Kanzler in Peking: China-Reise: Als Scholz Frieden wollte und Äpfel bekam

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Bundeskanzler Olaf Scholz (links) mit Staatspräsident Xi Jinping: data-portal-copyright=

In wichtiger Mission war Olaf Scholz nach Peking gereist. Denn die chinesische Wirtschaftspolitik schadet deutschen Unternehmen. Seine Erfolge sind überschaubar.

Mit 21 Salutschüssen wird Bundeskanzler Olaf Scholz am Nachmittag des dritten und letzten Tages seiner Chinareise auf dem angrenzenden Platz des Himmlischen Friedens offiziell begrüßt. Kurz zuvor war er in einer schwarzen Limousine des chinesischen Herstellers Hongqi, zu Deutsch „Rote Fahne“, an der Großen Halle des Volkes vorgefahren.

Bei seinem letzten Besuch im Jahr 2022 hatten in ganz China noch strenge Coronarestriktionen geherrscht, der Empfang mit militärischen Ehren durch den damaligen Premierminister Li Keqiang musste damals im Inneren abgehalten werden und nicht auf dem beeindruckend großen Platz mitten in Peking. Umso mehr Pomp gab es dieses Mal. Bei strahlend blauem Himmel schritten Li und Scholz vorbei an den tadellos aufgereihten Soldatinnen und Soldaten der Volksbefreiungsarmee.

Der Dienstag war der Höhepunkt der zweiten Chinareise des Bundeskanzlers. Am Morgen hatte ihn Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zu einem mehr als dreistündigen Austausch empfangen, am Nachmittag stand dann das Treffen mit Premierminister Li Qiang sowie die gemeinsame Teilnahme an der Sitzung des Beratenden Ausschusses der deutsch-chinesischen Wirtschaft auf dem Programm.

Eine Pressebegegnung gab es zwar, Fragen waren jedoch nicht zugelassen. Li betonte, man wolle die Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen vertiefen. „Tauschen wir die Gaben aus und entzünden wir ein Licht am anderen Licht“, zitierte Li den deutschen Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz. Scholz entlockte er damit ein gequältes Lächeln.

Der Kritik westlicher Staaten an chinesischen Überkapazitäten trat Li entschieden entgegen. Einige Staaten hätten eben in einigen Bereichen Stärken, so Li. Er sprach sich dafür aus, den Wettbewerb entscheiden zu lassen, sodass der Stärkere gewinnen möge. Den Vorwurf, China würde durch Subventionen den fairen Wettbewerb verzerren, wies Li zurück und betonte, es gebe auch in anderen Ländern Subventionen, die teilweise sogar höher seien.

Chinas stark staatlich unterstützte Wirtschaft versucht, die Schwäche im Inland mit immer höheren Exporten auszugleichen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will den europäischen Markt, etwa den für E-Autos, notfalls mit Zöllen schützen.

China sieht Wettbewerb als Grund für eigenen Erfolg

Genau wie Li hatte schon Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping die von Scholz angeführte Kritik an den chinesischen Überkapazitäten weggewischt. Laut der offiziellen chinesischen Gesprächszusammenfassung sagte er, Chinas Exporte von Elektrofahrzeugen, Lithiumbatterien und Photovoltaikprodukten hätten nicht nur das weltweite Angebot bereichert und den globalen Inflationsdruck gemildert, so Xi, sondern auch einen großen Beitrag zur globalen Reaktion auf den Klimawandel sowie zur grünen Transformation geleistet.

Premierminister Li verwies am Nachmittag zudem auf die internationale Energieagentur, wonach deutlich mehr E-Fahrzeuge und Erneuerbare-Energien-Produkte benötigt würden, um den Klimawandel zu stoppen. China sei bereit, seinen Beitrag dazu zu leisten.

Er kündigte an, chinesische Einfuhrbeschränkungen auf Äpfel und Rindfleisch aufzuheben sowie die für Schweinefleisch zu überprüfen. Im Gegenzug forderte er von Deutschland, Ausfuhrbeschränkungen von Hightech-Gütern aufzuheben.

Während Li sich in seinen Aussagen auf Wirtschaftspolitik beschränkte, ging Scholz in seinem Statement vor allem auf geopolitische Fragen ein. Er habe Staatschef Xi dazu gebeten, auf Putin einzuwirken, um eine nachhaltige Friedenslösung für die Ukraine zu erreichen, sagte er.

Als Erfolg verbuchte Scholz dabei, dass China zugesagt habe, einen engen und „positiven Austausch“ über die Organisation der hochrangingen, in der Schweiz geplanten Konferenz sowie anderer relevanter Friedenskonferenzen zu pflegen.

Allerdings hatte sich Scholz offenbar mehr erhofft, nämlich dass China die Teilnahme an der Konferenz in der Schweiz zusagt. Das passierte nicht. Im offiziellen chinesischen Read-out des Gesprächs zwischen Xi und Scholz wird der chinesische Staats- und Parteichef mit den Worten zitiert, China unterstütze „zu gegebener Zeit“ die Einberufung einer internationalen Friedenskonferenz, „die von Russland und der Ukraine akzeptiert werde, an der sich alle Parteien gleichberechtigt beteiligen und auf der alle Friedenspläne fair diskutiert würden“, so Xi.

Politische Abkommen statt Wirtschaftsverträge

Diese von chinesischer Seite offiziell verbreitete Aussage kann so interpretiert werden, dass China den Schweizer Friedensgipfel nicht unterstützt. Denn Russland hatte bereits erklärt, nicht an dem Treffen in der Nähe von Luzern teilzunehmen. Beim Delegationsgespräch soll Xi Teilnehmern zufolge gesagt haben: Alle Länder müssten Platz am Tisch haben, keines dürfte auf der Speisekarte stehen.

An wenigen Stellen bei der dreitägigen Reise wurde deutlich, dass sich die Beziehungen zwischen Deutschland und China geändert haben. So wurden nicht wie noch unter Merkel üppige Verträge zwischen chinesischen und deutschen Unternehmen im Beisein der hochrangigen Politiker unterzeichnet, sondern staatliche Kooperationsvereinbarungen.

In einem Raum in der Großen Halle des Volkes war auf einem mit dunkelgrünem Stoff überzogenen Tisch ein üppiges Blumenbouquet drapiert, die Verträge lagen zur Unterschrift bereit. Li und Scholz stellten sich dahinter auf. Anders als in früheren Zeiten nahmen auf den wuchtigen Holzstühlen jedoch keine Wirtschaftsvertreter Platz, um millionenschwere Wirtschaftsabkommen zu schließen.

Die elf mitgereisten CEOs standen am Rand des Raums und sahen nur zu, wie die Abkommen unterzeichnet wurden. Es geht dabei um eine stärkere Zusammenarbeit beim Recycling und bei der Entwicklung des autonomen Fahrens sowie die Aufhebung von Beschränkungen beim Export von Agrargütern. Zuvor waren die mitgereisten Wirtschaftsvertreter mit Scholz und Li bei einer Sitzung des deutsch-chinesischen beratenden Wirtschaftsausschusses zusammengekommen.

Bei seinen wichtigsten Anliegen kam Scholz hingegen nicht weiter: weder bei Chinas Rolle im russischen Krieg gegen die Ukraine noch bei Chinas Überkapazitäten. Die Vereinbarung zum Thema Äpfel dürfte die Enttäuschung darüber kaum aufwiegen.

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