"Gefahr einer Diktatur": Schrauben-Milliardär Reinhold Würth warnt seine Mitarbeiter in einem internen Schreiben vor der AfD

Reinhold Würth, Vorsitzender des Unternehmensbereirats der Würth-Gruppe.

Reinhold Würth, Vorsitzender des Unternehmensbereirats der Würth-Gruppe.

Der Unternehmer Reinhold Würth hat sich mit einem emotionalen Appell an die Mitarbeiter seines Unternehmens gewandt und sie vor der Wahl der AfD gewarnt. Er sehe die Gefahr einer „Demokratur oder gar einer Diktatur“, sollte die AfD an die Macht kommen, schreibt der Vorsitzende des Stiftungsaufsichtsrats der Würth-Gruppe, des weltgrößten Handelsunternehmens für Befestigungstechnik. Die FAZ berichtete zuerst über das fünfseitige Schreiben, das über die Führungskräfte per Mail und per Intranet des Unternehmens verbreitet wurde.

Der 88-jährige Würth, der das Unternehmen maßgeblich mit aufgebaut hat, kritisiert darin den oft gezogenen Vergleich mit der Endzeit der Weimarer Republik als “Unsinn”. “Rekapitulieren wir einfach einmal, in welcher Zeit wir leben: Im Gegensatz zur Weimarer Zeit muss in unserer heutigen Bundesrepublik Deutschland kein Mensch hungern oder frieren. Die Sozialeinrichtungen des Bundes und der Länder überschütten geradezu die Bedürftigen mit Hilfsangeboten”, schreibt Würth.

Auch wenn die AfD das Gegenteil propagiere, sei es der Normalfall, „dass heute die Bürger in Deutschland wohl etabliert ein eher freiheitliches Leben leben können und einen guten oder mindestens angemessenen Arbeitsplatz haben. Ich wette, dass der durchschnittliche AfD-Wähler über ein eigenes Auto verfügt und mindestens einmal im Jahr in den Urlaub fährt.“

Reinhold Würth führt vor diesem Hintergrund aus: „Was will die AfD im Rahmen dieses Systems ändern? Wir haben solche Freiheit: Jeder kann sagen, Bundeskanzler Scholz ist ein Dummkopf, und wandert dafür nicht für zwei Wochen oder ein halbes Jahr in das Gefängnis. Dagegen steht die Aussage eines AfD-Landtagsabgeordneten, der sagte: Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen. Das heißt, man würde mindestens eine Demokratur oder gar eine Diktatur einführen – wollen wir uns das antun?“

Würth: “Lassen Sie uns die Vielfalt und Freiheit schätzen, die wir haben”

Weiter schreibt er: „Gestatten Sie mir mit meinen fast 89 Lebensjahren und entsprechenden Erfahrungen eine Frage zu stellen: Geht es uns in diesem Land einfach zu gut? Tatsächlich ist eine menschliche Eigenschaft, Erreichtes als selbstverständlich anzusehen und das Erreichte in seiner positiven Wirkung gar nicht mehr zu schätzen.“

Würth holt in seinem Schreiben zu einem Loblied auf den Parteienstaat aus. „Ist es nicht wunderbar, dass unser Deutschland eine Ampelregierung aushalten kann, die in vielen Teilen wie ein Hühnerhaufen durcheinanderrennt und doch trotzdem das eine oder andere positive Gesetz auf den Weg bringt?“

Weiter führt er aus: „Ich selbst habe einen hohen Respekt vor Herrn Bundeskanzler Scholz, weil er die Taurus-Marschflugkörper nicht aus Deutschland herausgibt. Die Demokratie garantiert, dass die nächste Regierung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine CDU/SPD- oder eine CDU/Grünen-Koalition abgeben wird und die Ampelregierung wird verfassungsgemäß ohne Murren abtreten.“

In seinem Schreiben bittet Reinhold Würth seine Mitarbeiter, sich gut zu überlegen, wem sie bei den nächsten Wahlen ihre Stimme geben. „Bloß wegen ein bisschen Spaß an der Freude Rabatz zu machen und aus Unmut über die Ampelregierung die AfD zu wählen, ist einfach zu wenig.“

Er schließt seinen Brief, in dem er seine Mitarbeiter direkt adressiert, mit eindringlichen Worten ab: „Meine Empfehlung ist, lassen Sie uns im heutigen System unseres so wunderbaren Grundgesetzes mit unseren unterschiedlichen Meinungen, Vorstellungen und Ideen weiter zusammenleben und schätzen wir wieder, was wir haben: eine Familie, einen Arbeitsplatz, ein Auto, eine Wohnung oder ein Haus, Urlaubsziele, absolute Bewegungs- und Reisefreiheit und die politische Vielfalt der demokratischen Parteien.“

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