Islamische Religionspolizei - „Scharia-Polizei“: Bedeutung und Hintergründe

islamische religionspolizei - „scharia-polizei“: bedeutung und hintergründe

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2014 machten sieben islamistische Eiferer Schlagzeilen als Scharia-Polizei in Wuppertal. 2020 wurde das Urteil gegen die Gruppe um Sven Lau rechtskräftig. Die Scharia-Polizei kontrolliert in islamisch geprägten Ländern Gesetze. Hier hat sie kein Mandat.

Wozu es eine Scharia-Polizei gibt

Die Scharia kann als islamisches Gesetz verstanden werden. Sie enthält Anleitungen für Muslime im privaten, religiösen und öffentlichen Leben. In islamischen Staaten werden diese religiösen Vorgaben von der Scharia-Polizei überwacht und durchgesetzt. Aber auch in Deutschland versuchen Fanatiker, eine Scharia-Polizei zu etablieren.

Laut Koran ist das Gebieten des Rechten und Verbieten des Verwerflichen ein Grundsatz im Islam, der von der Scharia-Polizei überwacht wird. Sie gilt als die offizielle islamische Religionspolizei in Ländern wie etwa dem Iran, Pakistan, Afghanistan, Nigeria, Indonesien und Malaysia. Ihre Aufgabe besteht in der Überwachung von Verhaltensweisen, die als unislamisch gelten. So macht sich strafbar, wer gegen Kleidervorschriften verstößt. Dies betrifft insbesondere Frauen, die keine Kopfbedeckung tragen oder ihr Haar nur unzureichend verstecken. Männer, die mit fremden Frauen sprechen, können von der Sittenpolizei verhaftet werden. Es ist lediglich gestattet mit Schwestern oder der eigenen Mutter zu reden.

Die Scharia-Polizei wacht auch in einigen Ländern über Produkte in der Liebesfarbe Rot. Diese dürfen zumValentinstag nicht verkauft werden, da der Feiertag im Islam als heidnisch angesehen wird. Deshalb unterbindet sie den Verkauf von roten Geschenkartikeln, Rosen oder Glückwunschkarten am 14. Februar. Westliche Produkte wie CDs, DVDs, Musik, Filme oder Fernsehbeiträge können von der Scharia-Polizei beschlagnahmt werden. Die Erzeugnisse gelten als unislamisch. Dazu gehört auch Kinderspielzeug in LGBTQ+-Farben.

Homosexualität gilt nach konservativer Auffassung als Vergehen. Je nach Rechtsauslegung können die Strafen Züchtigung durch Auspeitschen bis zur Todesstrafe durch Steinigung sein. Die Religionspolizei verfolgt derartige Delikte. Prostitution ist in streng islamisch geprägten Ländern ein Tabu. Das Recht der Scharia verurteilt verheiratete Prostituierte zur Todesstrafe durch Steinigung.

Die Scharia-Polizei patrouilliert zudem, um Verstöße gegen das Schmuggeln von Alkohol und Drogen zu bekämpfen. Zu den islamischen Essensgeboten gehört es überdies, auf Schweinefleisch zu verzichten. Es darf bei Zuwiderhandlung von der Religionspolizei konfisziert werden. Während der Gebetszeit müssen Läden schließen. Die Scharia-Polizei setzt auch diese Vorschrift durch und kontrolliert dazu Ladenbesitzer. Wer sein Geschäft zu den täglichen fünf Gebeten nicht schließt, wird eingesperrt oder mit Schlägen bestraft.

Anders als Christen ist es Muslimen nicht gestattet, aus ihrer Religion auszutreten. Der Versuch, einen anderen Glauben anzunehmen, wird mit dem Tod bestraft.

2014 machte eine Gruppe von sieben Fanatikern in Wuppertal auf sich aufmerksam, als sie mit orangefarbenen Westen durch das nächtliche Wuppertal zogen. Auf den Westen war Sharia Police zu lesen. Die selbsternannte Scharia-Polizei sprach junge Musliminnen auf fehlende Kopftücher an und versuchte junge Muslime am Besuch von Spielhallen, Gaststätten und Bordellen zu hindern. Im Mai 2019 wurden sie zu Geldstrafen verurteilt. Seit April 2020 ist das Urteil rechtskräftig. Anfang 2024 wurde ein weiterer Scharia-Fall in Nordrhein-Westfalen bekannt. In einer     Gesamtschule in Neuss traten vier muslimische Schüler der Oberstufe für Geschlechtertrennung im Unterricht ein. Ferner forderten sie, Frauen müssten sich bedecken. Im Unterricht stellten sie die Scharia als positives Rechtssystem dar und lehnten die Demokratie ab.

Wie das islamische Rechtssystem funktioniert – ein Überblick

Die Scharia beschreibt ein komplexes Regelwerk aus religiösen und rechtlichen Maximen. Sie basieren auf dem Koran, der Überlieferung und der Auslegung durch Theologen und Juristen des frühen Islam. Die in Koran und Überlieferung sehr knapp formulierten Vorschriften müssen durch sunnitische oder schiitische Rechtsschulen interpretiert werden, um alltagstauglich zu werden.

Die Deutung der Verse des Korans unterscheiden sich erheblich je nach Land, Theologe und Tradition. Gleiches gilt für die Überlieferung, womit die Berichte Muhammads und seiner Begleiter gemeint sind. Daher legen verschiedene Länder die Gesetze sehr unterschiedlich aus. Die Scharia ist kein Gesetzbuch wie etwa das Bürgerliche Gesetzbuch in Deutschland. Es muss eher als Sammlung unterschiedlicher Texte verstanden werden. Da diese schwer verständlich sind, bedarf es jedoch spezieller Rechtsschulen, die sich ab dem achten Jahrhundert n.Chr. bildeten.

Die vier sunnitischen Schulen sind die Hanafiten, Hanbaliten, Schafiiten und Malikiten, wobei die Hanafiten die am weitesten verbreite Schule darstellt. Ihr folgen in etwa die Hälfte der Sunniten. Bekannte schiitische Rechtsschulen sind Dschafariten und Zaiditen.

Das Strafrecht der Scharia unterscheidet drei verschiedene Bereiche von Vergehen: Grenzvergehen, Verbrechen mit Wiedervergeltung und Ermessensvergehen. Grenzvergehen gelten als Kapitalverbrechen, da sie göttliches Recht verletzen. Verbrechen mit Wiedervergeltung können Tötungsdelikte oder Straftaten wie Körperverletzung sein. Alle anderen Straftaten fallen in den Ermessensspielraum des Richters. Zu den Grenzvergehen zählen Ehebruch, Unzucht, Verleumdung und schwerer Diebstahl. Raubmord und Wegelagerei fallen genauso in diese Kategorie wie der Genuss von Alkohol und Drogen. Unter die Kapitalverbrechen fällt ferner Homosexualität, Vergewaltigung, aber auch der Abfall vom Islam. Kapitalverbrechen werden im besten Fall mit 40 Peitschenhieben geahndet. Es kann aber auch zu Kreuzigungen und in vielen Fällen zur Todesstrafe kommen.

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