Nach Machtkampf: Baywa weist erstmals einen Verlust aus

nach machtkampf: baywa weist erstmals einen verlust aus

Der Baywa-Schriftzug ist in Bayern omnipräsent: Hier an einem Technikzentrum im Hafen von Bamberg.

Die Zinswende hat dem Agrarkonzern Baywa den ersten Verlust in der Firmengeschichte eingebrockt. Der Vorstandsvorsitzende des im Agrar-, Baustoff- und Energiehandel tätigen und im Genossenschaftssektor verankerten Unternehmens, Marcus Pöllinger, kündigte am Donnerstag auf der Bilanzpressekonferenz an, das laufende Jahr zur Konsolidierung nutzen zu wollen. „Dafür schauen wir uns aktuell jede unserer über 500 Beteiligungen an und definieren Wachstumsfelder, Optimierungsfelder sowie Geschäftsfelder, von denen sich die Baywa trennen will“, sagte er. Zukünftig müsse jede Einheit für sich profitabel sein.

Zinsanstieg belastet das Ergebnis deutlich

Damit leitet Pöllinger einen Kurswechsel gegenüber dem Expansionskurs seines Vorgängers Klaus Lutz ein. Zwar lobte Pöllinger seinen Vorgänger dafür, das günstige Zinsumfeld für die Internationalisierung des Geschäfts und den Einstieg in die Erneuerbaren Energien genutzt zu haben. Doch damit verbunden war ein Anstieg der Schulden des Konzerns auf mehr als 5 Milliarden Euro, wodurch die Zinsbelastungen im vergangenen Jahr auf 340 Millionen Euro stiegen und den Betriebsgewinn unter dem Strich in einen Fehlbetrag drehten.

Bei einem um 11,5 Prozent auf 23,9 Milliarden Euro gesunkenen Umsatz ging das operative Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) im Geschäftsjahr 2023 um 200 Millionen auf 304 Millionen Euro zurück. Damit wurde auch die Jahresprognose von 320 bis 370 Millionen Euro verfehlt. Nach Angaben des Unternehmens belastete der rasante Zinsanstieg alle Geschäftsbereiche und drückte das Ergebnis nach Abzug von Zinsen und Steuern auf einen Verlust von 93,4 Millionen Euro – ein Rückgang gegenüber 2022 von fast 333 Millionen Euro.

Machtkampf aufs Erste entschieden

Der erste Verlust in der Unternehmensgeschichte hatte sich schon vor zwei Wochen abgezeichnet, als der Vorstand die Streichung der Dividende angekündigt hatte. Trotzdem verlor der Kurs der im S-Dax notierten Baywa-Aktie am Donnerstag 3 Prozent.

Die Zahlen der Baywa, die von der Bayerischen Raiffeisen-Beteiligungs AG (33,8 Prozent) und der österreichischen Raiffeisen Agrar Invest AG (28,1 Prozent) kontrolliert wird, werden überschattet von einem Machtkampf zwischen Pöllinger und Lutz, der Mitte Januar nach einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung als Vorsitzender des Kontrollgremiums zurücktreten musste. Er hatte zuvor Pöllinger Verstöße gegen die Grundsätze guter Unternehmensführung (“Corporate Governance“) vorgeworfen.

Dabei ging es um Bewertungen von einem Dutzend Führungskräften, die eine ranghohe Mitarbeiterin auf dem von Pöllinger neu geschaffenen Posten des „Chief People, Culture and ESG Officer“ angefertigt haben soll. Stein des Anstoßes war, dass die Mitarbeiterin diese Bewertungen in einer privaten E-Mail an den Chef eines Beratungsunternehmens geschickt haben soll.

Von den Vorwürfen sprach der Aufsichtsrat den seit April 2023 amtierenden Vorstandschef nun nach einer Prüfung durch die Kanzlei Schilling, Zutt & Anschütz frei. Am Mittwochabend teilte das Gremium mit, es seien keine Verstöße gegen Vorschriften (Compliance) oder gegen die Corporate-Governance-Prinzipien festgestellt worden. „Insbesondere lag und liegt explizit keinerlei Fehlverhalten des Vorstandsvorsitzenden oder von Vorstandsmitgliedern vor“, teilte der Aufsichtsrat mit.

Das Gremium sprach Pöllinger und dem Vorstand das uneingeschränkte Vertrauen aus. „Der Aufsichtsrat der Baywa AG betrachtet den Vorgang deswegen damit als vollumfänglich erledigt und abgeschlossen“, hieß es in der Mitteilung. Auf Fragen, ob sein Vorgänger Lutz auf der Hauptversammlung entlastet werden soll oder ob dieser in der Untersuchung durch die Kanzlei Schilling, Zutt & Anschütz befragt worden sei, wollte Pöllinger nicht antworten. Er sagte lediglich, dass er das Kapitel als geschlossen betrachte.

Aktionäre können wieder Dividende erwarten

Damit dürfte sich Pöllinger gegen seinen Vorgänger Lutz aufs Erste durchgesetzt haben. Ob damit wieder Ruhe in den Münchner Konzern einkehrt, hängt entscheidend von der geschäftlichen Entwicklung ab. Pöllinger will in diesem Jahr die Baywa wieder in den Gewinnkorridor zurückführen. Mit der Umsetzung der „Strategie 2030“ würden die Profitabilität erhöht und die Kosten über alle Geschäftsbereiche und Verwaltungseinheiten reduziert. Die Aktionäre können nach seinen Worten eine Wiederaufnahme der Dividendenzahlung erwarten. Die Schulden sollen um 500 Millionen Euro gesenkt werden.

Den Zinsaufwand sieht Finanzvorstand Andreas Helber in diesem Jahr bei 300 Millionen Euro, also 40 Millionen Euro weniger als 2023. Den Betriebsgewinn erwartet er in einer Spanne von 365 bis 385 Millionen Euro, so dass unter dem Strich ein Jahresüberschuss von 70 bis 75 Millionen Euro möglich sei.

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