Die Grünen pflegen den deutschen Selbsthass – das zeigt sich auch in der Kulturpolitik von Claudia Roth

die grünen pflegen den deutschen selbsthass – das zeigt sich auch in der kulturpolitik von claudia roth

Mit der historischen Verantwortung Deutschlands für den Holocaust verbindet sich die Frage nach der Sicherheit Israels als deutscher Staatsräson. Ein Mann, eingehüllt in Israels Flagge ;am Rande einer Gedenkveranstaltung im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Kacper Pempel / Reuters

Sie sei seit Jahrzehnten ein «gnadenloser Fan» des European Song Contest (ESC), liess Claudia Roth, die Kultur- und Medienbeauftragte der deutschen Regierung, letzthin in einem Interview mit dem «Spiegel» wissen. Dort würden zu ihrer «Freude» israelische ESC-Künstler immer wieder das «weltoffene, freie und diverse Israel» verkörpern. Zu diesem Zeitpunkt hatte Roth mit Documenta und Berlinale bereits die zwei international bedeutendsten deutschen Kultur-Events in Antisemitismus-Skandale schlittern lassen.

Kein gnadenloser Fan ist die Kulturstaatsministerin nämlich, wenn es um das politische Bekenntnis zur historischen deutschen Verantwortung, der «Staatsräson» gegenüber Israel geht. Kein Fan war die Grünen-Politikerin beispielsweise vom Bundestagsbeschluss 2019, der empfahl, BDS-nahe Kulturveranstaltungen oder -protagonisten nicht finanziell zu unterstützen. «Boycott, Deinvestment and Sanctions» ist das neue «Kauft nicht bei Juden».

Ob Frau Roth weiss, dass damit ganz automatisch auch das «weltoffene, freie und diverse Israel» ausgehungert wird? Denn es gibt nicht dieses oder jenes Israel. Israel kann man sich nicht aussuchen. Aber dieses und jenes hat mit der deutschen Geschichte zu tun. Israels Existenz – und letztlich auch seine ethnische und gesellschaftliche Vielfalt – ist eine Folge des Holocaust. Seither gibt es für Juden in Israel ein (seit dem 7. Oktober 2023 schwer erschüttertes) existenzielles Versprechen, immer einen sicheren Hafen in der Welt anlaufen zu können.

Die Frage, ob die Sicherheit Israels noch deutsche Staatsräson sei, wie Angela Merkel 2008 in der Knesset erklärte, steht seit dem Massaker der Hamas zur Debatte. Eine Antwort darauf gibt zum Beispiel Claudia Roth, wenn sie vor Antisemitismus und Israel-Hass beide Augen verschliesst. Sie habe zum Zeitpunkt des BDS-Beschlusses «unterschätzt, wie sich die Israel-Boykott-Bewegung in den letzten Jahren entwickeln», und «wie sehr» sich die Bewegung radikalisieren würde, das sei ja «nun purer Antisemitismus», rhabarbert Roth nun vorwärts und zurück. Seltsam nur, dass die Mehrheit des Bundestags damals vor fünf Jahren klar vor Augen hatte, «wie sehr» antisemitisch BDS ist, deshalb ja der (rechtlich nicht bindende) Beschluss.

«Geschichtspolitischer Paradigmenwechsel»

Seit Claudia Roth als Kulturbeauftragte im Kanzleramt sitzt, scheint ihr nun in diesem Kontext öfters mal ein Malheur zu unterlaufen. Die Verantwortlichen hätten ihr nicht die Wahrheit gesagt, behauptete sie angesichts der antisemitischen Beiträge an der Documenta, oder: Das ZDF habe Regie geführt bei der Berlinale-Preisverleihung, die zur Plattform für Israel-Hetze und Palästinenser-Propaganda wurde. Aber Claudia Roth passieren nicht einfach Missgeschicke, wo selbst Lokalpolitiker wie ein Berliner Kultursenator schon hektisch nach Gesinnungstests greifen wollte in Anbetracht des antisemitisch eingestellten Kulturbetriebs.

Das Vorgehen der Kulturstaatsministerin hat System. Vor den Bundestagswahlen 2021 wies der Historiker Michael Wolffsohn in der NZZ auf das mangelnde Geschichtsverständnis der Grünen hin. So erklärten sie in ihrem Wahlprogramm, dass die «deutsche Verbrechensgeschichte» aufgearbeitet werden müsse unter Berücksichtigung bisher «wenig beachteter Opfergruppen», erwähnten aber dabei den Holocaust nicht. Umso mehr Platz räumte man dagegen der Aufarbeitung des Kolonialismus ein und forderte zudem, die «deutsche Erinnerungskultur für die Erfahrungen und Geschichten» von Migranten zu öffnen.

Und so ist es jetzt gekommen. Der jüngste Aufruhr in Roths von Eklats gesäumter Amtszeit betrifft ein Rahmenkonzept, das die Gedenkstätten zur Geschichte des Nationalsozialismus und der SED-Diktatur neu ordnen soll. Deren Leiter fühlen sich laut Medienberichten übergangen und kritisieren in einer gemeinsamen Stellungnahme einen «geschichtspolitischen Paradigmenwechsel» und eine «fundamentale Schwächung der Erinnerungskultur». Wenngleich es bei den Gedenkstätten immer auch darum geht, Pfründen zu verteidigen, so stellt sich tatsächlich die Frage, ob sich hier jene «Erinnerungsrevolution» (Wolffsohn) anbahnt, vor der mancher frühzeitig warnte.

