Monaco im Miniatur Wunderland: So lief der Besuch von Fürst Albert und Charlène

Charlène und Fürst Albert schauen kurz in Hamburg vorbei, um eine winzige Version ihres Heimatländchens einzuweihen. Der Auftritt der Monaco-Royals gerät hinreichend schrullig.

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Monaco im Miniatur Wunderland: So lief der Besuch von Fürst Albert und Charlène

Die ganze Angelegenheit klingt wie ein besonders gelungener Schrägsatz aus dem alten Falt–und-Weiterschiebspiel »Onkel Otto sitzt in der Badewanne«. Fürst Albert von Monaco weiht im Miniatur Wunderland eine Minimini-Autorennstrecke ein – so ein semantisches Schmecki weckt eben den Eindruck, hier hätte jemand Subjekt, Tätigkeit und Ortsangabe nach dem Zufallsprinzip zusammengeklebt oder als seien imaginationsmächtige Menschen im Blunarausch am Werk gewesen.

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Skurriler als die Fantasie ist aber immer noch die Wirklichkeit. Und so erscheinen Albert II., seine Ehefrau Fürstin Charlène und ihre Kinder, die neunjährigen Zwillinge Jacques und Gabriella, am späten Donnerstagnachmittag wahrhaftig in der Hamburger Speicherstadt. Dort sollen sie in der größten Modelleisenbahnanlage der Welt die neue, 36 Quadratmeter große Monaco-Modellfläche mit einem Autorennen in Höchstschrumpfgröße offiziell eröffnen.

Der Staatsbesuch im Miniatur Wunderland habe hochkomplexe protokollarische Planung erfordert, erklärt Frederik Braun noch schnell dem umfangreichen Presserudel, das wie prinzipiell kooperative, aber eventuell eben doch übermütige Kälber vom fürstlichen Einweihgeschehen abgezäunt ist.

»Gerrit stellt der Fürstenfamilie 4 Autos zur Auswahl«

Braun verwirklichte die putzige Miniwelt zusammen mit seinem Zwillingsbruder Gerrit. Die Hingabe der beiden an fitzelige Details spiegelt sich im hinreißend kleinteiligen Ablaufplan des Monaco-Ereignisses: 15 Tagesordnungspunkte sind da minutengenau auf nicht mal ganz eine Stunde portioniert. »Fürst Albert verlässt den Bereich und geht zum Cocktailempfang« ist für 17:55 Uhr terminiert, und natürlich möchte man da sofort ein gleichnamiges Dramolett in der Nachfolge von »Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen« des geliebten Thomas Bernhard schreiben.

Noch aber sind wir termintreu bei 17:28 Uhr: »Gerrit stellt der Fürstenfamilie 4 Autos zur Auswahl und alle 4 suchen sich eins aus«, steht im Ablaufplan. Und so geschieht es. Fürst Albert wählt den Ferrari, na klar. Dann drücken die Monegassen, um natürlich auch dieses schöne Wort noch unterzubringen, gemeinschaftlich auf einen goldenen Buzzer, und das automatische Rennen beginnt.

Jahrelang hätten sie im Miwula, so die nach patent-unverwüstlicher Küchenmaschine klingende Abkürzung des Anlagennamens, an der technischen Umsetzung gekniffelt, wird Gerrit Braun später erzählen. Schließlich sollten die Rennen immer wieder anders ausgehen.

Auf das Ergebnis ist er so sichtlich stolz, dass man sich gleich selbst überraschend intensiv mit freut über die 14 Miniautos, die gleichzeitig durch die engen Gassen flitzen können, und die 29 millimetergroßen Kameras, die entlang der Strecke verbaut wurden. Sie übertragen nun live dieselben Bilder auf die Miniatur-Screens an den Zuschauertribünen, die auch die Besuchermenschen auf den regulär großen Bildschirmen an der Anlagenkante sehen. Fünf Millionen Euro wurden beim neu geschaffenen Teil insgesamt verbaut, neben dem Fürstentum Monaco samt Formel-1-Strecke ist nun auch eine Provence-Landschaft zu sehen.

Der Crash

Beim fürstlichen Rennen passiert dann natürlich das, was laut Gerrit Braun aus statistischen, nur unnötig kompliziert erklärbaren Gründen bei einem von zehn Rennen passiert: Ein Rennwagen bleibt plötzlich auf der Strecke stehen, ein anderer rumst hintendrauf. »What, I’m out?«, ruft Prinz Jacques, seine Schwester Gabriella befeixt seinen Crash typisch geschwisterlich, aber fürstlich dezent.

