind mit vorwiegend Büros (Demire) und Einzelhandel (Deutsche Konsum) in zweitrangigen Lagen Musterbeispiele für Firmen, deren Geschäftsmodell wohl vor allem im Niedrig-/Null-/Negativzinsumfeld florierte. Der schon länger kriselnde Wohnkonzern Adler muss gleich 47% Abschlag auf die Bewertung eines Kölner Projekts anbieten, um Interessenten zu finden. Beim Ösi-Pleitier René Benko brechen jetzt offenbar auch Schutzwälle für das familiäre Privatvermögen: Laut Austria Presse-Agentur hat seine Familie Benko Privatstiftung ebenso wie er selbst auch Insolvenz beantragt.
Gute Wahl
UBS-Präsident Colm Kelleher ist mit seiner Entscheidung, Sergio Ermotti anstelle des glücklosen Ralph Hamers an die Spitze der UBS zu setzen, ganz offensichtlich völlig im Reinen. Vor fast auf den Tag genau einem Jahr machte er Hamers’ Vorgänger auch zu dessen Nachfolger, vor allem weil der Tessiner ihm offenbar geeigneter erschien, die Integration der Credit Suisse zu leiten. Ein Jahr später zahlt die UBS Ermotti nicht nur das höchste Gehalt aller europäischen Bankbosse — trotz bankweiter Bonus-Kürzung um 14% —, sondern deutet im Geschäftsbericht auch gar nicht mal so zwischen den Zeilen an, dass er durchaus länger bleiben könnte als nur für diese Aufgabe. Ironie des Schicksals, dass Ermotti nicht nur schon wieder den Job macht, den sein früherer Investmentbankchef bei der UBS, Andrea Orcel, wegen seines abrupten Abgangs im Jahr 2018 nicht bekam — sondern auch mehr verdient als Orcel bei der UniCredit.
Der Ermotti-Effekt bei der UBS |
Nur die Ruhe
Wieder einmal hat ein Fed-Notenbanker den Zinssenkungshoffnungen des Marktes einen Dämpfer versetzt. Gouverneur Waller betonte gleich vier Mal in einer Rede, es bestehe angesichts der aktuellen Wirtschaftsdaten “keine Eile”, die Zinsen zu senken. Die Rendite zweijähriger Treasuries stieg daraufhin um vier Basispunkte. “Ich sehe, dass die Wirtschaftsleistung und der Arbeitsmarkt weiterhin stark sind, während sich die Fortschritte beim Abbau der Inflation verlangsamt haben”, führte er aus. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist im März weniger stark gestiegen als erwartet, was die von EZB-Notenbankern geäußerte These eines robusten Arbeitsmarktes im Euroraum stützen dürfte. Das Wachstum der Geldmenge M3 hat sich im Februar etwas stärker beschleunigt als geschätzt und Daten zur Kreditvergabe deuten nicht auf einen unmittelbaren Zinssenkungsbedarf durch die EZB hin. Ratsmitglied Panetta sieht wegen der rasch rückläufigen Inflation die Bedingungen für eine geldpolitische Lockerung im Entstehen begriffen. Ven Ram indes warnt im Markets Live Blog vor zu viel Senkungsoptimismus.
Berlin-Tempo
Bundeswirtschaftsminister Habeck entfernt sich zusehends von den pazifistischen Wurzeln seiner Partei. Gestern saß er mit Vertretern der deutschen Rüstungsindustrie zusammen, darunter Rheinmetall, Hensoldt, Rohde & Schwarz sowie Quantum Systems. Der Zweck der Übung: mehr Schnelligkeit bei der Beschaffung von Rüstungsgütern und mehr Planungssicherheit bei großen Lieferverträgen. Auf europäischer Ebene soll nach seinem Wunsch ein Verteidigungskommissar installiert werden, der die gemeinsame Beschaffung organisiert. Mehr Schnelligkeit und Planungssicherheit aus Berlin wünscht sich auch die Regierung in Den Haag. Die beiden Hauptstädte verhandeln seit Monaten über den Verkauf des deutschen Stromnetzes der Tennet Holding an den Bund. Nun geht den Niederländern scheinbar die Geduld aus. “Es ist an der Zeit, dass wir aktiv nach alternativen Wegen suchen”, so Finanzminister Steven van Weyenberg. Vor zwei Wochen schien es, als sei man auf den letzten Metern. Die Transaktion dürfte ein Volumen von rund 22 Milliarden Euro haben. Van Weyenberg nannte “Komplexitäten im Haushaltsprozess” auf deutscher Seite, was den Spielverderbern in Karlsruhe geschuldet sein dürfte.
Klima-Trotz
Weltweit stehen Banken immer mehr unter Druck von Aufsichtsbehörden wie der EZB, ihre Geschäfte im Sinne der CO2-Reduktion anzupassen. UBS-Banker Judson Berkey nutzte eine private Konferenz zu dem Thema zwischen Regulierern und Banken, um seinem Ärger Luft zu machen. Kredite und Portfolios auf eine globale Erwärmung von 1,5°C auszurichten, während der Planet auf 2,8°C zusteuere, sei eine unrealistische Forderung. Zur Erfüllung müsste man weltweit Kunden vergraulen und die Wirtschaft — die immer noch von fossilen Brennstoffen abhängt — ins Wanken bringen. Berkey erhielt kaum Widerspruch von anderen Bankern. Viele haben ihre grünen Ambitionen im Stillen zurückgeschraubt, auch ihr Geschäft steht auf dem Spiel. “Die Banken leben und verleihen Geld auf dem Planeten Erde, nicht auf dem Planeten NGFS”, sagte Berkey in einer leidenschaftlichen Rede in Anspielung auf das Network for Greening the Financial System. Wie sagte Hedgefonds-Milliardär und Bridgewater-Gründer Ray Dalio so schön auf dem COP28-Klimagipfel im Dezember: “Man muss es profitabel machen.”
Was sonst noch passiert ist
Griechische Bank-DividendenIndustrielle RevolutionSchöne Gewinnspanne
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