Kampf um Goebbels-Villa am Bogensee

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Das Areal am Bogensee: Seit 1998 stehen die Gebäude leer.

Im Ringen um Erhalt oder Abriss der Goebbels-Villa am Bogensee bei Wandlitz hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz den Erhalt der Villa und der ehemaligen FDJ-Jugendhochschule am Bogensee gefordert. Über den Wert des historischen Gebäudekomplexes aus der NS- und der DDR-Zeit müsse eine breite öffentliche Diskussion geführt werden, teilte die Stiftung mit. Zunächst sei ein Abrissmoratorium für die Gebäude erforderlich, die in Brandenburg liegen und dem Land Berlin gehören.

Das Gelände, das dem Land Berlin gehört, ist teuer im Unterhalt, seit 1998 stehen die Gebäude leer. Daher erwägt Berlin einen Abriss. Am Freitag wird sich der Aufsichtsrat der Berliner Immobilienmanagementgesellschaft (BIM), der Verwalterin des Geländes, mit dem Thema beschäftigen, berichtet rbb24. In der BIM gebe es die Überlegung, die Gebäude abzureißen und zu renaturieren.

Pro Jahr kostet die Bewirtschaftung des Geländes rund 250.000 Euro. Bisher seien vier bis fünf Millionen Euro für die Instandsetzung unter anderem defekter Dächer ausgegeben worden, so die Geschäftsführerin der BIM, Birgit Möhring gegenüber rbb24. „Wir arbeiten mit dem Geld der Berliner Steuerzahler. Wenn Berlin nicht genug Geld für Feuerwehr und Polizei hat, fragt es sich, wieso wir so viel Geld in Bogensee investieren.“

Für eine Instandsetzung der vielen Gebäude seien rund 350 Millionen Euro nötig. Für den Abriss seien vergleichsweise nur rund 45 Millionen Euro nötig.

In der Region machen sich Politiker hingegen für einen Erhalt stark und erhalten Rückendeckung von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz.

Die Denkmäler am Bogensee dokumentierten authentisch die politischen Verhältnisse ihrer Zeit und verdeutlichten „eindrucksvoll deren diktatorisch geprägte Grundstruktur und den Willkürcharakter beider Epochen“, betonte die Stiftung. Gerade in einer Zeit zunehmender Bedrohung der Demokratie müssten diese Geschichtszeugnisse erhalten und erfahrbar bleiben.

Stiftungsvorstand Steffen Skudelny betonte, die Goebbels-Villa und der Komplex der einstigen FDJ-Jugendhochschule seien „wichtige Zeitzeugen deutscher Geschichte“. Bund, Länder und Gemeinden seien grundsätzlich als Denkmaleigentümer in der Pflicht, Zeugnisse der Geschichte zu erhalten, „auch und gerade, wenn sie schwierig sind“. Sich der Verantwortung durch Abriss zu entledigen, wäre „eine Blamage“.

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Blick auf den ehemaligen Landsitz von NS-Propagandaminister Goebbels auf dem Gelände der früheren FDJ-Hochschule (Jugendhochschule) in Bogensee nahe Wandlitz

Skudelny betonte, ein zuletzt von Bürgermeister und Landrat vorgeschlagener Lern-, Begegnungs- und Gedenkort in dem Gebäudekomplex rechtfertige ein zunächst fünfjähriges Abrissmoratorium. Die Gebäude stehen seit mehr als zwei Jahrzehnten leer.

Die BIM setzt außerdem auf Gespräche mit dem Bund. Man könne sich auch eine Zwischennutzung durch Bundesbehörden vorstellen, heißt es. Auf Anfrage von rbb24 an das Bundesbauministerium hieß es: „Die Immobilie hat einen hohen zeitgeschichtlichen Wert und ist bautechnisch herausfordernd. Mögliche Weiterentwicklungs- und Nutzungskonzepte müssen dem gerecht werden. Als Bund können wir uns ein Engagement vorstellen, allerdings müssen dazu noch wichtige Voraussetzungen und Fragen geklärt werden.“

Das Gelände rund um den Bogensee bei Wandlitz in Brandenburg gehörte nach Angaben des Potsdamer Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF) seit 1913 zum Berliner Stadtgut Lanke. Im Herbst 1936 ließ sich NS-Propagandaminister Joseph Goebbels als Gauleiter der NSDAP in Berlin ein Areal rund um den Bogensee zur Nutzung auf Lebenszeit zur Verfügung stellen. Er ließ dort mehrere Gebäude errichten und nutzte das Areal als privates Wochenendhaus und Dienstsitz.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gründete dort 1946 die Freie Deutsche Jugend (FDJ) ihre zentrale Jugendleiterschule. Ab 1950 trug die Einrichtung den Namen des DDR-Staatspräsidenten Wilhelm Pieck. 1951 begannen dort Bauarbeiten zu einem neuen palastartigen Gebäudekomplex der Jugendhochschule im Stil des sozialistischen Klassizismus nach Entwürfen von Herrmann Henselmann.

Zuletzt hatte das Areal am Bogensee für Aufsehen gesorgt, als dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj unterstellt wurde, er habe eine geschichtsträchtige Immobilie in Wandlitz erworben. Für acht Millionen Euro soll Selenskyj die Villa Bogensee gekauft haben. Der in einem Netzvideo präsentierte Kaufvertrag erwies sich später als Fälschung. â–

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