Neues 29-Euro-Ticket für Berlin: Kommt es – oder kommt es nicht?

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Unterwegs in Berlin: Ein U-Bahn-Zug der BVG hält in einem Bahnhof. Berlins wichtigstes Verkehrsmittel kann ebenfalls mit dem geplanten neuen 29-Euro-Ticket genutzt werden.

Für Berlins Fahrgäste bleibt es spannend. Noch immer kann der Senat angesichts von Sparzwängen nicht garantieren, dass das 29-Euro-Ticket wiederkommt.

Doch trotz der Ungewissheit bereiten sich die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) weiterhin darauf vor. Nach Informationen der Berliner Zeitung peilen sie an, im April mit dem Vorverkauf für das neue Berlin-Abo zu beginnen.

Währenddessen bemüht sich die Verwaltung, andere Haushaltsposten zu finden, die gekürzt werden könnten. Möglicherweise erfordert es die Ticket-Wohltat, bei den Investitionen in den Nah-, Rad- sowie Fußverkehr zu sparen.

Bald wieder für 29 Euro im Monat durch Berlin: Das ist eines der wenigen substanziellen Versprechen, mit denen die Sozialdemokraten bei der Wiederholungswahl 2023 angetreten sind. Vielleicht erklärt dies die Vehemenz, mit der sie versuchen, Zweifel an der Neuauflage des vor elf Monaten abgeschafften Angebots zu zerstreuen. „Wir gehen davon aus, dass das 29-Euro-Ticket wiederkommt“, sagte der SPD-Haushaltspolitiker Sven Heinemann am Montag. „Wir haben diese sozialpolitische Maßnahme versprochen, und wir werden das Versprechen einlösen“, betonte SPD-Verkehrspolitiker Tino Schopf.

Doch die Zitterpartie dauert an. Obwohl der Verkauf in wenigen Wochen starten soll, lässt sich die von der CDU geleitete Senatsverwaltung für Verkehr weiterhin keine Garantie entlocken, dass das Berlin-Abo als Nachfolger des 29-Euro-Tickets tatsächlich wie angekündigt zum 1. Juli 2024 eingeführt wird. „Die Prüfungen laufen noch“, berichtete Michael Herden, Sprecher von Senatorin Manja Schreiner (CDU).

neues 29-euro-ticket für berlin: kommt es – oder kommt es nicht?

Von der Bahnsteigkante zurücktreten: Ein Zug der S-Bahn Berlin GmbH fährt in den Bahnhof Zoologischer Garten ein. Das DB-Unternehmen hat rund 210.000 Kunden mit Deutschlandticket. Auch dort werden viele wechseln.

So viel steht fest: Das Land Berlin muss sparen – wieder sparen. Alle Senatsverwaltungen stehen unter Druck, die Vorgabe von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) zu erfüllen. Sie müssen die eingeplanten Ausgaben um 5,9 Prozent kürzen. Das geht aus dem von CDU und SPD verabschiedeten Doppelhaushalt hervor, der die zu erbringenden Einsparungen auf 1,75 Milliarden Euro beziffert. Zu der pauschalen Minderausgabe muss Manja Schreiners Verwaltung einen Beitrag von rund 200 Millionen Euro leisten, rechnete der Linken-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg vor. Das ist eine harte Nuss.

Es war keine Überraschung, dass der Regierende Bürgermeister Kai Wegner das Berlin-Abo ins Gespräch brachte, als er im Februar in der Industrie- und Handelskammer über Sparzwänge diskutierte. Zwar hätten CDU und SPD in ihrer Koalitionsvereinbarung festgelegt, dass das 29-Euro-Ticket wiederkommen soll, bestätigte der Christdemokrat. Er wisse, dass sich viele Berliner darauf freuen. „Aber wenn Sie mich ganz persönlich nach einer Bewertung von 1 bis 5 fragen, wäre es nicht auf Platz 1 bei mir“, so Wegner.

