Frankreich: Macrons Partei könnte bei Europawahl auf Platz drei fallen

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Emmanuel Macron wirkt hilflos gegen die Rechtsaußenpartei RN. Nun droht sein Mitte-Bündnis auch noch von links überholt zu werden. Entgleitet dem Präsidenten der Europawahlkampf?

Die Strategie von Emmanuel Macron gegen einen Rechtsruck bei den Europawahlen in Frankreich geht wohl nicht auf. Acht Wochen vor dem Wahltag fällt das Lager des Präsidenten in den Umfragen immer weiter hinter den Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen zurück. Das proeuropäische Mitte-Bündnis des Präsidenten liegt inzwischen sogar nur noch wenige Prozentpunkte vor den drittplatzierten Sozialdemokraten.

In Macrons Partei Renaissance (früher: La République en Marche) macht sich Unruhe breit, die Zweifel an der Anfang März gekürten Spitzenkandidatin Valérie Hayer wachsen. Offenbar plant der Präsident nun eine Rettungsmission: Französischen Medienberichten zufolge will er in der kommenden Woche eine europapolitische Grundsatzrede halten, womöglich an der Sorbonne in Paris.

An der ehrwürdigen Universität hatte Macron im September 2017 wenige Monate nach seinem Amtsantritt eine Zukunftsvision für die Europäische Union formuliert. Damals galt der junge Präsident als Hoffnungsträger, nach einer Reihe von Krisen ist seine Beliebtheit inzwischen abgestürzt.

Macrons Wiederwahl für eine zweite Amtszeit vor zwei Jahren verlief glanzlos. Kurz darauf verlor sein Mitte-Bündnis die Mehrheit im Parlament. Die Europawahl am 9. Juni ist nun der letzte landesweite Stimmungstest für den Präsidenten, der 2027 nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf.

Und es scheint, dass auch eine Sorbonne-Rede 2.0 die drohende Niederlage kaum abwenden dürfte.

Europawahl in Frankreich: Rechtsaußenlager baut Umfragevorsprung aus

Laut einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage des Ipsos-Instituts für Radio France und die Zeitung „Le Parisien“ kann Macrons Lager nur noch mit 16 Prozent rechnen. Der Rassemblement National kommt demnach auf 32 Prozent. Seit Wochen baut die Rechtsaußenpartei ihren Vorsprung aus, vor einem Monat lag dieser bei zehn Prozent.

Der Ipsos-Erhebung zufolge haben lediglich zwölf Prozent der Befragten eine positive Meinung von Hayer. Seit Jahresbeginn führt sie die liberale Renew-Fraktion im Europaparlament, doch in Frankreich ist die EU-Abgeordnete kaum bekannt. Spitzenpolitiker aus Macrons Regierung hielten sich von der Hochrisikokandidatur lieber fern.

Französische Medien zitierten Parteimitglieder, die Hayer zwar für ihren tapferen Kampf lobten, die Personalentscheidung aber kritisierten. „Wir werden bei lebendigem Leib gefressen“, sagte ein Abgeordneter dem Magazin „Le Point“. „Das Schlimme an diesem Wahlkampf ist, dass seit Beginn niemand ernsthaft an einen Sieg geglaubt hat.“

Während Hayer wie eine Notlösung wirkt, hat der RN einen der in Umfragen beliebtesten Politiker des Landes als Spitzenkandidaten aufgestellt: Der erst 28-jährige Jordan Bardella gilt als politischer Erbe Le Pens, als Parteichef hat er sie bereits abgelöst. Fernsehdebatten mit den anderen französischen EU-Spitzenkandidaten bleibt Bardella fern, er sieht sich eher auf Augenhöhe mit Macron oder dessen Premierminister Gabriel Attal.

Wollen wir Europa den Feinden Europas überlassen?

Das Regierungslager versuchte im Europawahlkampf bisher erfolglos, den RN als Gefahr für Europa zu brandmarken. „Wollen wir Europa den Feinden Europas überlassen?“, fragte Hayer in der Rede, die sie bei ihrer Krönung als Spitzenkandidatin vor einem Monat in Lille hielt. Die Warnung: Die Partei von Le Pen strebe mit ihren europapolitischen Positionen einen „Frexit durch die Hintertür“ an, auch wenn sie nicht mehr offen den Austritt aus der EU und dem Euro vertrete.

Doch diese Kritik scheint ebenso wenig zu verfangen wie der Vorwurf an den RN, sich im Ukrainekrieg an die Seite Moskaus zu stellen. Die Rechtsaußenpartei „dient den Interessen Russlands und Wladimir Putins“, sagte Hayer.

Vorwurf der Putin-Nähe bleibt am RN nicht haften

Bardella achtet allerdings genau darauf, sich bei seinen Äußerungen zur Ukraine klar von Putin abzugrenzen. Der Spitzenkandidat kassierte sogar die langjährige RN-Forderung eines Rückzugs von Frankreich aus der Kommandostruktur der Nato – zumindest so lange in der Ukraine Krieg herrsche.

Während der RN für das Mitte-Bündnis in den Umfragen derzeit unerreichbar wirkt, verringerte sich dessen Abstand auf die gemeinsame Wahlliste der Sozialisten und der sozialdemokratischen Kleinpartei Place Publique. In der Ipsos-Umfrage für Radio France und „Le Parisien“ erreichte sie 13 Prozent und lag damit nur drei Punkte hinter dem Präsidentenlager.

An der Spitze steht der frühere Journalist und Dokumentarfilmer Raphaël Glucksmann. Schon bei der Europawahl 2019 war Glucksmann der Spitzenkandidat der sozialdemokratischen Gemeinschaftsliste, damals war sein Erfolg mit rund sechs Prozent überschaubar. Nun mache er Macron die Wähler der linken Mitte streitig, sagte Ipsos-Meinungsforscher Brice Teinturier.

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