Seit einigen Monaten attackieren Kämpfer der Huthi-Bewegung im Roten Meer immer wieder Schiffe, die am Jemen vorbeifahren. »Dein SPIEGEL« erklärt, was dahintersteckt.
Für Kinder erklärt: Wer die Huthis sind und warum sie Schiffe angreifen
Wer sind die Huthis?
Die Huthis sind eine bewaffnete Gruppe im Jemen, einem Land auf der Arabischen Halbinsel. Die Huthis bildeten sich vor etwa 35 Jahren. Wie viele andere Jemeniten im Norden des Landes gehören sie den Zaiditen an, einer Glaubensgemeinschaft des Islam. Seit ihrer Gründung lehnen sich die Huthis gegen die Regierung des Jemen auf. Sie werfen ihr vor, die Zaiditen im Land auszugrenzen und zu unterdrücken. Außerdem unterstellen sie der jemenitischen Regierung eine zu große Verbundenheit mit Israel und den USA, die von den Huthis als Feinde angesehen werden. Vor zehn Jahren nahmen die Huthis gewaltsam Sanaa ein, die Hauptstadt des Jemen. Wenig später verkündeten sie, die Macht im gesamten Land übernehmen zu wollen. Der Konflikt eskalierte zu einem schlimmen Bürgerkrieg, in den sich auch Nachbarländer wie Saudi-Arabien einmischten. Durch all die Bomben, den Hunger, Krankheiten und Vertreibung starben in dem Bürgerkrieg bisher rund 380.000 Menschen. Heute kontrollieren die Huthis den Großteil des jemenitischen Nordwestens und herrschen somit über die meisten Menschen im Jemen. Ihrer Bewegung gehören schätzungsweise 100.000 bis 200.000 gut bewaffnete Kämpfer an.
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Warum wird gerade so viel über die Huthis berichtet?
Ein großer Küstenstreifen des Jemen liegt direkt am Roten Meer. Seit Oktober 2023 greifen die Huthis immer wieder Handelsschiffe an, die dort unterwegs sind. Sie feuern von Land aus Raketen auf die Schiffe ab, greifen sie mit Drohnen an oder attackieren sie mit kleinen Schnellbooten auf dem Wasser. Am 19. November landeten die Huthis mit einem Helikopter auf dem Deck eines großen Frachters, um ihn zu kapern. Ein Video von der Aktion veröffentlichte die Gruppe im Internet. Darin ist zu sehen, wie einige ihrer bewaffneten Kämpfer den Frachter in ihre Gewalt bringen. Er fuhr unter der Flagge der Bahamas. Andere Schiffe, die von den Huthis attackiert wurden, kamen etwa aus den USA, Deutschland und Norwegen.
Was bezwecken die Huthis mit den Angriffen?
Die Attacken auf die Schiffe begannen kurz nach dem Ausbruch des Israel-Gaza-Kriegs. Am 7. Oktober hatte die Terrorgruppe Hamas, die im Gazastreifen die Macht hat, einen Angriff auf Israel verübt und dabei Hunderte Menschen ermordet, gefoltert und entführt. Israel reagiert seitdem mit heftigen Gegenangriffen auf den Gazastreifen, in dem mehr als zwei Millionen Palästinenser leben.
Die Huthis befürworten die Handlungen der Hamas. Sie wollen Israel vernichtet sehen. Um ihren Zuspruch zu demonstrieren, begannen die Huthis, israelische Schiffe im Roten Meer ins Visier zu nehmen. Später griffen sie auch Schiffe aus anderen Ländern an, denen sie eine Verbindung mit Israel nachsagen. Durch diese Aktionen wollen die Huthis Israel dazu bringen, die Bombardierungen im Gazastreifen einzustellen.
Einige Fachleute denken, dass sich die Huthis durch die Angriffe zudem mit ihrem größten Verbündeten und Geldgeber gut stellen möchten: Iran. Die iranische Regierung betrachtet Israel seit vielen Jahren als Feind. Sie versorgt verschiedene Kampftruppen, die gegen Israel sind, schon seit langer Zeit mit Geld und Waffen. Neben den Huthis sind dies etwa die Hamas in Gaza und die Hisbollah im Libanon. Die Angriffe der Huthis im Roten Meer dürften Iran also gefallen.
Welche Folgen haben die Angriffe?
Im vergangenen Jahr hatten sich die Huthis und die jemenitische Regierung auf Friedensverhandlungen geeinigt. Es sah so aus, als könnte der Bürgerkrieg bald enden. Doch die Schiffsangriffe gefährden die Verhandlungen. Die Huthis punkten dank der Angriffe in der jemenitischen Bevölkerung, die zum Teil ebenfalls gegen Israel ist und sich eine Feuerpause im Gazastreifen wünscht. Der Rückhalt der Bevölkerung stärkt die Position der Huthis. Das könnte sie ermutigen, den Kampf gegen die Regierung weiterzuführen.
Außerdem sind die Attacken im Roten Meer ein Problem für den Welthandel. Am Jemen führt ein wichtiger Seeweg vorbei, der für Schiffe die schnellste Möglichkeit ist, von Asien nach Europa zu fahren. Normalerweise wird diese Handelsroute von 20.000 Schiffen pro Jahr genutzt, zurzeit sind es allerdings weniger. Viele Reedereien meiden die Route, um möglichen Angriffen der Huthis zu entgehen. Stattdessen lassen sie ihre Schiffe um Afrika herumfahren. Dieser Umweg kostet mindestens sieben Tage Zeit – und die Weltwirtschaft jede Menge Geld.
Wie reagieren die USA und Europa?
Die USA und 20 andere Länder schlossen im Dezember ein Bündnis, das die Schifffahrt im Roten Meer und damit den Welthandel schützen soll. Die USA und Großbritannien bombardieren seither Huthi-Stellungen im Jemen aus der Luft. Die Huthis feuerten daraufhin eine Rakete auf ein US-Kriegsschiff im Roten Meer ab, die vor dem Einschlag abgeschossen wurde. Die Europäische Union unterstützt das Bündnis der USA, will die Huthis aber nicht an Land angreifen. Stattdessen lässt sie Kriegsschiffe in die Region schicken, um die Handelsschiffe zu schützen. Deutschland hat die Fregatte »Hessen« ins Rote Meer entsendet. Sie hat rund 240 Soldatinnen und Soldaten an Bord. Ende Februar haben ihre Flugabwehr-Raketen erstmals einen Drohnenangriff der Huthis abgewendet.
Dieser Artikel erschien in »Dein SPIEGEL« 4/2024.
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