Nach Messerattacken in Sydney: Debatte über Waffengesetze und Social Media

nach messerattacken in sydney: debatte über waffengesetze und social media

Eine Polizistin hebt in Wakeley am Tatort einer Messerattacke am 16. April 2024 ein Absperrband hoch.

Die Trauergestecke waren noch frisch, als die Australier die nächste Schreckensnachricht erreichte. Innerhalb von nur zwei Tagen wurden in Vororten Sydneys zwei Mal Menschen von Angreifern attackiert, die mit Messern bewaffnet waren. Bei dem ersten Angriff am Samstag hatte ein 40 Jahre alter Mann im Einkaufszentrum Westfield Bondi Junction sechs Menschen getötet und zwölf weitere verletzt, darunter ein neun Monate altes Baby.

Die zweite Tat ereignete sich am Montag in einer Kirche in Wakeley im Westen der Stadt. Ein erst 16 Jahre alter Täter ging dort während des Gottesdienstes einer assyrischen Gemeinde mit dem Messer auf einen Bischof und einen Priester los. Die Verletzungen stellten sich in diesem Fall als nicht lebensbedrohlich heraus.

Ein Mob lieferte sich Straßenschlachten mit der Polizei

Die Ballung von Gewalttaten dieser Art innerhalb weniger Tage werfen in Australien politische Fragen auf. Dabei sind die jeweiligen Taten auch unterschiedlich. Während nach dem Angriff im Einkaufszentrum zunächst über einen Terrorakt spekuliert worden war, fokussierte sich das Interesse später auf die psychischen Krankheiten des Täters. Dabei geht die Polizei auch der Frage nach, warum der Angreifer gezielt Frauen attackierte und Männer „mied“.

In dem zweiten Fall stuften die Behörden die Tat schon nach wenigen Stunden als Terrorattacke ein. Genauere Details über die Hintergründe gaben die Ermittler zunächst nicht bekannt. Australische Presseberichte legten nahe, dass es ein islamistisch motivierter Anschlag gewesen sei. Die Politik hält diese Zusammenhänge nicht nur angesichts der derzeitigen Weltlage für sensibel. Nach der Messerattacke vor der Wakeley-Kirche lieferte sich ein aufgebrachter Mob Straßenschlachten mit der Polizei.

Den Taten gemeinsam war nicht nur die dabei eingesetzte Waffengattung, sondern auch die Art, wie danach echte und falsche Informationen unter Verwendung von teils brutalen Videoaufnahmen in den sozialen Medien verbreitet wurden. Beides führte dazu, dass australische Politiker am Dienstag über mögliche Maßnahmen nachdachten.

So erklärte der Ministerpräsident von New South Wales, Chris Minns, es wäre „unverantwortlich“, nun keine Verschärfung der Gesetze zum Kauf und Besitz von Messern zu erwägen. Der Bundesstaat habe die entsprechenden Gesetze dabei schon vor einem halben Jahr nach dem Mord an einem Rettungssanitäter verschärft. „Aber ich bin nicht bereit, im Moment etwas auszuschließen“, so Minns.

Albanese ruft zu Umsicht in den sozialen Netzwerken auf

Australien hatte in den Neunzigerjahren nach einem Amoklauf in Port Arthur mit 35 Toten die Schusswaffengesetze verschärft. Es gibt auch eine Reihe von strengen „Messer-Gesetzen“, die den Besitz und Handel bestimmter Stichwaffen einschränken.

Das änderte aber nichts daran, dass die beiden Täter von Sydney Zugang dazu hatten. So soll der Amokläufer von Bondi Junction eine „Fixierung“ auf Messer gehabt haben. Der Täter von Wakeley war dem Sender ABC zufolge schon im November an einem Bahnhof mit einem Klappmesser festgenommen worden, nachdem es zu einer Konfrontation mit anderen Jugendlichen gekommen war. Die Anklage gegen ihn wurde aber wenige Wochen später wegen guten Verhaltens fallengelassen.

Australiens Ministerpräsident Anthony Albanese äußerte sich am Dienstag besorgt darüber, welche Rolle die sozialen Medien bei den Gewalttaten gespielt hatten. „Dazu gehört auch die Veröffentlichung von Videos, die sehr schädlich sein können, vor allem für jüngere Menschen, die Zugang dazu haben“, sagte er auf einer Pressekonferenz – und Zugang habe im Grunde „jeder mit einem Telefon“. Der Täter in Wakeley hatte seine Opfer erst attackiert, nachdem ein Livestream des Gottesdienstes begonnen hatte.

Die Regierung werde weiter mit den entsprechenden Stellen zusammenarbeiten und alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel nutzen, um auf die Entfernung des Materials aus den sozialen Netzwerken zu dringen, sagte Albanese. Er rief die Australier dazu auf, sich genau zu überlegen, welche Inhalte sie teilten. Vor allem junge Menschen würden heutzutage in den sozialen Medien mit vielen ungesunden Dingen konfrontiert. „Ich denke, das ist etwas, worüber wir als Gesellschaft eine Debatte führen müssen“, sagte er.

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