7 Künstlerinnen, die man kennen sollte

Jeder kennt Rembrandt oder van Gogh, aber warum sind begnadete Künstlerinnen wie Giovanna Garzoni oder Mary Cassatt in Vergessenheit geraten? Frauen wurden in der Kunstwelt oft übergangen. Das soll sich jetzt ändern.

7 künstlerinnen, die man kennen sollte

Selbstporträt von Mary Cassatt

Ihre Werke hängen ungesehen in Museumsdepots, verstauben im Privatbesitz, werden von Galeristen nicht beachtet: Frauen sind in der Kunstwelt seit Jahrhunderten unterpräsentiert. Nur wenige von ihnen, wie etwa Käthe Kollwitz, Frida Kahlo oder Niki de Saint Phalle, haben es auf die großen internationalen Kunstmärkte geschafft. Ansonsten macht Kunst von Frauen nur einen Bruchteil der Werke aus, die in Museumssammlungen und Galerien gezeigt werden. Doch langsam bahnt sich ein Umdenken an. Immer mehr Museen zeigen Ausstellungen, die ihren Fokus auf Kunst von Frauen richten.

Die gab es nämlich reichlich, schon seit der Antike. Aber wie so oft in der Geschichte – ob Kunst, Musik oder Politik: Frauen wurden oft die Fähigkeiten abgesprochen, es den Männern gleichzutun. Viele von ihnen standen im Schatten ihrer Ehemänner, und nicht selten wurden ihre Werke unter dem Namen der Gatten veröffentlicht.

Doch jede Epoche hat Künstlerinnen hervorgebracht, die zu Lebzeiten berühmt waren. Das deutsche

Arp Museum und das Thyssen-Bornemiszma-Museum in Madrid widmen sich nun genau diesen Frauen und haben gemeinsam die Ausstellung “Maestras. Meisterinnen 1500-1900” konzipiert. Sie gibt einen Überblick über 51 bedeutende Künstlerinnen vom Mittelalter bis hin zur Moderne.

Hildegard von Bingen (ca. 1098-1179)

In den mittelalterlichen Nonnenklostern arbeiteten zahlreiche talentierte Frauen vor allem an Handschriften und Buchillustrationen. Bis auf wenige Ausnahmen blieben diese Künstlerinnen anonym – dazu zählt die deutsche Benediktineräbtissin Hildegard von Bingen, deren Namen man bis heute in der ganz Welt kennt. Sie war ein wahres Multitalent. Sie wirkte als Schriftstellerin, Heilerin, Musikerin, Theologin und als Künstlerin. Ihre Manuskripte illustrierte sie eigenhändig, und in ihren Bildern verewigte sie ihre religiösen und mystischen Visionen.

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So illustrierte von Bingen ihre Visionen: Die neun Chöre der Engel wirken wie ein Mandala

Hildegard von Bingen trat mit einem für ihre Zeit ungewöhnlichen Selbstbewusstsein auf. Schon ihre Zeitgenossen – männliche sowie weibliche – bewunderten ihren Mut und ihr Charisma und bezeichneten sie bereits zu ihren Lebzeiten als Heilige. Viele sehen in ihr eine Vorkämpferin für die Emanzipation der Frau. Bis heute inspiriert sie die unterschiedlichsten Menschen: spirituell Interessierte ebenso wie feministische Künstlerinnen, so zum Beispiel Judy Chicago. Die US-Amerikanerin hat Hildegard von Bingen in ihrer Installation “The Dinner Party” (1979) mit 38 anderen bedeutenden Frauen aus über drei Jahrtausenden an einen Tisch gesetzt – unter anderem mit der altägyptischen Herrscherin Hatschepsut und der britischen Schriftstellerin Virginia Woolf.

Fede Galizia (1578-1630)

Galizia stammte aus Mailand und schuf schon als Teenager ihre ersten Bilder. Ihr Vater, der das Talent seiner Tochter fördern wollte, ließ sie in seiner Werkstatt über seine Schultern gucken; er selbst war ein gefragter Miniaturmaler. Einen Namen machte sich Galizia als Erwachsene mit ihren Obst-Stillleben, zu ihrer Zeit ein neues und beliebtes Genre, das den Künstlerinnen und Künstlern ein gutes Auskommen verschaffte. Auch Galizias Porträtzeichnungen waren viel beachtet. So ließen sich bedeutende Männer von ihr porträtieren – ihr Ruf gelangte sogar bis nach Prag, zum Hof des damaligen Kaisers Rudolf II.

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Provided by Deutsche Welle

Eines ihrer bemerkenswertesten Werke ist die Darstellung eines beliebten biblischen Themas: Judith mit dem Kopf des Holofernes. Kunsthistoriker vermuten, dass Galizia sich selbst als Judith gemalt hat.

Giovanna Garzoni (1600-1670)

Viele berühmte Künstlerlinnen des Barock und der Renaissance stammen aus Italien – wie die venezianische Barockmalerin Giovanna Garzoni. Sie ist vor allem für ihre Studien von Blumen, Pflanzen und Tieren bekannt, die mehr als nur Stillleben sind: Ihre Mal- und Zeichentechnik war so akribisch, dass ihre Werke wie wissenschaftliche Studien anmuten.

