Großbritannien will radikales Tabak-Gesetz einführen

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Großbritannien ist zwar kein Raucherland. Doch soll ein neues Gesetz Rauchen massiv einschränken.

Rishi Sunak bezeichnet es als die „größte gesundheitspolitische Intervention seit einer Generation“. Das dürfte zutreffen. Das Rauchverbot, das die Regierung in Großbritannien einführen will, zählt zu den schärfsten weltweit: Es soll dafür sorgen, dass die Generation Alpha auch in Zukunft überhaupt keine Zigaretten kaufen darf. Die „Tobacco and Vapes Bill“ schreibt vor, dass Leute, die am 1. Januar 2009 oder danach geboren wurden, nie in ihrem Leben legal Zigaretten kaufen können. Die Zustimmung zu diesem Gesetz gilt als wahrscheinlich.

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Er wolle eine „rauchfreie Generation“ schaffen und verhindern, dass „unsere Kinder von schädlichen Zigaretten und anderen Nikotinprodukten abhängig werden“, sagte der Premierminister, der selbst sehr gesundheitsbewusst ist – er trinkt nicht, fastet regelmäßig und soll noch nie eine Zigarette im Mund gehabt haben. Die Vorlage betrifft auch E-Zigaretten: Minister werden künftig schärfere Vorschriften bei der Verpackung und den Geschmacksrichtungen von E-Zigaretten machen können, damit sie auf Kinder weniger attraktiv wirken.

Wer Minderjährigen Tabak verkauft, muss mit hohen Strafen rechnen

Großbritannien ist zwar kein Raucherland. Nur etwa 6,4 Millionen Erwachsene, oder knapp 13 Prozent, stecken sich regelmäßig eine Zigarette an. Das sind im europäischen Vergleich relativ wenige – in Deutschland sind fast 23 Prozent Raucher. Dennoch waren in Großbritannien nach Angaben der Gesundheitsbehörden im Jahr 2019 annähernd 80.000 Todesfälle aufs Rauchen zurückzuführen. Im selben Jahr führte Tabakkonsum zu einer halben Million Hospitalisierungen. Bei Teenagern anzusetzen, um den Briten das Rauchen abzugewöhnen, ist aus gesundheitlicher Sicht sinnvoll: Mehr als 80 Prozent der Langzeitraucher greifen vor ihrem 20. Geburtstag zu ihrer ersten Zigarette.

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Gesundheitsexperten und Anti-Rauch-Kampagnen stehen denn auch hinter Rishi Sunaks Vorstoß. Professor Steve Turner vom Royal College of Paediatrics and Child Health sagte: „Indem wir Kinder und junge Menschen davon abhalten, von Nikotin und Tabak abhängig zu werden, mindern wir das Risiko, dass sie später in ihrem Leben vermeidbare Krankheiten entwickeln“, etwa Lungenkrebs, Bronchitis oder Herzkrankheiten. Nach Umfragen stehen auch etwa 70 Prozent der Briten hinter dem Gesetz.

Allerdings gibt es prominente Nörgler. Ex-Premier Boris Johnson bezeichnete den Plan vor einigen Tagen als „bescheuert“. Auch Sunaks unmittelbare Vorgängerin Liz Truss sagte, die Gesundheitsmaßnahme sei „zutiefst unkonservativ“. Am libertären Rand der Tory-Fraktion sind solche Meinungen verbreitet. Doch die oppositionelle Labour-Partei unterstützt das Gesetz.

Es sieht vor, dass das Mindestalter, ab dem jemand Tabakprodukte kaufen darf, jedes Jahr um ein Jahr heraufgesetzt wird. Ein Laden, der „Minderjährigen“ dennoch Zigaretten verkauft, kann von der zuständigen Lokalbehörde zu einer Geldstrafe von 2500 Pfund (ca. 2900 Euro) verdonnert werden. Zusätzlich können die Behörden ein sofortiges Bußgeld von 100 Pfund (ca. 120 euro) fordern.

Experten sicher, dass Verbot einen wichtigen Beitrag leisten wird

Es handelt sich nur um ein Verkaufsverbot – der Konsum von Tabakprodukten wird weiterhin legal sein. Das könnte merkwürdige Folgen haben: In einigen Jahrzehnten wird beispielsweise ein 39-jähriger Mann seine 40-jährige Frau bitten müssen, ihm im Kiosk eine Packung Zigaretten zu besorgen, weil er selbst zu jung ist. Auch dürfte es nicht lange dauern, bis junge Raucher das Verbot auf einem Schwarzmarkt umgehen können.

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Dennoch sind Gesundheitsexperten überzeugt, dass das stufenweise Verbot einen wichtigen Beitrag leisten wird, um den Briten das Rauchen auf lange Frist abzugewöhnen. Studien haben belegt, dass die graduelle Heraufsetzung des Mindestalters den Anteil der Raucher reduzieren könne, sagte Sarah Jackson, Tabak- und Alkoholexpertin vom University College London, gegenüber der BBC. 2007 wurde das Mindestalter für den Kauf von Tabakprodukten von 16 auf 18 Jahre erhöht – dies sei mit ein Grund gewesen, dass der Raucheranteil seither gesunken ist, so Jackson.

Aber parallel zum Verbot müssen andere Hebel betätigt werden, sagt die Suchtexpertin Caitlin Notley von der University of East Anglia. Es müsse mehr investiert werden in Suchtprävention und -behandlung. „Es sind die ärmsten Leute in unserer Gesellschaft, die am häufigsten rauchen“, sagt Notley. Es gehe also nicht zuletzt um soziale Ungleichheit.

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