Holocaustgedenken verschoben für Bauernproteste: Antisemitismusbeauftragter kritisiert Landtag in Magdeburg

Der sachsen-anhaltische Landtag lässt wegen der Bauernproteste die Gedenkveranstaltung für die NS-Opfer ausfallen. An dem Vorgang gibt es harte Kritik – auch CDU-Ministerpräsident Haseloff ist unglücklich.

holocaustgedenken verschoben für bauernproteste: antisemitismusbeauftragter kritisiert landtag in magdeburg

Holocaustgedenken verschoben für Bauernproteste: Antisemitismusbeauftragter kritisiert Landtag in Magdeburg

Nach der Absage einer geplanten zentralen Veranstaltung zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus an diesem Samstag in Sachsen-Anhalt kommt Kritik vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein. »In Zeiten, in denen seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober die Zahl antisemitischer Übergriffe in Deutschland ein beschämend hohes Niveau erreicht hat, ist dieses Erinnern und Mahnen dringlicher denn je«, sagte Klein dem SPIEGEL. Die Entscheidung in Magdeburg sei »nicht hinnehmbar«.

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Hintergrund der Absage der ursprünglich geplanten Gedenkstunde im Landtag sind angemeldete Bauernproteste für den Samstag auf dem Magdeburger Domplatz vor dem Parlamentsgebäude. Die Entscheidung traf Landtagspräsident Gunnar Schellenberger: Zu den Bauernprotesten würden 2500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie rund 300 Traktoren erwartet. Es werde nicht möglich sein, für ein angemessenes Gedenken, eine ungehinderte An- und Abreise sowie eine vollständige Gewährleistung der Sicherheit der Teilnehmer Sorge zu tragen, erklärte der CDU-Politiker.

Als Alternative wird es nun eine Kranzniederlegung an einem Denkmal in Magdeburg geben. Die Gedenkveranstaltung solle nachgeholt werden. »Ich glaube, wir haben jetzt eine angemessene, gute Lösung gefunden«, so Schellenberger.

Der Antisemitismusbeauftragte Klein dagegen sagt: »Ich möchte an die Verantwortlichen, den Landtagspräsidenten und den Präsidenten des Bauernverbandes, appellieren, eine Lösung zu finden, die angemessen Raum für das Gedenken an die Opfer des Holocaust bietet.« Er sei überzeugt, dass die Bauern diesen Raum akzeptieren würden.

»Zwei Veranstaltungen am gleichen Tag in einer Stadt sicherzustellen, kann man von einer Landesregierung erwarten«, sagte auch die Bundesvorsitzende der Linken, Janine Wissler, dem SPIEGEL. »Das Gedenken einfach abzusagen ist ein Schlag ins Gesicht der Überlebenden und Angehörigen der Opfer.« Die Landesregierung müsse die Durchführung beider Veranstaltungen gewährleisten, und der Bauernverband solle klarstellen, dass niemand, der zur Gedenkveranstaltung wolle, von den Protesten eingeschränkt oder daran gehindert werde.

Im Landtag gibt es scharfe Kritik von Grünen und Linken an dem Vorgehen. Nach SPIEGEL-Informationen ist auch Ministerpräsident Reiner Haseloff unglücklich über die Absage. Er hatte geplant, an der Gedenkveranstaltung im Landtag teilzunehmen und danach zu den Bauernprotesten zu gehen, wie es heißt.

Nach der Absage entschied er sich, am Samstag an einer Gedenkveranstaltung in seiner Heimatstadt Wittenberg teilzunehmen. »Das Gedenken muss bewahrt und an die nächsten Generationen weitergegeben werden. Das sind wir nicht nur den Opfern, sondern auch uns selbst schuldig«, so der Ministerpräsident.

Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet. Seit 1996 wird das Datum in Deutschland als Holocaustgedenktag begangen.

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