Kroatien nach der Wahl: Der Kampf der Alphatiere geht weiter

kroatien nach der wahl: der kampf der alphatiere geht weiter

Andrej Plenković ist seit acht Jahren Ministerpräsident von Kroatien. Aber bleibt er es auch?

In Kroatien hat die konservative HDZ zwar die Parlamentswahl gewonnen, ihr Chef dürfte es aber schwer haben, eine Regierung zu bilden. Den Anstoß dazu muss ausgerechnet sein Erzrivale geben.

Der Kampf der Alphatiere geht weiter

Der amtierende Ministerpräsident Kroatiens, Andrej Plenković, hat mit seiner konservativen HDZ die meisten Stimmen erzielt, aber eine Regierung zu bilden wird nicht leicht für ihn werden. Das ist das Resultat der Parlamentswahl vom Mittwoch: Wie die Wahlkommission am Donnerstag nach Auszählung der meisten Stimmen bekannt gab, votierten 34,4 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die HDZ, damit erhält sie 61 von 151 Sitzen – fünf weniger als bei der vorigen Wahl im Juli 2020. Ob Plenković das Land auch künftig regieren kann, hängt nun davon ab, ob es ihm gelingt, unter den kleineren Parteien Partner für eine Koalition zu finden – und von seinem Hauptrivalen, Staatspräsident Zoran Milanović.

Milanović hatte im März selbst verkündet, er werde für seine nominell sozialdemokratische Partei SDP als Kandidat antreten. Dem schob das Verfassungsgericht einen Riegel vor, indem es urteilte, solange Milanović als Staatsoberhaupt amtiere, könne er sich nicht um einen Sitz im Parlament bewerben, geschweige denn Wahlkampf machen. Der Präsident reagierte, indem er die Verfassungsrichter “Analphabeten” und “Bauern” nannte, sie bildeten zusammen mit der Regierung eine “Gangsterbande”. Auf seine offizielle Kandidatur verzichtete Milanović, Wahlkampf für das von seiner SDP angeführte Oppositionsbündnis “Rijeke pravde” (“Ströme der Gerechtigkeit”) machte er trotzdem – und attackierte die regierende HDZ unermüdlich an ihrer größten Schwachstelle: ihren ständigen Korruptionsskandalen.

Zahlreiche Korruptionsvorwürfe gegen Minister

Seit sich Kroatien 1991 als unabhängiger Staat vom damaligen Jugoslawien abgespalten hat, regiert die HDZ das Land nahezu durchgehend. Plenković ist seit nunmehr acht Jahren im Amt, und im Laufe seiner beiden Amtszeiten musste er insgesamt 30 Ministerinnen und Minister entlassen, die meisten aufgrund von Korruptionsvorwürfen. Der Premier, der selbst bislang nicht direkt in derartige Skandale verwickelt ist, ließ zwischenzeitlich ein Gesetz verabschieden, wonach Informanten, die Details aus Ermittlungsakten der Justiz an Medien weitergeben, mit bis zu drei Jahren Gefängnis bedroht werden.

Zum Generalstaatsanwalt hatte er kurz zuvor den langjährigen Richter Ivan Turudić ernannt. Der hatte sich seinerzeit einen Namen gemacht, indem er den früheren Premierminister Ivo Sanader wegen Korruption zu zehn Jahren Gefängnis verurteilte. Allerdings unterhielt Turudić zuletzt nachweislich selbst freundschaftliche Kontakte zu Kriminellen, weshalb Präsident Milanović nach dessen Ernennung zum Generalstaatsanwalt in Abwandlung eines bekannten Sprichworts wetterte, dabei handle es sich um den “Eimer, der die Jauchegrube zum Überlaufen bringt”.

Von derlei markigen Sprüchen war der Wahlkampf des Präsidenten für seine SDP geprägt. Milanović ist nicht nur für seine mitunter populistische Rhetorik bekannt, die ihm den Beinamen “kroatischer Trump” eingebracht hat, sondern auch für seine Nähe zu Ungarns Premier Viktor Orbán und für seine mitunter russlandfreundlichen Positionen – die militärische Unterstützung des Westens für die Ukraine bezeichnete er einmal als “zutiefst unmoralisch”, weil sie den Krieg unnötig verlängere. Die SDP erzielte am Mittwoch 25,4 Prozent der Wählerstimmen. Deren Vorsitzender Peđa Grbin sagte, das Ergebnis sei “sicher nicht das, was wir uns gewünscht haben”, zeige aber, dass “zwei Drittel der Bürger einen Wechsel wollen und unzufrieden damit sind, was in Kroatien passiert, und wir werden sie nicht im Stich lassen”.

Premier und Präsident sind sich spinnefeind

Andrej Plenković sagte am Donnerstag, die künftige Regierung sollte selbstverständlich vom Wahlsieger gebildet werden, zugleich warf er Präsident Milanović wegen dessen Wahlkampfs für die Opposition einen “schamlosen Verfassungsbruch” vor.

Die mit 9,6 Prozent drittplatzierte rechte Partei “Domovinski pokret” (“Heimatbewegung”) deutete ihre Gesprächsbereitschaft mit der HDZ an, die viertplatzierte grün-liberale “Možemo!” (“Wir können!”) erklärte dagegen, notfalls eine von der SDP geführte Minderheitsregierung unterstützen zu wollen. Die Možemo!-Kandidatin Sandra Benčić rief am Donnerstag “alle politische Akteure von links bis rechts” dazu auf, sich zu dem gemeinsamen Ziel zu bekennen, “den korrupten Kraken zu zerstören” und nicht mit der HDZ zu koalieren. Auf Platz fünf kam mit acht Prozent die liberalkonservative Partei “Most” (“Brücke”), deren Vorsitzender Božo Petrov vor der Wahl verkündet hatte, die HDZ solle “in die Opposition geschickt werden”.

Wer den Auftrag zur Regierungsbildung bekommt, das entscheidet laut kroatischer Verfassung der Staatspräsident, also Plenkovićs Erzrivale Zoran Milanović. Die Gespräche zwischen den möglichen Koalitionspartnern dürften Wochen bis Monate dauern, auch Neuwahlen sind denkbar.

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