Kommentar zu Putin-Äußerungen: Geisterfahrer Gerhard Schröder

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Bald 80 Jahre alt und steht noch immer zu seiner Freundschaft zu Putin: Gerhard Schröder im März 2024 in seiner Kanzlei in Hannover.

Der Bundeskanzler, der zumindest einige seiner früheren Entscheidungen bedauern würde, muss wohl noch gewählt werden. In seinem unerschütterlichen Selbstbewusstsein ist Gerhard Schröder nicht allein. Trotzdem ist es bestürzend, dass er kaum eine Gelegenheit auslässt, um seine felsenfeste Freundschaft zu Wladimir Putin auch jetzt noch zu beteuern. Die SPD mag dieser Tage schlingern auf ihrem russlandpolitischen Kurs. Geisterfahrer Gerhard Schröder hält unbeirrt die Spur.

Schröder verharmlost dabei nicht nur Vorgehen und Absichten der Kremlchefs, er trennt außerdem mit großer Leichtigkeit die Person Putin von dessen Politik. Das ist erstaunlich für jemanden wie Schröder, der doch mit jeder Faser seines Körpers Politiker war und sie wie einen Kampfsport betrieb.

Man kann nicht wissen, ob diese Freundschaft auf Gegenseitigkeit beruht. Aber wenn Schröder nun im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur sagt, vielleicht könne ihr enges Verhältnis ja zur Befriedung der Lage beitragen, dann muss man feststellen: Schröder hat rein gar nichts bei Putin ausrichten können, als er sich vor zwei Jahren kurz nach Ausbruch des Ukrainekrieges mit ihm traf. Eine Friedensmission kann eben nur dann erfolgreich sein, wenn der Aggressor auch Frieden will. Putin hätte jederzeit die Chance dazu. Dazu braucht es keinen ehemaligen deutschen Bundeskanzler.

Nur von Fehler zu sprechen reicht nicht

Die SPD treffen die Äußerungen von Schröder zu einer Zeit, in der sie äußerst instabil wirkt. Diesen Eindruck erweckte die Partei auch früher immer wieder, aber jetzt stellt sie den Kanzler, sie bestimmt den außenpolitischen Kurs. Wenig überraschend, dass Schröder seinen Nach-Nachfolger als „Friedenskanzler“ lobt. Nun kann man sich seine Fans nicht aussuchen. Aber natürlich hat die Partei es sich auch selbst zuzuschreiben, dass sie Zweifel zulässt an ihrer konsequenten Ukraine-Unterstützung.

Parteichef Lars Klingbeil hat seiner Partei die umfassende Aufarbeitung der eigenen Russlandpolitik verordnet. Und er meint es auch so. Aber es reicht eben nicht, in einem Parteitagsbeschluss von „Fehlern“ zu sprechen, die in der Vergangenheit gemacht worden seien. Schröder wird ohnehin niemand mehr von seinen Überzeugungen abbringen. Leider zeigt die Reaktion im Großteil der Partei, dass Klingbeils Kraftakt bislang auch jenseits von Hannover gescheitert ist.

Scholz taugt nicht als Friedenskanzler

Denn bezeichnenderweise war die SPD selten so zufrieden mit ihrem Kanzler wie bei dessen Nein zur Taurus-Lieferung an die Ukraine. Die alte Russlandpolitik ist nicht wieder da, aber erschreckend vielen in der SPD fällt es sehr leicht, wieder in alte Muster zurückzufallen. Diese sind bequem, gelernt, und sie entspringen wohl auch angesichts miserabler Umfragewerte einem gewissen Trotz.

Was diejenigen, die Scholz schon jetzt gerne als Friedensengel in den Wahlkampf schicken würden, vergessen – inklusive Gerhard Schröder: Als Friedenskanzler taugt Scholz nur bedingt. Denn ohne Zweifel steht er ja an der Seite der Ukraine und ruft die westlichen Partner immer wieder zu mehr Waffenlieferungen auf.

Für Fehlschlüsse ist die SPD gerade leider gut zu haben. Das prominenteste Beispiel ist Willy Brandt. Dessen Entspannungspolitik ist in der SPD heilig. Er begründete die moderne „Partei des Friedens“. Aber auch für ihn gilt: Er kann sich seine Nachahmer nicht aussuchen. In den siebziger Jahren fielen realpolitische Außenpolitik und sozialdemokratische Entspannungsvisionen zusammen. Das ist heute anders. Aber einige hängen noch in der damaligen Zeit fest – Gerhard Schröder vermutlich, Rolf Mützenich, der über ein „Einfrieren“ des Ukrainekriegs nachdenkt, bestimmt.

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