Warum gerade dieser Etatposten so attraktiv wäre, um Sparvorgaben zu erfüllen, hat mit seinem Umfang zu tun. Würde die Verwaltung darauf verzichten, könnte sie auf einen Schlag einen Großteil ihres Anteils erbringen. „An den Schätzungen zum Zuschussbedarf für ein mögliches Berlin-Abo hat sich nichts verändert“, sagte Michael Herden. „Im Doppelhaushalt 2024/25 sind für dieses Jahr 150 Millionen Euro, anteilig für sechs Monate, sowie für das kommende Jahr 300 Millionen Euro vorgesehen.“ Mit diesem Geld können 2024 rund 650.000 sowie 2025 670.000 Berlin-Abos finanziert werden.

Damit würden die Ausgaben, mit denen das Land Fahrkarten subventioniert, weiter ansteigen. Dabei wären sie erst im vergangenen Jahr stark gewachsen. Das Deutschlandticket, das 49 Euro pro Monat kostet und bundesweit im gesamten Nah- und Regionalverkehr gilt, muss weiter bezuschusst werden. „Zur Finanzierung dieses Tickets hat der Bund dem Land Berlin 135,7 Millionen Euro zugewiesen, das zum Schadensausgleich noch mal dieselbe Summe zur Verfügung gestellt hat“, rechnete die Senatsverwaltung vor.

Dass das Land Berlin gewillt ist, viel Geld lockerzumachen, um preiswertes Fahren zu ermöglichen, ist Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nicht entgangen. „Wenn andere Länder über Probleme bei der Finanzierung des Deutschlandtickets klagen, weist er gern auf das Beispiel Berlin hin, wo es solche Probleme offenbar nicht gibt“, sagte ein Berliner Verkehrs-Insider. Er sieht die vorgesehene Neuauflage des 29-Euro-Tickets ebenfalls kritisch: „Berlin wirft eine Menge Geld zum Fenster hinaus.“ Wer das bundesweite Deutschlandticket als Jobticket erwirbt, profitiert von einer Förderung und zahlt nur 34,30 Euro pro Monat – nur 5,30 Euro mehr als für das geplante lokale Abo.

Der Insider fügte hinzu: „Von der neuen großen Ticketsubvention profitieren auch Arztgattinnen“ – und viele andere Menschen mit gutem Einkommen, die bislang offensichtlich keine Schwierigkeiten haben, 49 Euro im Monat auszugeben. Das bundesweit gültige Deutschlandticket ist in Berlin ebenfalls alles andere als ein Ladenhüter. Allein rund 670.000 BVG-Kunden besitzen ein solches Jahresabonnement. Rund 210.000 S-Bahn-Kunden haben ein Deutschlandticket oder Deutschlandticket Job.

Doch die SPD verteidigt das neue 29-Euro-Ticket. Viele Berliner warten darauf, dass das Berlin-Abo kommt, berichtete Sven Heinemann. „Die Planer erwarten, dass rund 70 Prozent der Berliner Kunden des Deutschlandtickets zum Berlin-Abo wechseln werden“, so der Abgeordnete. Noch mehr werden es sein, wenn das Deutschlandticket wie erwartet spürbar teurer wird. Wie berichtet zeichnet sich ab, dass es künftig 59 oder 64 Euro pro Monat kosten könnte. „Dann werden noch mehr Fahrgäste wechseln“, hieß es. Für das neue 29-Euro-Ticket sei dagegen eine Preisgarantie vorgesehen – mindestens bis 2026.

