Agrardiesel: Bauern rufen zum Protest gegen Streichung von Subventionen auf

Um das Haushaltsloch zu stopfen, soll unter anderem Sprit für Landmaschinen teurer werden. Auch Landwirtschaftsminister Özdemir kritisiert das. Bauernvertreter sprechen von »unerträglicher Frechheit« und rufen zum Protest auf.

agrardiesel: bauern rufen zum protest gegen streichung von subventionen auf

Agrardiesel: Bauern rufen zum Protest gegen Streichung von Subventionen auf

Verschiedene Bauernorganisationen rufen zu Protesten gegen die Sparpläne der Bundesregierung auf. Dabei geht es um die Streichung der Subvention von Agrardiesel in Höhe von rund 450 Millionen Euro. Außerdem könnte die Privilegierung für landwirtschaftliche Fahrzeuge bei der Kfz-Steuer entfallen.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, forderte die Ampelkoalition auf, die Pläne zurückzuziehen. Ansonsten habe die Landwirtschaft keine Zukunft: »Wenn diese Pläne nicht zurückgenommen werden, wird es heftigen Widerstand geben«.

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Bislang können sich Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland einen Teil der Steuern auf den Diesel, den sie in ihren großen Landmaschinen verbrauchen, erstatten lassen.

Für einen landwirtschaftlichen Betrieb waren das im Geschäftsjahr 2021/22 im Durchschnitt knapp 2900 Euro. So geht es aus dem agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung hervor. Insgesamt könnte der Bund mit der Streichung 440 Millionen Euro pro Jahr einsparen.

Das macht aber nur einen kleinen Teil der staatlichen Subventionen und Zuschüsse für die Landwirtschaft in Deutschland aus. Diese wird im Schnitt stark vom Staat und der EU unterstützt. Allerdings ist die finanzielle Lage vieler Betriebe trotzdem prekär.

Protestaufruf für Montag

Für Montagvormittag hat der Bauernverband zusammen mit den Landesbauernverbänden zu einer Demonstration am Brandenburger Tor in Berlin aufgerufen. Dort sollten Bauern »ihre Empörung über die Pläne der Bundesregierung, den Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für die Land- und Forstwirtschaft zu streichen, zum Ausdruck bringen.«

Die Freien Bauern, eine Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, schlossen sich dem Aufruf an. Auch sie forderten die Bundesregierung auf, die Streichung zurückzunehmen. »Unterm Strich handelt es sich um eine Steuererhöhung«, sagte Bundessprecher Alfons Wolff: »Das ist eine unerträgliche Frechheit und Demütigung.«

Weniger harsch positioniert sich die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Ihr Bundesvorsitzender Martin Schulz schlägt als Kompromiss »die Wiedereinführung einer Obergrenze für die Agrardieselvergütung bei 10.000 Litern« vor.

In München und Würzburg hatte es am Donnerstag und Freitag bereits erste Proteste mit Traktoren gegeben.

Kritik der FDP am Minister

Die Streichung ist Teil eines Sparprogramms, mit dem die Bundesregierung die Finanzlücke schließen will, die durch das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts entstanden ist. Mehrere Ministerien müssen nun am Etat kürzen.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir von den Grünen kritisierte die Pläne, die seine Partei mitentschieden hat. Er habe immer davor gewarnt, die Landwirtschaft überproportional zu belasten. »Wenn sowohl Agrardieselbeihilfe als auch Kfz-Steuerbefreiung gestrichen werden, ist dies der Fall. Das halte ich für problematisch.«

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte daraufhin dem »Redaktionsnetzwerk Deutschland« (RND): »Die Grünen drängen bekanntlich fortwährend auf eine Streichung klimaschädlicher Subventionen. Dass ein grüner Minister sich nun davon distanziert, worauf Herr Scholz, Herr Habeck und ich uns geeinigt haben, ist interessant für mich.«

In der FDP verweisen sie zudem auf einen Brief von Özdemirs Staatssekretärin Silvia Bender. Während der langen Haushaltsverhandlungen noch vor dem Verfassungsgerichtsurteil hatte das Bundesfinanzministerium von Christian Lindner (FDP) die Ministerien aufgefordert, Kürzungsvorschläge einzureichen. Daraufhin hatte Bender Berichten zufolge notiert, man werde eine Überarbeitung der Agrardieselsubvention prüfen.

Lindner zeigte sich im RND-Interview bereit, die Streichung der Agrardiesel-Subvention wieder zurückzuziehen und gegen eine andere Subvention zu ersetzen. Er sei »kein Freund der Belastung der landwirtschaftlichen Betriebe« und »für Alternativen offen«, erklärte er.

Im Koalitionsvertrag der Ampel steht zur Agrardieselsubvention nichts Konkretes. Es findet sich der allgemeine Hinweis, man wolle »zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir im Haushalt überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben abbauen.«

Bei dem, was nun gestrichen werden soll, handelt sich um eine klimaschädliche Subvention. Allerdings gibt es für große Landmaschinen derzeit meist keine Möglichkeit, von der Nutzung fossiler Brennstoffe auf andere Antriebe umzusteigen. Bäuerinnen und Bauern können also nicht einfach entscheiden, anders zu handeln, wenn jetzt die Vergünstigung wegfällt.

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