Wütende Reaktionen auf US-Hilfspaket: Lawrow lässt keine Zweifel, Medwedew rastet aus – und Putin will ein Tomatenfest

Am Wochenende blieb es relativ still um Wladimir Putin. Kurz bevor in Washington nach einer monatelangen Hängepartie ein weiteres Hilfspaket für die Ukraine am Samstag freigegeben wurde, ordnete der Kremlchef zu Hause in Russland ein Tomatenfest in der Region Stawropol an. Kein Wort verlor Putin seitdem zu den neuen – mitunter schlagkräftigen – Hilfen für Kiew, das zuletzt im Abwehrkrieg gegen den russischen Angriff zunehmend ins Hintertreffen geraten war. So still wie Putin präsentieren sich in diesen Tagen jedoch nicht alle Vertreter der russischen Politik.

„Wir werden natürlich trotzdem gewinnen“, verkündete Scharfmacher und Ex-Präsident Dmitri Medwedew noch am Samstagabend in seinem Telegram-Kanal. Der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates gilt als einer der engsten Vertrauen von Kremlchef Putin – und tritt seit Kriegsbeginn immer wieder mit besonders schrillen Drohungen und Beleidigungen in die Öffentlichkeit.

US-Hilfen für die Ukraine: In Moskau fantasiert man vom Bürgerkrieg

So auch am Samstagabend als Medwedew aus die Entscheidung in Washington prompt in der für ihn typischen Art und Weise reagierte. Von Hilfe für eine „Neonazibande“ und „fröhlichen Bastarden“ in der US-Politik war dort die Rede. „Angesichts der russophoben Entscheidung“ könne man den USA nur einen „neuen Bürgerkrieg“ wünschen, führte Medwedew aus.

Dieser solle „mit dem Einsatz von Flugzeugen, Panzern, Artillerie, MLRS, allen Arten von Raketen und anderen Waffen geführt werden“, fantasierte der Ex-Präsident weiter und wünschte sich schließlich, dass ein solcher „Bürgerkrieg“ zum „Zusammenbruch des abscheulichen bösen Imperiums“ führen werde. Gemeint waren damit die USA, nicht Russland.

Lawrow lässt keinerlei Zweifel an Motiven: Eine Ukraine, die „wahrhaft russisch“ ist 

Im russischen Außenministerium wählte man derweil eine andere Taktik, dort deutete Sprecherin Maria Sacharowa die US-Hilfen für Kiew kurzerhand zu einem reinen Wahlkampfgeschenk für US-Präsident Joe Biden um. „Interessanterweise rechnet das Weiße Haus nicht mehr mit einem flüchtigen Sieg des von ihm kontrollierten Kiewer Regimes. Es will lediglich, dass die ukrainischen Streitkräfte zumindest bis zur Wahl im November durchhalten, ohne Bidens Image zu schädigen“, verkündete die Sprecherin von Außenminister Sergej Lawrow.

Ihr Chef hatte unterdessen bereits am Freitag keine Zweifel an den russischen Zielen gelassen. In einem Radiointerview bekräftigte Lawrow bereits vor der Entscheidung in Washington den Moskauer Herrschaftsanspruch über die seit mehr als zwei Jahren mit Krieg überzogene Ukraine. Unklar sei höchstens die Zukunft der Westukraine, sagte Lawrow mehreren russischen Sendern. Ansonsten werde es nur eine Ukraine geben, „die wahrhaft russisch ist, die Teil der russischen Welt sein will, die Russisch sprechen will und ihre Kinder erzieht“, sagte er. Etwas anderes stehe gar nicht zur Debatte.

Wladimir Putin fordert: „Organisieren Sie ein Tomatenfest“

Mit seinen Aussagen erteilte Lawrow erneut einer für Mitte Juni in der Schweiz geplanten Friedenskonferenz eine Absage. Er zitierte den chinesischen Außenministers Wang Yi, der zuletzt gesagt hatte, ein Treffen müsse für Russland wie für die Ukraine annehmbar sein. Dies trifft in Moskauer Sicht auf die Schweizer Konferenz nicht zu, die internationale Unterstützung für die Ukraine mobilisieren soll. Lawrow warf der Schweiz vor, sie sei nicht neutral, sondern feindlich, weil sie Sanktionen gegen Russland mittrage.

wütende reaktionen auf us-hilfspaket: lawrow lässt keine zweifel, medwedew rastet aus – und putin will ein tomatenfest

Außenminister Sergej Lawrow, Sicherheitsratsvize Dmitri Medwedew und Kremlchef Wladimir Putin. imago images/ITAR-TASS

Wladimir Putin schwieg unterdessen das Wochenende über zum russischen Krieg gegen die Ukraine und dem neuen Hilfspaket der USA, das Berichten zufolge auch leistungsstark ATACMS-Raketen umfassen soll, die bereits in kurzer Zeit an Kiew geliefert werden könnten. „Organisieren Sie mit Unterstützung des russischen Landwirtschaftsministeriums ein Tomatenfest in der Region Stawropol“, ordnete Putin stattdessen am Samstag an.

Freude in den USA – und im Westen: „Dutzende Dankesschreiben von Ukrainern erhalten“

Ganz still blieb es im Kreml jedoch nicht. „Die Entscheidung, der Ukraine Hilfe zu leisten, war erwartbar und wurde vorhergesagt“, kommentierte Putin-Sprecher Dmitri Peskow am Samstag die neue Hilfe aus Washington gegenüber der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Tass. „Sie wird die Vereinigten Staaten von Amerika weiter reich machen und die Ukraine weiter zugrunde richten, sie wird zu noch mehr toten Ukrainern führen“, führte Peskow aus.

Am Montag legte der Kreml-Sprecher dann noch einmal nach: Das US-Hilfspaket werde an der Front „nicht zu einer Änderung der Dynamik führen“, versicherte Peskow – und warf den USA erneut Bereicherung vor.

Bei Politik- und Russlandexperten herrschte am Wochenende unterdessen Freude über die Entscheidung der USA – insbesondere bei amerikanischen Gelehrten. „Ich habe heute Dutzende Dankesschreiben von Ukrainern erhalten. Aber der wahre Dank gilt dem amerikanischen Volk und seinen Vertretern im Kongress, die das vitale amerikanische nationale Interesse, der Ukraine zu helfen, die russische Invasionsarmee zu stoppen, anerkannt und mit ihren Steuergeldern unterstützt haben“, schrieb der Politik-Professor und ehemalige US-Botschafter in Moskau Michael McFaul im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter).

Auch der international renommierte Historiker Timothy Snyder begrüßte die Entscheidung im US-Kongress – und dankte all jenen Politikern, „die trotz aller Propaganda und des Drucks in Bezug auf die Ukraine-Hilfe nach ihrem Gewissen abgestimmt haben“.

Auch in Deutschland herrschte Freude über die Entscheidung in Washington: „Putins Kalkül, USA und EU zu trennen, wurde abgewendet“, schrieb der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). „Besser spät als nie: Die Freigabe der Militärhilfe durch den US-Kongress hat quälend lange gedauert, ist aber endlich durch“, kommentierte derweil der Historiker Matthäus Wehowski – und fügte an: „Suffkopf Medwedew sind deswegen schon die letzten paar Sicherungen rausgeflogen …“

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