Die Verkehrsbetriebe erwarten, dass es schon jetzt genug Arbeit für sie geben wird. Mehrere Hunderttausend Kunden müssen angeschrieben werden, ob sie beim Deutschlandticket bleiben oder umsteigen wollen. Absehbar sei, dass viele von ihnen Beratungsbedarf haben. Bei der BVG müssten Chipkarten umgetauscht werden. Deshalb haben sich die Unternehmen ausbedungen, dass ihnen genug Zeit zur Verfügung steht, um die Aufgabe zu bewerkstelligen. Bislang ist vorgesehen, dass das Berlin-Abo von Juli an genutzt werden kann. Der Vorverkauf soll nach Informationen im April beginnen – auch wenn der zunächst genannte Termin 8. April 2024 mittlerweile als illusorisch gilt.

Wann genau es losgeht, kann man bei der BVG nicht sagen. „Die Vorbereitungen zur Einführung des Berlin-Abos für 29 Euro im Monat laufen“, so Unternehmenssprecher Markus Falkner. „In jedem Fall wird ein Neuabschluss des Berlin-Abos genauso wie ein Wechsel aus einem anderen Abonnement in das Berlin-Abo auf der Website der BVG möglich sein. Wir empfehlen diesen einfachen und bequemen Weg.“

Wie berichtet, wird das neue Ticket nur im Berliner Stadtgebiet gelten. Wer die Stadtgrenze queren will, zum Beispiel um zum Flughafen BER zu gelangen, muss einen Anschlussfahrausweis lösen. Anders als das alte 29-Euro-Ticket, das es bis April 2023 gab, wird das neue Angebot nur als Jahresabo erhältlich sein – als persönliches Jahres-Abo mit monatlicher Abbuchung. Die Käufer können zwischen einer Chipkarte oder einem Handyticket wählen. Ein Hund darf kostenlos mitgenommen werden.

Unterdessen setzt der Senat seine Suche nach Einsparmöglichkeiten fort. Erste Vorboten könnten die neuen Verfügungsbeschränkungen sein, die nun festgelegt wurden. Es geht um Geldmittel, die nicht ohne vorherige Extra-Genehmigung freigegeben werden dürfen, erklärte der Linken-Verkehrspolitiker Ronneburg. Für die Verwaltung von Manja Schreiner summieren sich diese Beschränkungen auf mehr als 228,3 Millionen Euro.

Ronneburg nannte Beispiele. „Mehr als ein Drittel der geplanten Investitionen in den Nahverkehr unterliegen neuen Verfügungsbeschränkungen – 81,6 Millionen von 227,2 Millionen Euro“, sagte er. Aus diesem Titel werden Neubauvorhaben, der barrierefreie Ausbau, aber auch Instandsetzungen finanziert. Bei den Zahlungen für den S-Bahn-Betrieb liegen 50 Millionen Euro auf Eis, bei der BVG sind es 18 Millionen Euro. Das wiederum könnte damit zusammenhängen, dass die Zahlungen ohnehin gekürzt werden, weil beide Unternehmen vertragliche Vorgaben nicht erreicht haben.

neues 29-euro-ticket für berlin: kommt es – oder kommt es nicht?

Auch nachts auf Tour: Ein Gelenkbus der BVG biegt vor dem Rathaus Spandau um die Ecke. Das geplante neue 29-Euro-Ticket ermöglicht Mobilität im gesamten Berliner Stadtgebiet – in Form eines persönlichen Abos.

Die Verfügungsbeschränkungen treffen aber nicht nur den öffentlichen Verkehr in Berlin. Die Liste der Verwaltung, die Ronneburg veröffentlichte, enthält solche Maßnahmen auch bei den Etatposten „Verbesserungen der Infrastruktur für den Fußverkehr“ (eine Million Euro) und „investive Maßnahmen zur Verbesserung der gesamtstädtischen Radwegeinfrastruktur“ (1,735 Millionen Euro).

„Wir wollen vom Senat endlich Klarheit, wo er beabsichtigt, die pauschale Minderausgabe einzusparen“, forderte Kristian Ronneburg am Montag. Auch der Linken-Abgeordnete geht bisher davon aus, dass der geplante Nachfolger des 29-Euro-Tickets verschont bleibt – zulasten anderer, möglicherweise wichtigerer Themen.

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