Das Problem ist nicht, dass hier Erinnerungskultur neu gedacht werden soll. Das in der Mitte Berlins in seinen unverrückbaren Betonblöcken störende Denkmal für die ermordeten Juden Europas beweist noch nicht die Erstarrung deutscher Vergangenheitsvergegenwärtigung, auch wenn das von postkolonialer Seite in der plumpsten aller möglichen ästhetischen Lesarten ständig behauptet wird. Im Gegenteil ist das Mahnmal ein unumstösslicher Stein des Anstosses, der eben durch die Zeiten hinweg von jeder Generation dieses Nachdenken einfordert.

Die deutsche Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit war immer in Bewegung – es gibt die Geschichte des Nationalsozialismus, und es gibt die Geschichte seiner Aufarbeitung. Mit beiden machte jede Zeit ihre Politik. Der innenpolitische Konflikt erfährt seit Jahrzehnten immer wieder historische Umdeutung. Aufschlussreich zeigt dies Norbert Freis historische Darstellung «Im Namen der Deutschen – Die Bundespräsidenten und die NS-Vergangenheit». Seit der Nachkriegszeit und besonders intensiv nochmals nach der Wiedervereinigung war die «neue Staatlichkeit» jeweils eng verbunden mit der Frage, wie es die Deutschen mit dem dunkelsten Kapitel ihrer Geschichte halten.

Erinnerung gehört zur bundesrepublikanischen Identität

Wer die Erinnerungspolitik als überholt betrachtet, sollte sich gerade jetzt, wo die Sicherheit der jüdischen Bürger in Deutschland ein Dauerthema ist, nochmals vor Augen führen, gegen welche Widerstände das deutsche Bekenntnis zum Geschichtsbewusstsein eingefordert wurde. Denn erst die unbeirrten Vergangenheitsdebatten brachen das Schweigen auf und forderten das Schuldeingeständnis ein. In der «Hochpräsenz der Vergangenheit» (Norbert Frei) ab Mitte der neunziger Jahre verband sich schliesslich die Erinnerung an die Opfer und die Mahnung an die Täter unauflöslich mit der deutschen Identitätsfrage.

Wer nun die Gedenkroutine zu Recht kritisiert, muss ehrlicherweise die Frage zulassen, wie die Verhältnisse heute angesichts des erstarkenden Antisemitismus auf verschiedenen Seiten wären ohne «Nie wieder». Es stellt sich gegenwärtig wieder dringlich die Frage nach der Sicherheit der jüdischen Bürger in Deutschland und jene, wie Deutschland es mit Israels Sicherheit hält.

Die Gedenkstätten-Leiter kritisieren, dass Claudia Roths (bis anhin internes) Rahmenkonzept den «Stellenwert der Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen» als zentrale Verpflichtung der Erinnerungsstätten untergraben würde. Überraschend ist das nicht. Das Bundeskanzleramt, wo die Kulturstaatsministerin sitzt, fällt momentan kaum durch Geschichtsbewusstsein auf, ausser wenn es der moralischen Selbstdarstellung dient, wie es bei der Rückgabe der Benin-Bronzen der Fall war.

Roth profiliert sich nicht einmal da, wo es für die ehemalige Menschenrechtsbeauftragte ein mehr als willkommenes Betätigungsfeld geben würde wie bei dem zur Plattform für Weltoffenheit und Austausch der Kulturen ausgerufenen Humboldt-Forum. Bis anhin hat es Roth versäumt, diesem Ort zu einem Profil zu verhelfen. Denn wo, wenn nicht dort sollte Berlin die Geschichte des Kolonialismus aufarbeiten? Stattdessen bekämpft die Kulturbeauftragte der Bundesregierung die Bibelzitate am Berliner Schloss, weil sie angeblich für den absoluten Herrschaftsanspruch des einstigen Monarchen oder gar des Christentums stehen. Der Preussenkönig ist längst tot, aber vor dem Absolutheitsanspruch der neuen Demokratieförderung ist niemand sicher.

Das ist der eigentliche Punkt. Die grüne Kulturstaatsministerin foutiert sich um die deutsche Kulturnation (und die Frage nach der Aufarbeitung der kolonialistischen Vergangenheit sei hier ausdrücklich mit eingeschlossen).

Roth agiert insofern nicht viel anders als ihre grünen Kollegen in anderen Ressorts, die mit feministischer Aussenpolitik und Ähnlichem versuchen, symbolhaft die Wähler zu besänftigen und die eigene Ideologie zu verbreiten. Wer deutschen Selbsthass pflegt, dem muss auch deutsches Geschichtsbewusstsein als eine tragende Säule bundesrepublikanischen Selbstverständnisses ein Dorn im Auge sein. Der damalige Fraktionsvorsitzende der Grünen in Schleswig-Holstein, Robert Habeck, liess seinem Deutschland-Ekel freien Lauf: «Patriotismus, Vaterlandsliebe also, fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland nichts anzufangen und weiss es bis heute nicht.» Aus dieser Ecke kommt auch Claudia Roth, einst Managerin der Protest-Band «Ton Steine Scherben», die forderte: «Macht kaputt, was euch kaputt macht».

Abbruchmentalität prägt die Haltung der Kulturstaatsministerin gegenüber der Stiftung Preussischer Kulturbesitz (SPK), die unter anderem mit der Berliner Museumsinsel für die Ideale der deutschen Kulturnation steht und um deren unter Roths Vorgängerin Monika Grütters angekündigten Reformprozess lautes Schweigen herrscht. Last, but not least wurde jetzt unter der Ägide von Claudia Roth auch das Deutsche aus dem Namen gestrichen beim «Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen des östlichen Europa». Aber was kümmern einen die Einwände des Bunds der Vertriebenen, die so lange um Anerkennung ihrer Geschichte kämpfen mussten, wenn man am Christopher Street Day die Regenbogenfahne hissen kann?

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