Gerrit Braun greift zu einem langen, dünnen Stock: Halb Dirigent, halb eleganter Billardspieler fischt er damit die ausgefallenen Autos mit chirurgischer Präzision von der Strecke, ohne dass ein einziges Minimännchen zu Schaden kommt. Man sieht die Routine in seinen Bewegungen: »Enten angeln«, wie dieser Einsatz an der Strecke im Miwula heißt, müssten sie hier etwa alle drei Stunden, sagt Braun.

Echte Formel-1-Fahrer hätten ihm bestätigt, dass seine Mini-Autos an denselben Stellen bremsen oder Überholmanöver starten wie die echten Rennwagen. Gerrit Braun ist der technikbegeistertere Bruder, aber beide eint die Faszination für die Liebe zu Monaco: Schon als Kinder waren die Brüder etwa zehnmal dort, so erzählt Frederik Braun, mit dem Vater führten sie Strichlisten über Autofabrikate und bemühten sich, in jedem Urlaub sämtliche französischen Marken und Sportwagen zusammenzubekommen.

Ablenkung Nilpferd

Die kurze, Crash-bedingte Pause nutzen die Fürstenkinder, um all die kleinen Details der Anlage zu inspizieren. »Hello Kitty!«, ruft Gabriella und deutet auf eine pinkfarbene Jacht. Insgesamt 175 Nobelkähne ankern in der neuen Anlage. Auf einem Deck liegt bräsig ein kinderfingernagelkleiner Bernhardiner in der Sonne; wer den Hals ein bisschen reckt, sieht an anderer Stelle ein nackiges Paar in amouröser Verknotung.

Falls Besucherkinder an dieser Stelle zu intensiv nachfragen, kann man sie eventuell damit ablenken, zusammen schnell nach Pollux, dem Nilpferd, zu suchen. Es wohnt auch im Wunderland-Fürstentum im »Jardin Animier de Monaco«, einem Tierpark, der vor allem ausgesetzte, vom Zoll beschlagnahmte oder anderweitig in Not geratene Tiere aufnimmt. Pollux wurde 1986 aus einem Zirkus gerettet.

Wie im echten Leben findet auch in dieser kleinen Welt jeder das, was ihn interessiert. Freunde der US-Adaption der britischen TV-Serie »The Office« entdecken entlang der Rennstrecke Werbung für die fiktive Papierfabrik Dunder Mifflin. Royalistinnen und Romantiker können eine detailgetreue Hochzeitszene von Fürst Rainer III. und Fürstin Gracia Patricia bewundern: Das Paar verlässt gerade die Kirche, der ikonische Brautschleier fächert sich über die Treppen der Kathedrale Notre-Dame Immaculée. Um die vertrauten Fernsehbilder von 1956 nachzuempfinden, ist dieser Teil der Monaco-Nachbildung in Grautönen gehalten, ein smarter und rührender Effekt.

Was der Sohn des abgebildeten Hochzeitspaares bei der privaten Besichtigung vor dem Rennevent zu dieser Szene gesagt hatte, will einem Frederik Braun auch auf Nachfrage nicht verraten: »Das bleibt privat, das haben wir vorher so vereinbart«, sagt er.

Auf der Strecke flitzen die kleinen Wagen wieder. Am Ende gewinnt Fürstin Charlène, sie nimmt ihren Sieg, wie bereits das gesamte Geschehen, mit drei-wetter-taftiger Nonchalance hin. Ihren Mini-Pokal reicht sie an ihre Kinder weiter, dann enteilt sie schon mal zum Cocktailempfang, bei dem die Fürstenfamilie anschließend mit Prominenz wie Michael Ballack und Johannes B. Kerner anstößt, bevor es im Privatjet zurück ins normgroße Monaco geht.

Im Miniaturwunderland bleibt die Familie auf ewig, natürlich geschrumpft: Schon während des Events wurde hinter verschlossener Tür an ihren Miniaturen gearbeitet, die bald in der Anlage aufgestellt und exakt in den Farben gekleidet sein werden wie ihre lebendigen Vorbilder.

Vorher spricht Albert II. aber noch seine nicht privaten Eindrücke vom Mini-Monaco in eine Kamera.

»Unglaublich«, »wunderbar« und »sehr schön« sei es, sagt er. Mit diesem Wortrepertoire würde man ihn bei »Onkel Otto« wirklich nur aus Höflichkeit mitspielen lassen.

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