AfD-Chef Chrupalla bei "Caren Miosga": Ein ARD-Abend der verpassten Chancen

Caren Miosga hatte am Sonntagabend AfD-Chef Tino Chrupalla zu Gast.

Am Sonntagabend hatte Caren Miosga in ihrer ARD-Talkshow den AfD-Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla zu Gast. Beinahe hätte es eine spannende Diskussion gegeben.

Es gab Journalisten, die gewarnt hatten: Man dürfe der AfD kein Podium geben. Das werde nicht passieren, wenn Caren Miosga am Sonntagabend AfD-Co-Chef Tino Chrupalla zu Gast hat, dachten andere. Was am Ende herauskam, war eine Sendung, bei der erst am Schluss eine kritische Diskussion zu sehen war. Nur war dann die Sendung auch zu Ende.

Im ARD-Talk diskutierten am Sonntag, von links: Joe Kaeser, Moderatorin Caren Miosga, Tino Chrupalla und Nadine Lindner.

Erst mal wird über die beiden AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl gesprochen. “Wir sind natürlich an einer Aufklärung interessiert. Wir wollen wissen, was da passiert”, kommentiert Chrupalla brisante Berichte über Russland-Kontakte. Er sagt: “Das werden wir nicht dulden, dass Meinungen oder Positionen käuflich erwerbbar sind in unserer Partei. Und da werden wir notfalls natürlich reagieren.” Sollten sich die Anschuldigungen als wahr erweisen, würde das einen Parteiausschuss nach sich ziehen.

Nadine Lindner hätte Tino Chrupalla gerne noch mehr entgegnet, doch dann war die Sendung zu Ende.

Gäste entlarven Migrationspolitik der AfD

Dann wird der Parteivorsitzende lang und breit privat vorgestellt. “Jeder, der mich kennt und weiß, wie ich agiere, wie ich im Privatleben bin, der schätzt mich”, ist Chrupalla überzeugt. Und tatsächlich macht er fast die ganze Sendung über den Eindruck: Das ist so einer für ein Bierchen an der Theke oder einen Kegelabend. Er redet von seinem großen Freundeskreis und davon, dass er sich freut, wenn er aus der Betonwüste Berlin wieder ins Grüne fahren kann, nach Görlitz, wo er herkommt. “Wenn ich die Sachsenfahne sehe und nach Niederschlesien zurückkomme, das ist schon sehr schön.”

Es vergeht eine halbe Stunde, und dann kommt Miosga endlich auf die Migrationspolitik zu sprechen. Dazu werden dann auch die beiden anderen Gäste geholt: Spitzenmanager Joe Kaeser und Deutschlandfunk-Journalistin Nadine Lindner. Die wird am Ende die Migrationspolitik der AfD entlarven.

Doch zunächst geht es um den Fachkräftemangel in Deutschland, den auch die AfD nicht bestreitet. Aber Migranten brauche man langfristig nicht, um etwas dagegen zu tun, sagt Chrupalla. Man habe seit 2015 den Zuzug von Fachkräften versprochen. “Es sind seitdem über zehn Millionen Menschen nach Deutschland gekommen. Viele sind gegangen, aber viele sind auch hiergeblieben. Und es waren eben wenige Fachkräfte dabei”, sagt der Politiker. Die meisten Migranten seien in die Sozialsysteme eingewandert, weil sich Arbeit nicht mehr lohne.

Chrupalla: “Afrikanische Kulturen haben es sehr wohl schwerer”

Chrupalla hat andere Vorschläge, wie er dem Fachkräftemangel zu Leibe rücken will. Mehr Frauen in die Arbeit, Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Robotern, aber vor allem: Frauen sollen mehr Kinder bekommen. Dazu brauche es eine andere Familienpolitik: “Die Grundfreibeträge müssen drastisch erhöht werden. Auch das steht in unserem Programm drin, dass Familien mit Kindern wenig bis gar keine Steuern mehr bezahlen müssen. Das wäre ein Anreiz.” Außerdem müsse mehr in Kindergartenplätze, Kinderbetreuung und in die Bildung investiert werden, verlangt Chrupalla.

Naja, und irgendwie brauche man doch wohl Einwanderer, sagt der AfD-Chef. Aber aus Europa. Die ließen sich leichter integrieren, wegen der Sprache und der Kultur. Bei anderen Migranten sei das schwieriger. Zum Beispiel, wenn sie aus Afrika kämen. Chrupalla: “Afrikanische Kulturen haben es sehr wohl schwerer, und das sind doch die Kulturen, und aus diesen Religionskreisen, die es in Deutschland sehr schwer haben, die die größten Probleme bereiten, die in der Kriminalitätsstatistik sehr weit vorne liegen. Das kann man doch nicht leugnen.”

Und plötzlich ist es schon 22.45 Uhr

Hier schaltet sich Nadine Lindner ein und wirft Chrupalla vor, “dass man eine gleichförmige, dass man eine homogene Gesellschaft haben möchte, die idealerweise – ich sage es jetzt einfach mal so – idealerweise weiß ist, das kommt an allen Stellen in Ihrer Partei durch.”

Von weißen Menschen habe er gar nicht gesprochen, sagt Chrupalla, der gerade noch die Zuwanderung von Afrikanern kritisiert hatte. Viele Mitglieder und Wähler seiner Partei seien Migranten. Lindner hätte gerne geantwortet. Leider ist es da 22.45 Uhr, und die Sendung ist vorbei.

Am Ende ist eine Chance weitgehend vertan worden, über die AfD fair, aber auch kritisch zu informieren. Wirklich heiße Eisen wurden weitgehend vermieden. Dazu hätte die Haltung der AfD zur Ukraine gehört, der erste AfD-Landrat in Thüringen, dessen mangelnde Arbeit von vielen Seiten kritisiert wird, oder die Forderung des Thüringer AfD-Spitzenkandidaten Höcke, behinderte Kinder nicht mehr mit nicht behinderten Kindern zusammen zu unterrichten.

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