Kasseler Stadtteil ab Mai ohne Gaststätte – „Es ist alles kaputt in diesem Laden“

Jungfernkopf

Kasseler Stadtteil ab Mai ohne Gaststätte – „Es ist alles kaputt in diesem Laden“

kasseler stadtteil ab mai ohne gaststätte – „es ist alles kaputt in diesem laden“

Fühlt sich mit Sanierungsstau alleingelassen: Carmelo Marcellino hat seinen Pachtvertrag für den „Laubenpieper“ zu Ende Mai gekündigt.

Die Tage der einzigen Gaststätte am Jungfernkopf in Kassel sind gezählt. Der Laubenpieper wird im Mai schließen. Grund sind nicht schlechte Geschäfte.

Kassel – Nach nicht einmal zwei Jahren ist wieder Schluss im „Laubenpieper“: Gastronom Carmelo Marcellino, der die einzige Gaststätte am Jungfernkopf in Kassel im Sommer 2022 neu belebt hatte, zieht sich zurück. Im Laufe des Mai wird er schließen. „Leider“, wie der Gastronom sagt, der das Lokal am Frasenweg mit seiner deutsch-italienischen Küche wieder in Schwung gebracht hatte.

Das Lokal laufe eigentlich, sagt Marcellino. „Wir konnten davon leben.“ Aber die Immobilie, die zur angrenzenden Kleingartensiedlung der Bahn-Landwirtschaft gehört, sei marode. „Es ist alles kaputt in diesem Laden“, sagt der 44-Jährige, der von Freunden im Stammgästen Melo genannt wird. Das Dach lecke an mehreren Stellen, die Heizung funktioniere nicht richtig, die Fenster seien undicht und die Flüssiggasleitung müsse ebenfalls dringend erneuert werden. Doch leider kümmere sich niemand um die Schäden, zählt der Gastwirt auf, der die Immobilie gepachtet hat.

Es sei ihm unangenehm, seine Gäste so zu empfangen, sagt Marcellino. „Das Drumherum passt nicht zu meiner Küche.“ Der gelernte Koch hatte sich nach langjähriger Erfahrung in der Kasseler Gastronomie mit dem „Laubenpieper“ den Traum eines eigenen Restaurants erfüllt. Eineinhalb Jahre lang habe er sich bemüht, dass die Baustellen im Vereinshaus angegangen werden – vergeblich. „Es fällt uns nicht leicht, aber wir sind gezwungen, diesen Schritt zu machen“, sagt er über die Kündigung des Pachtvertrags.

„Laubenpieper“ in Kassel schließt: Rechtsstreit bei der Bahn-Landwirtschaft

Er fühle sich von seinen Ansprechpartnern beim Verein allein gelassen. „Denen ist die Gaststätte hier egal.“ Seinen Pachtvertrag hatte er 2022 mit dem Bezirk Frankfurt der Bahn-Landwirtschaft abgeschlossen. Ein Rechtsstreit, der seit zwei Jahren in der Bahn-Landwirtschaft schwelt, hat die Situation verkompliziert.

Der Hauptverband mit Sitz in Karlsruhe hatte den Frankfurter Bezirk 2022 aus dem Verband ausgeschlossen. Zu diesem Bezirk gehörte bislang der Unterbezirk 124 in Kassel am Frasenweg. Auf die Verstöße, die zu dem Ausschlussverfahren geführt haben, ging Verbandschef Karl Born auf HNA-Anfrage nicht näher ein. Der Hauptverband jedenfalls setzte in der Folge den Erfurter Bezirk als Verwalter der Flächen in Kassel ein.

Gaststätte am Jungfernkopf scheint unter die Räder gekommen zu sein

Gegen den Ausschluss und den Entzug der Flächen hat der Frankfurter Bezirk jedoch geklagt. In einem Urteil vom vergangenen Februar hat das Landgericht Karlsruhe den Ausschluss aus dem Hauptverband für unwirksam erklärt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

In dieser Gemengelage scheint die Gaststätte am Jungfernkopf unter die Räder gekommen zu sein. Der Karlsruher Hauptverbands-Vorsitzende Karl Born weiß um den stark sanierungsbedürftigen Zustand der Vereinsimmobilie am Jungfernkopf. Er schätzt, dass die Höhe der dort erforderlichen Investitionen mindestens 50 000 Euro beträgt. „Das Geld haben wir momentan leider nicht, und Kassel auch nicht“, sagt Born. Das Geld, das der Unterbezirk am Frasenweg angespart habe, habe der Frankfurter Bezirk „in Beschlag genommen“, so Born.

Aus für „Laubenpieper“ in Kassel: „Der hat das toll gemacht“

Manfred Gorrenz, Vorsitzender der Kleingartensiedlung am Frasenweg, sagt: „Wir als Kleinste, als Ehrenamtliche, hängen mittendrin.“ Frankfurt gebe derzeit keinerlei Geld heraus. Auch um die Entrichtung der Pachtbeiträge gebe es Streit.

Man bedauere den Weggang von Gastwirt Marcellino: „Der hat das toll gemacht“, sagt Gorrenz. Er könne dessen Entscheidung aber verstehen. Für die Gastwirtschaft sieht der Vereinsvorsitzende vorerst keine Zukunft mehr. „So wie es ist, wird da keiner reingehen“, so Gorrenz. Man werde das Vereinshaus wohl schließen und bei Bedarf den Saal vermieten.

Für Carmelo Marcellino hat sich unterdessen eine neue Perspektive ergeben: Er wird das Gasthaus Henze in Vellmar übernehmen. Anfang Mai habe er im Laubenpieper noch eine Reservierung für eine Konfirmation, danach öffne er vielleicht noch ein, zwei Tage, „um die Fässer leer zu machen“. Er verlasse den Jungfernkopf mit einem weinenden Auge, sagt der Gastronom, der in der Nähe in Kirchditmold wohnt. Jetzt wolle er sich aber ganz auf den Neustart in Vellmar konzentrieren. Dort will er im Juni neu eröffnen. (Katja Rudolph)

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