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Elegantes und detailreiches Stillleben von Giovanna Garzoni

Ihr Talent wurde über Venedig hinaus bekannt – so verbrachte sie einige Jahre in Florenz, Turin und Rom. Sie reiste nach Paris und vermutlich auch nach London. Immer wieder traf sie auf wohlwollende Mäzene, wie etwa die Familie Medici. Ihre guten Kontakte ermöglichten ihr den Zutritt in die allerhöchsten Kunstkreise. Schnell erwarb sie den Ruf einer der besten Stillleben-Malerinnen und wissenschaftlichen Illustratorinnen.

Garzoni war ein Jahr lang mit einem reichen Künstler verheiratet – ein offenbar sehr genügsamer Ehemann, der sogar ihr Keuschheitsgelübde respektierte. Die Beziehung hätte wohl fortbestanden, wenn nicht ihr Vater plötzlich Ansprüche auf den Besitz des Ehemanns erhoben hätte. Er klagte den jungen Mann wegen Hexerei an – eine Anschuldigung, das sonst eher Frauen traf – und verlor den Prozess wegen absurder Behauptungen. Die Ehe zerbrach nach diesem Skandal, Giovanna widmete sich wieder ganz ihrer Karriere.

Maddalena Corvina (1607-1664)

Auch wenn sie aus verschiedenen Städten stammten, irgendwann lernten sich einige der Frauen auf ihren Reisen kennen. So machte Giovanna Garzoni in Florenz Bekanntschaft mit der Malerin Maddalena Corvina. Auch diese talentierte Künstlerin bekam viele ihrer Aufträge von der Familie Medici. Corvina war auf Miniaturporträts spezialisiert und fertigte auch Kupferstiche an.

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Die Heilige Katharina von Alexandria

Bei dem oben abgebildeten Gemälde ist nicht ganz sicher, wen sie auf Leinwand bannte: entweder sich selbst oder ihre Zeitgenossin und Freundin, die Malerin Artemisia Gentileschi, im Gewand der Heiligen Katharina von Alexandrien. Garzoni, Corvina und Gentileschi zählen zu den berühmtesten Barockmalerinnen Italiens.

Elisabeth Louise Vigee Le Brun (1755-1842)

Nach Frankreich und in die Epoche des Klassizismus: Elisabeth Louise Vigee Le Brun, auch bekannt als Madame Le Brun, war die bevorzugte Porträtistin der französischen Königin Marie-Antoniette. Ihre guten Verbindungen zur französischen Aristokratie führten dazu, dass die Malerin während der Französischen Revolution fliehen musste, sonst wäre auch sie als Sympathisantin unter der Guillotine gelandet.

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Lady Hamilton mit leicht geöffneten Lippen – skandalös im späten 19. Jahrhundert

Während ihres Exils verbrachte Le Brun einige Zeit in Italien, Russland, Deutschland und England. Sie setzte ihre Arbeit als Porträtmalerin fort und erhielt Aufträge von Mitgliedern des europäischen Adels, wobei sie sich vor allem auf Porträts von Frauen und Kindern konzentrierte.

Dabei setzte sie sich selbstbewusst über die Normen jener Zeit hinweg und malte ihre Modelle mit damals unüblichen Gesten oder leicht geöffneten Mündern. Das galt zwar skandalös, wurde aber oft kopiert.

Mary Cassatt (1844-1926)

Mary Cassatt, die einzige US-Amerikanerin unter den Impressionisten, war auch eine der wenigen Frauen unter ihnen. Ihr Wahlspruch: “Ich bin unabhängig. Ich kann allein leben und ich leibe es zu arbeiten!” Trotz ihres anerkannten Talents und ihrer Freundschaft mit dem französischen Impressionisten Edgar Degas konnte sie sich nicht in den Kreisen der männlichen Kollegen bewegen. Bald sollte sich aber herausstellen: Etwas Besseres hätte ihr – zumindest aus künstlerischer Sicht – nicht passieren können. Sie konzentrierte sich nämlich auf die Welt der Frauen und Kinder und erzeugte eine Nähe zu ihren Sujets, die den Männern verwehrt blieb. Denn Cassatt und die Frauen, die sie porträtierte, waren unter sich.

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Intimer Moment, eingefangen von Mary Cassatt:

Dies verlieh ihren Bildern eine einzigartige Intimität und Authentizität. Auf Cassats Gemälden war die Frau mehr als ein hübsches Modell – das Frauenbild, das sie schuf, war eigenständig, nachdenklich, ausdrucksvoll und von tiefer Schönheit.

Sonia Delaunay (1885-1979)

Die russisch-französische Malerin und Designerin wurde durch ihre abstrakten Formen und geometrischen Formen bekannt. Sie war fasziniert vom Zusammenspiel von Farbe, Licht und Bewegung – was sich in ihrem Werk durchgehend widerspiegelt. Von ihr stammen Collagen, Bucheinbände, kleine bemalten Kästen, Kissen, Lampenschirme und natürlich Gemälde.

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Mix aus Form, Farbe und Bewegung:

Delaunay verbrachte die meiste Zeit ihres Arbeitslebens in Paris, wo sie ihr Repertoire um Textil-, Mode- und Bühnenbilddesign erweiterte und ein erfolgreiches Unternehmen aufbaute.

Obwohl sie oft im Schatten ihres Mannes, des modernistischen Malers Robert Delaunay, stand, war sie 1964 die erste lebende Frau, der eine Solo-Retrospektive im Pariser Louvre gewidmet wurde.

Autor: Silke Wünsch, Tanya Ott, John Silk

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