Israel-Krieg: Warum der US-Marineeinsatz im Roten Meer die Huthi stärkt

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ARCHIV – 08.03.2024, Jemen, Sanaa: Anhänger der Huthi nehmen an einem Protest gegen die von den USA data-portal-copyright=

Stolz melden Europäer und Amerikaner, wie viele Drohnen der Huthi sie bereits abgeschossen haben. Doch bisher hat die Mission des Westens ihr Ziel verfehlt.

Beinahe täglich vermeldet die Marineallianz zum Schutz der Seefahrt im Roten Meer und am Golf von Aden Erfolge gegen die jemenitischen Huthi-Rebellen. Innerhalb eines Monats hat die EU-Marineoperation „Aspides“ nach eigenen Angaben 35 Handelsschiffe geschützt, acht Drohnen abgeschossen und drei Drohnenangriffe vereitelt.

Sie ergänzt die von den USA angeführte Allianz. Diese hat im gleichen Zeitraum mehr als hundert Seezielflugkörper und mindestens 90 Drohnen zerstört, darunter mehr als 30 sogenannte Kamikazedrohnen und zehn Drohnenboote.

Doch die Huthis hat die Abwehr bisher wenig beeindruckt. Laut dem Armed Conflict Location & Data Project (Acled) haben sie ihre Angriffe seit Beginn des Einsatzes der USA und ihrer Verbündeten im Januar sogar verstärkt und ausgeweitet.

Zwischen Mitte Februar und Mitte März verübten die Huthi mindestens 13 Angriffe auf Schiffe, von denen sich sieben gegen Handelsschiffe richteten. Es sei unwahrscheinlich, dass die Marineoperationen die Huthi so weit schwächen können, dass die Angriffe auf Schiffe aufhören, schreibt Acled in einer Analyse. Die Angriffe der USA auf Stellungen der Huthi könnten die Miliz sogar stärken.

Die Angriffe bringen den Huthi Zulauf innerhalb des Jemens

Das Rote Meer ist eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt. Über das Nadelöhr Bab al-Mandab (Tor der Tränen) verbindet es den Golf von Aden mit dem Suezkanal und damit Asien mit Europa. Mehr als zehn Prozent des weltweiten Seehandels und knapp ein Drittel des Containerverkehrs passieren die Stelle.

Die großen Container-Reedereien MSC, Maersk und Hapag-Lloyd, die zusammen einen Marktanteil von knapp 42 Prozent halten, haben auf die Huthi-Angriffe reagiert und leiten ihre Schiffe um Afrika herum.

Gemäß einer Erhebung des Kiel Instituts für Weltwirtschaft ist die Zahl der Durchfahrten von Containerschiffen durch das Rote Meer in den letzten Monaten um fast 62 Prozent zurückgegangen. Doch auf den Welthandel habe sich das kaum ausgewirkt, sagt Julian Hinz, Leiter der Abteilung Handelspolitik des Instituts. „Die Alternative ist die deutlich längere, aber machbarere Route rund um Afrika.“

Der Umweg von rund 3500 Seemeilen kostet Zeit und Geld: Personal- und Treibstoffkosten steigen, der Transport kann zwischen einer und zwei Wochen länger dauern.

Allerdings fallen dafür die Transitgebühren durch den Suezkanal weg. „Von den Kosten her ist das für die Reedereien gar kein so großer Unterschied“, sagt Hinz im Gespräch. „Was wirklich einen großen Unterschied macht, ist die Zeit.“

Durch die längeren Transportwege ist es auch in Deutschland zu Lieferengpässen für Waren und Vorprodukte aus Asien gekommen. Die Lage sei jedoch nicht vergleichbar mit den Engpässen während der Coronapandemie, als es teilweise zu kompletten Lieferausfällen gekommen war, sagt Hinz. Mittlerweile hätten sich Firmen darauf eingestellt, dass es etwas länger dauere. „Das war’s auch ungefähr mit den Effekten.“

Grund zur Entwarnung gibt es dennoch nicht. Die Huthi versprechen sich von den Angriffen einen Vorteil im Bürgerkrieg, den sie innerhalb des Jemens ausfechten: Alle Seiten in diesem Bürgerkrieg unterstützen die Palästinenser. Die Huthi stehen nun als jene da, die mit ihren Angriffen Druck auf den Westen machen, das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza zu stoppen.

Das Entsetzen und die Wut auf Israel über die Zerstörung und das Leid in Gaza sind in der gesamten arabischen und muslimischen Welt groß. Die Huthi brüsten sich nun damit, dass sie „handeln“, während die arabischen Autokraten nur reden.

Anfang März sank ein mit Düngemittel beladenes Schiff, das die Huthi mit Raketen beschossen hatten. Wenige Tage später forderte ein weiterer Raketenangriff auf ein Handelsschiff erstmals Tote und Verletzte.

Der Deal mit China

Während die Huthi mit martialischen Drohungen vor allem gegenüber den Amerikanern und Briten nicht sparen, hatten sie Russland und China im Januar zugesagt, ihre Schiffe zu verschonen.

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg unterzeichneten die drei Seiten am 21. März eine entsprechende Vereinbarung. Dennoch schossen die Huthi zwei Tage später fünf Raketen in Richtung des chinesischen Öltankers Huang Pu ab. Sowohl die Huthi wie die Chinesen geben sich zugeknöpft. In Industriekreisen wird spekuliert, dass die Rebellen das Schiff, das russisches Öl geladen hatte, für einen britischen Öltanker hielten. Bevor es im Januar in chinesischen Besitz überging, gehörte es unter anderem Namen einem Reeder mit Sitz in Großbritannien.

Die von den USA angeführte Koalition könne die Huthi zwar militärisch schwächen, sagt Elisabeth Kendall von der University of Cambridge. „Aber sie können sie nicht stoppen.“ Ihre Angriffe müssten nicht komplex und präzise sein. Wie in allen asymmetrischen Konflikten zähle das Durchhalten. „Dass sie die Schifffahrt stören, ist für sie bereits ein Erfolg.“ Die Waffen dafür erhalten die Huthi inzwischen zu einem großen Teil aus dem Iran.

In der Schifffahrtsindustrie geht man davon aus, dass die Angriffe im Roten Meer noch monatelang andauern können. Reeder und Unternehmen hätten Resilienz gezeigt, sagt Hinz vom Kiel Institut. Unternehmen achteten aber darauf, ihr Portfolio an Zulieferern zu diversifizieren, um leichter ausweichen zu können. „Das ist der richtige Weg.“

Um dem Unwesen der Huthi ein Ende zu bereiten, braucht es nach Ansicht von Kendall jedoch eine politische Lösung des Konflikts im Jemen – und eine „Roadmap“ für Gaza. „Militärisch lassen sich die Huthi nicht besiegen“, sagt Kendall. „Wir müssen die gemäßigten Kräfte stärken. Mit Luftangriffen erreichen wir das Gegenteil. Sie stärken die Hardliner und schwächen die Gemäßigten.“

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