Märkte Insight: Bei allen Rekorden wird es Zeit für einen Depot-Frühjahrsputz

Der Börsenaufschwung scheint nicht enden zu wollen. Für Anleger ist es Zeit zu prüfen, ob die Struktur ihres Portfolios noch stimmt, schreibt Handelsblatt-Redakteurin Anke Rezmer.

Es ist das 25. Rekordhoch in diesem noch jungen Jahr: Der deutsche Leitindex Dax steigt scheinbar unaufhaltsam. Am Mittwoch erreichte der Index die 18.500-Punkte-Marke, auch wenn Experten zufolge eigentlich alle guten Nachrichten zu den erwarteten Zinssenkungen und der sich überraschend besser entwickelnden Konjunktur bereits in den Kursen enthalten sind.

Zur Wochenmitte sorgte die optimistischere Stimmung in der Wirtschaft der Euro-Zone für neue Kauflaune. Dass die führenden Konjunkturexperten ihre Prognose für Deutschland auf ein minimales Wachstum von 0,1 Prozent in diesem Jahr kappten, interessierte die Investoren offenbar kaum.

Strategen begründen die nicht enden wollende Rally mit der Sorge vieler Anleger, Kursgewinne zu verpassen, sollten sie zu früh aussteigen. Spätestes auf diesem Niveau macht es jedoch Sinn zu prüfen, ob das eigene Depot durch den nun fünf Monate anhaltenden Börsenaufschwung ins Ungleichgewicht geraten ist, ob einzelne Wertpapiere einen zu großen Anteil bekommen haben.

Bekanntlich wurde der Anstieg international großenteils von wenigen Aktien getragen: in den USA von den Glorreichen Sieben, also den Tech-Riesen Alphabet, Amazon, Apple‧, Meta, Microsoft, Nvidia und Tesla, im Dax von Airbus, Allianz, Mercedes-Benz, SAP und Siemens.

Deshalb erinnert Chef-Anlagestratege Mark Haefele von der Schweizer Großbank UBS mit einer Berechnung an eine goldene Börsenregel: Es zahlt sich aus, das Depot ausreichend breit auf verschiedene Anlagearten, Regionen, Sektoren und Anlagestile zu verteilen, um sich so gut es geht gegen Verlustrisiken zu schützen.

Statistiken der UBS, die bis in das Jahr 1900 zurückreichen, zeigen, dass ein Anleger, der sein Geld in 21 Ländern investiert, um 40 Prozent geringere Wertschwankungen aushalten musste als jemand, der nur in einem Land investiert.

Zudem bringt ein Mix aus Aktien und Anleihen bekanntlich stabilere Erträge als ein reines Aktiendepot, da sich diese beiden großen Anlageklassen zumeist unterschiedlich entwickeln. Über fünf Jahre gibt es bei einem gemischten Depot der UBS zufolge eine Fünf-Prozent-Wahrscheinlichkeit für Verluste, über zehn Jahre keine mehr. Ein reines Aktiendepot macht dagegen zu zwölf Prozent Verlust in fünf Jahren und zu fünf Prozent in einer Dekade.

Ferner haben Investoren, die breit angelegt haben, gute Chancen, keinen Trend zu verpassen. Wer zuletzt den Welt-Aktienindex MSCI World hielt, hatte die Glorreichen Sieben automatisch im Depot, wer nur auf Deutschland setzte eben nicht.

///Dax-Zukunft: Mahnung der UBS-Strategen // .

Allerdings warnen die UBS-Strategen davor, Börsengewinnen hinterherzujagen: Unser Gehirn ist fest darauf ausgerichtet, Muster zu entdecken, auch an der Börse. Das könne dazu führen, dass Investoren aktuelle Trends einfach in die Zukunft fortschreiben, zum Beispiel die Rally der US-Tech-Riesen. Haefele erinnert daran, dass diese Aktien 2022 überdurchschnittlich starke Kursverluste erlitten.

Die Statistik hilft auch hier weiter: Die jeweils 14 besten Anlageklassen eines Jahres sorgten seit 1999 mit einer Wahrscheinlichkeit von 40 Prozent im Folgejahr für Verluste. Mit einem breit gestreuten Depot sinkt diese Wahrscheinlichkeit immerhin auf 30 Prozent.

Die Vielfalt der Anlageklassen gilt es somit im Höhenrausch nicht zu vergessen. Die UBS-Strategen raten, deshalb regelbasiert anzulegen, etwa Gewinne zu sichern, wenn Kursziele erreicht sind, oder im Tief nachzukaufen.

Diese Berechnungen bestätigen, was besonnene Anleger ohnehin wissen: Ein gesundes Misstrauen gegenüber jeder Art von Euphorie hilft, herbe Enttäuschungen zu vermeiden. Breit diversifiziert anzulegen mag vielleicht weniger aufregend sein als die Jagd nach dem nächsten Börsen-Überflieger, aber langfristig ist es die lohnendere Variante.

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