Wie Chinas Fischkutter im Indischen Ozean ihr Unwesen treiben

Abgeschnittene Haifischflossen, getötete Schildkröten, verprügelte Seeleute: Eine NGO hat dokumentiert, wie die chinesische Fangflotte mutmaßlich vor Afrikas Ostküste vorgeht. Manche Arbeiter durften demnach jahrelang nicht von Bord.

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Wie Chinas Fischkutter im Indischen Ozean ihr Unwesen treiben

Noch lebenden Haien werden die Flossen abgeschnitten und die Tiere danach wieder ins Wasser geworfen, nur um dort qualvoll zu verenden. Streng geschützte Rochen und Schildkröten werden gefangen und für die Kapitäne als Mahlzeit zubereitet. Delfinen werden die Köpfe abgeschnitten, ihre Zähne als Schmuck getragen. So schildern es befragte Seeleute in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Environmental Justice Foundation (EJF). Die britische Nichtregierungsorganisation recherchiert regelmäßig zu Umweltverbrechen.

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Insgesamt 86 mutmaßliche Gesetzesbrüche auf chinesischen Fischereischiffen wurden von EJF im südwestlichen Indischen Ozean zwischen 2017 und 2023 dokumentiert, also vor den Küsten Ostafrikas. Sie reichen von illegaler Fischerei bis hin zu Menschenrechtsvergehen. EJF hat dafür unter anderem 44 Seeleute befragt, die auf chinesischen Tunfischfang-Booten angeheuert hatten. Außerdem wurden zahlreiche Datensätze, Fotos und Schiffspositionen ausgewertet.

»Die Verbrechen sind nicht auf ein einziges Schiff oder ein bestimmtes Gebiet beschränkt, sondern geschehen an Bord fast aller chinesischen Schiffe, die wir untersucht haben, und zwar in allen Gebieten und Gerichtsbarkeiten. Dieser Missbrauch ist systemisch«, sagt Steve Trent, Geschäftsführer und Gründer der Environmental Justice Foundation.

Demnach berichteten 80 Prozent der befragten Seeleute, dass sie das illegale Abschneiden von Haifischflossen erlebt haben, es sei dabei um »hunderte« Haie gegangen, teils »mehr als 30 pro Nacht«. Von der Crew aufgenommene Fotos zeigen zudem einen abgeschnittenen Delfinkopf oder einen getöteten Rochen – eigentlich müssten diese Tierarten als Beifang sofort wieder ins Meer geworfen werden. Auch Schildkröten seien gefangen worden.

Zudem berichten alle befragten Seeleute von missbräuchlichen Arbeitsbedingungen. Mehr als die Hälfte von ihnen erlebte nach eigenen Angaben körperliche Gewalt, in Form von Schlägen, Tritten oder Messerangriffen. Drei Viertel der Befragten seien die Ausweisdokumente weggenommen worden; viele hätten ihre Schiffe nicht verlassen dürfen, in Einzelfällen bis zu zwei Jahre lang. 20-Stunden-Tage seien üblich gewesen, ohne gesetzlich vorgeschriebene Pausen. Manche Betroffene sprechen von »Sklaverei«, bei einem Monatslohn von umgerechnet 325 Euro.

Laut EJN haben 138 chinesische Schiffe Fanggenehmigungen für den Südwestlichen Indischen Ozean, die meisten von ihnen für Thunfisch oder Thunfisch-ähnliche Spezies. Der begehrte Gelbflossen-Thun gilt in der Region als überfischt, mehr als ein Drittel der anderen Fischpopulationen als nicht nachhaltig befischt. Die Hälfte der chinesischen Kutter sei von staatlichen Firmen oder Firmen mit staatlichen Anteilseignern betrieben.

Die EJN-Studie thematisiert, wie sich China gleichzeitig im Osten Afrikas als vermeintlich wohlwollender Investor darstellt. Im Rahmen der Initiative Neue Seidenstraße seien zahlreiche Häfen in der Region gebaut oder erweitert sowie Fischverarbeitungsfabriken eröffnet worden. Dies sei als Win-win-Situation für alle Beteiligten dargestellt worden, gehe aber offenbar mit einer Zunahme des chinesischen Fischfangs einher.

Schon in der Vergangenheit wurden immer wieder Verstöße der chinesischen Fangflotte auch in anderen Regionen bekannt. »Es ist höchste Zeit, dass die chinesische Hochseeflotte ins Visier genommen wird, auch von den Küstenstaaten, ebenso wie der Regierung der Volksrepublik China selbst. Die schockierenden Beweise für Missbrauch und Kriminalität erfordern jetzt klares Handeln«, so EJF-Geschäftsführer Steve Trent.

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