Grundwasserspiegel sinken weltweit an vielen Orten immer schneller

Noch nie haben Forschende die Entwicklung des Grundwassers weltweit so umfassend untersucht wie jetzt. Der Rückgang ist besorgniserregend – besonders in Trockengebieten. Es gibt aber auch erfreuliche Entwicklungen.

grundwasserspiegel sinken weltweit an vielen orten immer schneller

Grundwasserspiegel sinken weltweit an vielen Orten immer schneller

Viele Grundwasservorkommen auf der Welt schwinden in zunehmendem Tempo. Das schließt ein internationales Forschungsteam aus Messreihen aus mehr als 40 Ländern. Demnach fällt in jedem achten der fast 1700 geprüften Grundwassersysteme der Spiegel um mehr als einen halben Meter pro Jahr. Das gilt insbesondere für trockene Regionen, die landwirtschaftlich stark genutzt werden. Die Studie zeigt aber auch, dass der Trend gebremst und sogar umgekehrt werden kann.

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»Grundwasser ist die Hauptwasserquelle für viele Haushalte, Bauernhöfe, Industrien und Städte in der ganzen Welt«, schreibt die Gruppe um Scott Jasechko von der University of California in Santa Barbara und Hansjörg Seybold von der ETH Zürich im Fachblatt »Nature«. Nicht nachhaltige Entnahmen von Grundwasser und Klimaveränderungen könnten den Zugang zu dieser Ressource erschweren, heißt es weiter.

Spitzenwert in Iran

In der bisher größten Untersuchung zu Grundwasserpegeln wertete die Gruppe 170.000 Messreihen über mindestens acht Jahre aus dem 21. Jahrhundert aus. Im Schnitt fiel der Spiegel der sinkenden Grundwasserleiter, auch Aquifere genannt, um 20 Zentimeter im Jahr, in zwölf Prozent der Fälle gar um mehr als einen halben Meter. Vergleiche mit Daten aus dem späten vergangenen Jahrhundert zeigen, dass die Geschwindigkeit vielerorts zugenommen hat. Meist lag das auch an geringeren Niederschlägen.

Einen Spitzenwert beim Rückgang erreicht eine Region in Nordost-Iran mit einem durchschnittlichen Rückgang um 2,62 Meter pro Jahr. In Europa wird ein Grundwassersystem in Südostspanien genannt; es liegt in der landwirtschaftlich stark genutzten Region Murcia. Dort fiel der Wasserspiegel um 1,60 Meter pro Jahr. Starke Rückgänge verzeichnen laut Seybold auch andere Gebiete in Südostspanien, die Obst und Gemüse für weite Teile Europa produzieren.

Vor allem trockene Klimazonen betroffen

»Dass die Grundwasserpegel weltweit stark gesunken sind, hat uns nicht überrascht«, so Seybold laut einer Mitteilung der ETH. »Aber das Tempo, mit dem sie seit dem Jahr 2000 sinken, hat uns schockiert.« Ein Grund für das rasche Absinken gerade in Trockengebieten ist demnach, dass diese Gegenden intensiv landwirtschaftlich genutzt werden und viel Grundwasser zur Bewässerung der Kulturen an die Oberfläche gepumpt wird.

Die stark vom Rückgang betroffenen Regionen liegen überwiegend in trockenen Klimazonen. Das erschwere selbst bei nachlassendem Wasserverbrauch das Auffüllen des Grundwassers beträchtlich, so Jasechko. »Grundwasserleiter in Halbwüsten und Wüsten benötigen oft Hunderte Jahre, um sich zu erholen, weil dort zu wenig Regen fällt, der ins Grundwasser einsickern kann.«

Trend lässt sich umkehren

Allerdings gibt es auch gegenläufige Trends. Bei einem guten Drittel jener gut 500 Aquifere, für die Daten bis ins 20. Jahrhundert zurückreichen, schwächte sich der Rückgang seit dem Jahr 2000 entweder ab oder kehrte sich sogar um – teilweise infolge politischer Maßnahmen, die die Wasserentnahme regulierten. Als Beispiele nennt die Gruppe etwa Regionen in Saudi-Arabien, im Westen Irans und im Becken von Bangkok.

Ein weiteres Positivbeispiel kommt aus Europa: Das Genfer Grundwassersystem versorgt rund 700.000 Menschen im Kanton Genf und im benachbarten französischen Departement Haute-Savoie mit Trinkwasser. Als daraus in beiden Ländern unkoordiniert Wasser hochgepumpt wurde, sank der Spiegel zwischen 1960 und 1970 so drastisch, dass Brunnen versiegten. Daraufhin einigten sich die Schweiz und Frankreich, Wasser aus dem Fluss Arve zuzuführen, um den Grundwasserspiegel anzuheben. »Den ursprünglichen Stand hat dieser Aquifer zwar nicht mehr erreicht, aber trotzdem zeigt dieses Beispiel: Es muss nicht sein, dass Grundwasserspiegel nur sinken«, so Seybold.

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