Gautinger Unternehmer startet mit vertikaler Fotovoltaik weltweit durch - Lösungen für den Mittelstand

Pilotprojekte in Gilching und Unterbrunn

Gautinger Unternehmer startet mit vertikaler Fotovoltaik weltweit durch – Lösungen für den Mittelstand

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Simulation vertikale Fotovoltaik Unterbrunn

Unternehmer Philipp Sinn hat die Fotovoltaik ein Stück weit revolutioniert, indem er die Module senkrecht anordnet. Darüber sprach er jetzt im Bosco.

Gauting – Lange hat Philipp Sinn vor allem eins getan – geforscht. Das fing mit seiner Promotion 2014 an, bei der er nachwies, dass sich aus Meereswellen Strom erzeugen lässt (was deutlich komplexer ist, als es klingt). So ging das ein paar Jahre, bei Konferenzen und Podiumsdiskussionen war der Gautinger mit seinem Wissen und seinen Visionen ein gern gesehener Gast. „Aber irgendwann war ich es leid, das Zirkuspferd zu spielen, das seine Kunststückchen macht, während die anderen Prosecco trinken.“

Jetzt soll es deshalb mit Volldampf an die Umsetzung gehen: Seinen vertikalen Fotovoltaikanlagen, die sich bei Starkwind in die Horizontale legen können und auf die er das weltweite Patent besitzt, dürfte die Zukunft gehören. Zwei von drei Demo-Anlagen kann man demnächst im Landkreis sehen, nämlich auf dem Jais-Weihers in Gilching und auf einem Acker in Unterbrunn. Der dritte Anwendungsfall, nämlich auf einem begrünten Hochhausdach, wird in in der Nähe von Stuttgart erprobt. „Jetzt fühle ich mich als das, was ich immer sein wollte“, sagte er. „Als Unternehmer.“

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Philipp Sinn

Sinn (45) sprach auf Einladung der Ortsgrünen, die sich am Montag im Bosco – nach den Themen Geothermie und Windkraft – jetzt der neuartigen Technik widmeten. „Wir in Gauting sind in der glücklichen Lage, dass wir alle grünen Energien nutzen können“, sagte Ortsvorsitzender Heiko Braun. Er erinnerte daran, dass die Klimakrise allgegenwärtig sei, auch wenn sie aktuell von anderen Themen in den Hintergrund gedrängt werde. „Das Jahr 2023 war das wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen 1850“, sagte er.

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Hans-Wilhelm Knape, Referent für Klimaschutz, Umwelt und Natur im Gemeinderat, verwies darauf, dass von der Energiewende seit Jahrzehnten die Rede sei. „Sie hat sich lange in Appellen an die Bevölkerung erschöpft“, sagte er. Erst seit einiger Zeit gebe der Staat Ziele vor wie das Wind-an-Land-Gesetz. Die Lage im Landkreis Starnberg sei ernüchternd: Nur 14 Prozent der Gesamtenergie werde regenerativ gewonnen. „Damit belegen wir den letzten Platz unter den Flächenlandkreisen.“ Umso schöner sei es, wenn man in Gauting einen innovativen Erfinder aufzuweisen habe. Speziell mit seinem Unterbrunner Projekt, das noch heuer starten soll, werde ein altes Dilemma in der Flächen-Fotovoltaik gelöst, nämlich das der Versiegelung. „Die Frage Landwirtschaft oder Energiegewinnung, Teller oder Tank, stellt sich nicht mehr.“

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Sinn selbst – Sohn von Hans-Werner Sinn, ehemaliger Präsident des Insituts für Wirtschaftsforschung – bezeichnet sich als leidenschaftlichen Ingenieur. „Schon als Jugendlicher hatte ich das schnellste Moped in Gauting, bis mich die Polizei aufgehalten hat“, erzählte er. Sein Unternehmen an der Germeringer Straße sei in drei Ländern vertreten (Deutschland, Griechenland, Türkei) und beschäftige 40 Mitarbeiter. Der Markteintritt ist kürzlich erfolgt. „Wir konzentrieren uns voll auf den Mittelstand und bieten Unternehmen wie Brauereien und Kieswerken, die einen großen Energieverbrauch haben, maßgeschneiderte Lösungen an.“ In der Wissenschaft sei er gut vernetzt. „Ich weiß ziemlich genau, wo gerade was erforscht wird.“ Außerdem gehört er dem Mittelstandsbeirat der Bundesregierung an und berät Wirtschaftsminister Robert Habeck.

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Die vertikalen Module bezeichnete der Ingenieur und Geschäftsmann als „eierlegende Wollmilchsau“, einfach, weil sie allen Ansprüchen genügen. Da ist zum einen der Flächenverbrauch, der gegen Null tendiert und aus genau diesem Grund auf wertvollen Böden weiterhin Bewirtschaftung durch die Landwirte zulässt. Da ist zum anderen die Möglichkeit, durch die Ost-West-Ausrichtung die Morgen- und Abendsonne zu nutzen, anders als die bislang üblichen Freiflächenanlagen, die dem Netz das berüchtigte „Mittags-Peak“ bescheren (die Vergütung morgens und abends ist deutlich höher). Und da ist der große Vorteil, dass die Anlagen nicht metertief in den Boden gerammt werden müssen, wodurch sogar eine Nutzung in einem Wasserschutzgebiet möglich ist. Übrigens: Man muss sich keine Sorgen machen, dass die Module extremen Windgeschwindigkeiten nicht standhalten: Auch der Jahrhundertsturm kurz vor Weihnachten konnte ihnen auf einer Testfläche bei Sindelfingen nichts anhaben.

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Testfläche Sinn Power bei Sindelfingen

Was die Pilotfläche in Unterbrunn angeht, nannte Sinn ein paar Details, die bislang nicht bekannt waren. So hatte er zunächst erwogen, eine Fläche zwischen Unterbrunn und Oberbrunn sowie hinter Landschaftsbau „Gartenzwerge“ zu nutzen – doch beides lehnte die Gemeinde ab. „Man muss die Rahmenbedingungen akzeptieren“, sagte er. Jetzt wird es eine Fläche an der Hausener Straße. Wie groß das Projekt ausfällt, ist noch unklar. „Unter einem Megawatt muss man nicht in die Ausschreibung gehen, das hätte seine Vorteile.“ Eine Hürde könnte noch die Einspeisung darstellen, es verläuft nur ein Kabel an der Hausener Straße, und von den zuständigen Bayernwerken hat sich noch niemand gemeldet. Das bringt ihn aber nicht davon ab, sein Pilotprojekt direkt vor der eigenen Haustür zu realisieren. „Das ist mir ein Herzensanliegen.“

Sinn, der sich als Fan von „Cleantech“ (saubere Technologie) made in Germany bezeichnete, hat für Deutschland eine Sorge: Dass das Gleiche passiert wie in den 2000er-Jahren, als deutsche Patente komplett nach China verkauft wurden. „Das darf uns nicht wieder passieren“, sagte er. Er für seinen Teil schloss kategorisch aus, seine Erfindungen meistbietend an den Mann zu bringen. „Sicher könnte ich mir ein paar schicke Autos kaufen und den Rest meines Lebens auf Mallorca verbringen. Aber das werde ich auf keine Fall tun.“

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