„Immer unverständlicher“: Chef der Sicherheitskonferenz fordert Umdenken von Scholz beim Taurus für die Ukraine

Seit Monaten wünscht sich die Ukraine im Kampf gegen Russland deutsche Marschflugkörper. Der Kanzler lehnt dies kategorisch ab. Dies müsse sich spätestens jetzt ändern, sagt Heusgen.

„immer unverständlicher“: chef der sicherheitskonferenz fordert umdenken von scholz beim taurus für die ukraine

Botschafter und Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz: Christoph Heusgen.

Es sind klare Worte eines Experten in Richtung Olaf Scholz: Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat den Bundeskanzler von der SPD angesichts der Lieferung der USA von weitreichenden ATACMS-Raketen an die Ukraine aufgefordert, sein Nein zur Abgabe von Taurus-Marschflugkörpern der Bundeswehr zu überdenken.

Washington hatte am Mittwoch die Lieferung von Kurzstreckenraketen vom Typ ATACMS mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern an die Ukraine bekannt gegeben. Zuvor hatten die USA nur Raketen dieses Typs mit einer Reichweite von 165 Kilometern geliefert. Der Taurus hat eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern.

Wir erleben ja gerade, wie ähnliche US-Waffen – die ATACMS – große Wirkung entfalten.

Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz zur Taurus-Debatte

Die Regierung in Kiew bittet seit Monaten dringend um das deutsche Waffensystem. Derzeit gilt nur ein Viertel der rund 600 Taurus-Marschflugkörper der Bundeswehr als sofort einsatzbereit. Offizielle Zahlen dazu gibt es nicht.

„In dem Zusammenhang wird die Entscheidung des Kanzlers, die Taurus-Raketen nicht an die Ukraine zu liefern, immer unverständlicher“, sagte Heusgen den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. „Wir erleben ja gerade, wie ähnliche US-Waffen – die ATACMS – große Wirkung entfalten.“

Es hätte längst mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an dem Taurus-System begonnen werden können, um es ohne Entsendung von Bundeswehrsoldaten zum Einsatz zu bringen, sagte Heusgen weiter. Stattdessen werde eine „gefühlte Ewigkeit“ mit einer solchen Entscheidung gewartet.

„In den letzten Wochen mussten wir Europäer schmerzlich realisieren, dass unsere Waffenlieferungen an die Ukraine nicht ausreichen, die brutale russische Aggression aufzuhalten“, sagte Heusgen. Es stellten sich Fragen, ob die anhaltende russische Aggression gegen die Ukraine sowie das lange Zaudern der USA nicht Anlass genug zum Umdenken seien.

Nur wenn der Präsident Wladimir Putin zur Überzeugung gelange, dass er diesen Krieg nicht gewinnen könne, werde er sich auf Verhandlungen einlassen.

Mit seiner Reichweite könnte der Marschflugkörper Taurus russisches Staatsgebiet von der Ukraine aus erreichen und etwa dortige Waffendepots und Kommandozentralen zerstören. Der mögliche Beschuss von russischem Staatsgebiet ist ein Grund für Scholz, der Lieferung nicht zuzustimmen.

Als weiteren Grund nennt Scholz die aus seiner Sicht bestehende Notwendigkeit deutscher Beteiligung bei der Zielführung der Marschflugkörper, durch die Bundeswehr-Angehörige direkt bei Einsätzen involviert wären. Befürworter von Taurus-Lieferungen weisen diese Argumente zurück.

Am Freitag hatte der ehemalige britische Verteidigungsminister Ben Wallace Scholz im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine Führungsschwäche vorgeworfen und die Lieferung von Taurus gefordert. Scholz müsse sich entscheiden, ob er wolle, dass die Ukraine den Krieg gewinne oder nicht.

Scholz hatte am Mittwoch deutlich gemacht, er wolle sich auch von neuen Hilfszusagen der USA an die Ukraine nicht von seinem Nein abbringen lassen. Was die Marschflugkörper der Bundeswehr angehe, „wird sich meine Entscheidung nicht ändern“, sagte der Kanzler. (lem)

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