FOCUS online beim Parteitag - Exit-Strategie der FDP: Die Grünen sollen der Ampel den Stecker ziehen

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Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP und Bundesminister der Finanzen Hannes P. Albert/dpa

Auf ihrem Parteitag versuchen die Freien Demokraten, sich aus den Niederungen des Ampelgeschäfts wieder in liberale Höhen zu erheben. Der Frust über die Erfahrungen in der Bundesregierung sitzt tief, das Bedürfnis nach Genugtuung ist groß.

Die Delegierten waren schon zu Beginn des FDP-Bundesparteitags in Berlin in Klatsch- und Jubellaune. Man durfte sich allerdings mit Recht fragen, was es eigentlich zu feiern gibt in einer Partei, die derzeit in den Umfragen auf der Fünf-Prozent-Hürde balanciert.

Massive liberale Existenzängste

Im Jubel für die Eröffnungsrede des Parteichefs und Bundesfinanzministers Christian Lindner, der seine Partei erkennbar moralisch aufrichten wollte, entlud sich viel Frust über die „Zwangskoalition“ (FDP-Jargon) auf Bundesebene, in der viele Liberale sich gefangen fühlen. „Es herrscht Sorge, weil uns diese Koalition massiv in der Existenz bedroht“, sagt ein Freier Demokrat mit kürzlicher Wahlkampferfahrung.

Während er um Stimmen warb, stieß er nach eigenen Worten auf den Vorwurf: „Die Ampel ruiniert unser Land. Das liegt an den Grünen – und ihr lasst sie gewähren.“

Lindner: Hören uns auch Vorschläge von Anderen an

Doch es waren nicht die Grünen, die über das Zwölf-Punkte-Papier der FDP für eine Wirtschaftswende am lautesten aufschrien, sondern der dritte Ampel-Partner, die SPD.

Bei der bedankt sich der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto Fricke, im Gespräch mit FOCUS online ironisch: „Eigentlich enthält der Zwölf-Punkte-Plan das für uns Übliche. Aber dank der SPD-Kritik gibt es nun große Aufmerksamkeit für diese Themen. Sie sind für Deutschland wichtiger als reine Parteipolitik.“

Parteichef Lindner sprach von der Wirtschaftswende als einer „Mentalitätsfrage” und bot an: „Wir hören uns gerne auch die Vorschläge von anderen an.” Es gehe „um kein Projekt der Freien Demokraten um unserer selbst willen”. Es wäre „unverantwortlich”, wenn sich im Lande nichts ändern würde.

Kein Plan für Koalitionsausstieg erkennbar

Die zwölf Punkte, mit denen die FDP wieder Boden gutmachen will, enthalten Forderungen nach mehr sozialpolitischer Zurückhaltung und besserer Unterstützung für Leistungsbereitschaft. Wie viel davon die FDP letztlich in der aktuellen Koalition noch durchsetzen kann, ist nach Meinung eines Parteitagsteilnehmers nicht entscheidend.

Wichtiger sei, dass seine Partei klares Profil gezeigt habe, findet er. Und fügt hinzu: „Es gibt viele Menschen in der FDP, die darüber nachdenken, wie man aus der Koalition rauskommt – aber sie wissen nicht, wie.”

Liberales Kalkül: Lieber sollen die Grünen hinschmeißen

Sollte es dennoch zu einem Koalitionsbruch kommen, würden es die Freien Demokraten vorziehen, wenn die Grünen diesen vollziehen – es soll nicht so aussehen, als ob die FDP einfach hinschmeißen würde.

Sollte es doch noch zum Koalitionsbruch kommen, so wäre es den Freien Demokraten lieber, die Grünen würden ihn vollziehen – es soll nicht so aussehen, als ob die FDP einfach hinschmeißen würde. Hilfreich, so mutmaßt mancher in der Partei, wäre für den Fall des Platzens der Ampel und den darauffolgenden Wahlkampf das Versprechen: „Nicht mehr mit den Grünen.”

Auf dem Parteitag waren vereinzelt auch selbstkritische Stimmen zu hören. Angesichts der schlechten Umfragen, so ein Delegierter, müsse man sich fragen: „Sind wir unsympathisch, sind wir zu rechthaberisch?”

Die Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, gab den Delegierten einen Eindruck davon, welcher Gegenwind Liberalen entgegenschlagen kann: „Mir kommen viele Blumen entgegen, wo noch der Topf dranhängt.”

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