Modell für Bildnis auf Münze: Ehrengrab für „50-Pfennig-Frau“

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Baumpflanzerin aus dem Taunus: Für die 50-Pfennig-Münze stand Gerda Johanna Werner aus Oberursel ihrem Mann, dem Bildhauer Richard Martin Werner, Modell.

Der Anblick dieser Frau ist jedem vertraut, der vor dem Jahr 2002 deutsches Geld in Händen gehalten hat. Doch nur wenige kennen den Namen der Frau, die auf der Rückseite des 50-Pfennig-Stücks abgebildet war. Sie kniet auf dem Boden und hat einen Eichensetzling in der Hand. Beim Pflanzen arbeitet sie barfuß, trägt ein einfaches, knöchellanges Kleid, ein Kopftuch hält die Haare zusammen. Diese Darstellung wurde seit der Erstausgabe von Mark und Pfennig jahrzehntelang in die kleine Münze aus einer Kupfer-Nickel-Legierung geprägt. Mit diesem Motiv wurde in den Anfangsjahren der Bundesrepublik an die „Kulturfrauen“ erinnert, die nach dem Krieg in mühevoller Handarbeit Kahlflächen in Wäldern aufforsteten.

In Oberursel ist man stolz darauf, dass die echte „50-Pfennig-Frau“, also die Person, die für die Darstellung auf der Münze Modell gestanden hatte, eine Bürgerin der Stadt war: Gerda Johanna Werner, genannt „Jo“. Von 1937 an lebte sie bis zu ihrem Tod im Jahr 2004 in der Taunusstadt. Auf dem Alten Friedhof fand sie ihre letzte Ruhe in einem gemeinsamen Grab mit ihrem Mann.

Nun liegt es an den Vorschriften für den Friedhof, dass die Stadtpolitiker sich mit Gerda „Jo“ Werner und ihrer Bedeutung für die Stadt beschäftigen. Denn für ein Grab gilt eine festgelegte Ruhezeit. Ist diese Frist abgelaufen, wird das Grab eingeebnet. Dessen Fläche kann später für eine weitere Beerdigung verwendet werden, so dass ein neues Grab an der alten Stelle entsteht.

Bürgermeisterin will Ehrengrab für Gerda Jo Werner

In Oberursel gilt seit 2021 eine Regel, nach der die städtischen Gremien, das Stadtarchiv und der Heimatkundeverein vor dem Abräumen eines Grabs informiert werden müssen. Kommunalpolitiker und Lokalhistoriker können dann prüfen, ob der Bestattete eine besondere Bedeutung für die Stadt hat. Dann wird das Grab nicht abgeräumt. Das wird in diesem Fall zurzeit geprüft.

Der Magistrat bereitet einen Beschluss vor, denn Bürgermeisterin Antje Runge (SPD) und der Erste Stadtrat Christof Fink (Die Grünen) sind sich schon einig geworden, dass die Ruhestätte in ein Ehrengrab umgewandelt werden sollte, wie es in einer gemeinsamen Stellungnahme heißt. Damit werde die Stadt ihrer „herausragenden Bedeutung“ gerecht und erinnere an ihren Platz in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Entscheidung im Magistrat ist für April vorgesehen.

Der Entwurf für die Darstellung auf der Münze stammte vom Mann des Modells, dem Künstler Richard Martin Werner. Den Entwurf hatte er im Jahr 1948 zu einem Gestaltungswettbewerb der Bank deutscher Länder eingereicht. Die Notenbank mit Sitz in Frankfurt, Vorläufer der Bundesbank, war von den drei westlichen Besatzungsmächten gegründet worden, um die Währungsreform mit Einführung der D-Mark zu organisieren und zu überwachen.

Modell war selbst Künstlerin

Auf der Vorderseite der ältesten 50-Pfennig-Münzen ist „Bank deutscher Länder“ eingeprägt, später nahm der Schriftzug „Bundesrepublik Deutschland“ den Platz rund um die Zahl „50“ ein. Das erlebte der Künstler nicht mehr. Richard Martin Werner konnte nie die Münze mit dem Bildnis seiner Frau in der Hand halten, weil er 1949 starb, bevor sie in Umlauf kam.

Doch die echte „50-Pfennig-Frau“ war mehr als nur das Modell für das Bildnis einer Kulturfrau. Denn Gerda „Jo“ Werner war selbst Künstlerin, ausgebildet an der Städelschule in Frankfurt. Sie schuf Aquarelle und Ölbilder, die in Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden, Hannover und Paris ausgestellt wurden. In Oberursel wirkte sie über Jahrzehnte als Kunstlehrerin an der Gesamtschule und der Feldbergschule sowie als Dozentin an der Volkshochschule. In einer Fernsehsendung von Frank Elstner hatte sie einen Auftritt, im Jahr 1996 wurde sie anlässlich ihres 80. Geburtstags von ihrer Heimatstadt mit der Ehrenmedaille für ihr berufliches und künstlerisches Wirken ausgezeichnet.

Nun steht über das Ehrengrab hinaus noch eine weitere Würdigung zur Debatte, nämlich die Benennung einer Straße nach ihr. Ihrem so früh verstorbenen Mann wurde diese Ehre schon zuteil, an ihn erinnert seit dem Jahr 1992 der Richard-Werner-Weg in einem Wohngebiet am westlichen Stadtrand.

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